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Bier, Schnaps und Bollerwagen Woher kommt eigentlich der Vatertagsbrauch?

Der Vatertagsbrauch, einschließlich Saufgelage und Bollerwagen, ist in Deutschland Gang und Gebe. Doch woher kommt der Brauch eigentlich? Und wie lange gibt es ihn schon?

Aktualisiert: 10.5.2021, 10:04
Eine Gruppe Männer feiert den Vatertag mit Bier und Bollerwagen. (Foto: Peter Steffen
Eine Gruppe Männer feiert den Vatertag mit Bier und Bollerwagen. (Foto: Peter Steffen dpa)

Halle (Saale) - Die Wurzeln der Vatertagstradition liegen im Mittelalter, den Brauch gibt es allerdings noch gar nicht so lange. Der Vatertag als solcher wurde im Jahr 1909 in den USA geprägt, wie National Geographic berichtet.

Vatertag - Brauch aus den USA

In diesem Jahr stellte Sonora Louise Smart Dodd aus Spokane einen Antrag für die Gründung des Vatertages. Da der Muttertag ebenfalls kurz zuvor eingebürgert worden war, fand diese Idee sofort Anklang und wurde ab 1910 örtlich gefeiert.

Sechs Jahre später soll der damalige US-Präsident Woodrow Wilson extra nach Spokane gereist sein, um den Vatertag mitzufeiern. 1926 etablierte das „National Father’s Day Committee“  in New York den Vatertag als nationalen Feiertag.

Der Brauch wurde auch in Deutschland übernommen und fällt auf den kirchlichen Feiertag Christi Himmelfahrt. Warum er genau auf diesen Tag fällt, könnte damit erklärt werden, dass der Vatertag als Gegenprogramm zu Christi Himmelfahrt etabliert wurde: Statt des religiösen Festes für den „Vater im Himmel“ gab es ein weniger frommes für den „Vater auf Erden“, wie National Georgraphic berichtet.

Vatertagsbrauch: Wurzeln im Mittelalter

Alois Döring, Kulturwissenschaftler und historischer Autor meint, dass der Brauch auf die Flurprozessionen an Christi Himmelfahrt im Mittelalter zurückzuführen ist. Die Flur war ein abgestecktes Stück Land, das zu einem bestimmten Großgrundbesitzer gehörte. Anhand von Flurprozessionen und Flurumritten wurden Land und Ernte gesegnet, sowie angrenzende Grundstücke aus anderen Gemeinden rechtlich neu abgesteckt.

Der Brauch wurde im Laufe der Geschichte jedoch verändert und der fromme Sinn ging nach und nach verloren. Die Ernte wurde nun mit Bier und Schnaps begossen, statt mit Gebeten gesegnet. Die Tradition an Christi Himmelfahrt unter Männern zu wandern, entwickelte sich dann im späten 19. Jahrhundert. „Mit der beginnenden Industrialisierung veränderte sich die Gesellschaftsstruktur“, sagt Gunther Hirschfelder, Professor für Vergleichende Kulturwissenschaften an der Universität Regensburg gegenüber National Geographic.

Junge Familien und alleinstehende Männer zogen vermehrt vom Land in die Stadt, um dort einer Arbeit in Fabriken nachzugehen. „Der politische und moralische Wirkungskreis der Kirche auf die damaligen ‚Singles‘ und Arbeitnehmer wurde geringer, christliche Feiertage wurden seltener im kirchlichen Kontext gefeiert.“ Was zählte, war, dass man nicht arbeiten musste. „In der Arbeiterklasse spielte Freizeit eine immer größere Rolle: Freizeit mit den Freunden wurde zum erkämpften Recht", so Hirschfelder.

Vatertag - Woher kommt die Idee mit dem Bollerwagen?

Dabei entstand auch die Tradition der Herrenpartie, bei der die Herren einen Ausflug ins Grüne unternahmen, Skat spielten, kegelten und Wirtshäuser besuchten. Die Tradition wurde auf der der Flurprozessionen gegründet und an Christi Himmelfahrt weitergeführt. Während die einen sich dabei betranken, sahen die anderen eine Chance für gute Geschäfte und organisierten Ausflugsfahrten mit geschmückten Pferdekutschen aufs Land.

Daraus hat sich wohl auch die Idee mit den Bollerwagen fortgesetzt. Die Tradition, am Vatertag unter Männern mit einem Wagen herum zu ziehen und Alkohol zu trinken hat seine Wurzeln also bereits im Mittelalter, der Brauch, ihn als Vatertag zu benennen, kam jedoch aus den USA.

Übrigens: Vatertag wird auf der ganzen Welt gefeiert, jedoch überall anders und an unterschiedlichen Tagen. In Frankreich, den Niederlanden und in der Türkei zum Beispiel bekommt der Vater am dritten Sonntag im Juni Frühstück ans Bett, ein Gedicht vorgetragen oder Geschenke, wie man es auch vom Muttertag kennt. (mz)