Straßenbau Wissing: A20 so schnell wie möglich weiterbauen
Klare Ansage aus Berlin: Bundesverkehrsminister Wissing will trotz der Haushaltslage Neubauprojekte in Angriff nehmen - auch in Schleswig-Holstein. Zwei Regierungschefs verleihen dem Nachdruck.
Berlin/Hamburg - Trotz angespannter Haushaltslage will Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) neue Autobahnen in Angriff nehmen - auch in Norddeutschland. „Insbesondere die A20 in Schleswig-Holstein ist ein ganz wichtiges Autobahnprojekt, mit dem ich so schnell wie möglich anfangen möchte“, sagte Wissing am Dienstag. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir Baurecht bekommen.“ Zuletzt hatte es in Norddeutschland Zweifel am geplanten Weiterbau der Küstenautobahn gegeben.
Die norddeutsche Wirtschaft und die schleswig-holsteinische CDU hatten ein Bekenntnis der Bundesregierung zum Weiterbau des Projekts gefordert. Die Bundesregierung müsse die Finanzierung der derzeit östlich von Bad Segeberg endenden A20 im Bundeshaushalt 2025 und in den Folgejahren sicherstellen, mahnten der Unternehmensverband Nord und die Union. Es fehle auch nach Bekanntwerden der Haushaltseckpunkte der Ampel-Koalition ein eindeutiges inhaltliches und finanzielles Bekenntnis von Wissing zum Weiterbau einer der zentralsten Infrastrukturachsen für Norddeutschland.
„Überragendes Interesse“
Einigkeit demonstrierten Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Rande einer gemeinsamen Kabinettssitzung in der Hansestadt. Günther nannte den Weiterbau der A20 absolut vordringlich und von überragendem Interesse. „Man muss einfach nur von Brunsbüttel einen Termin in Bremen wahrnehmen, wo man ja gar nicht weit weg von wäre, wenn die A20 da wäre, und welche Umwege man verschlängelt über Hamburg fahren muss - dann weiß man, was das für eine ökologische Unsinnigkeit ist, die wir uns seit Jahrzehnten leisten.“ Wirtschaftliche Entwicklungen wie die Ansiedelung von Northvolt in Heide, „aber auch die Sicherheitslage, die wir in Deutschland haben mit all den Anforderungen für die Bundeswehr, machen die A20 absolut notwendig“.
Tschentscher sprach von einem wichtigen Projekt auch für Hamburg. „Wir haben viele Durchgangsverkehre nur deshalb auf unseren Stadtautobahnen und zum Teil in der Stadt, obwohl diejenigen gar nicht nach Hamburg, sondern an Hamburg vorbei wollen“, sagte Tschentscher. Deswegen sei es „eine kurzsichtige Denkart zu sagen: je weniger Autobahnabschnitt, desto weniger Verkehr“.
Die Autobahnprojekte seien wichtig, um den Verkehr in Deutschland effizienter zu gestalten. Gleiches gelte auch für die A26-Ost. Diese Projekte seien im Sinne der Wirtschaft, der privaten Mobilität, aber auch des Klimaschutzes, „weil unnötige Strecken vermieden werden, Staus vermieden werden“, sagte der Bürgermeister.
Autobahnende vor Bad Segeberg
Wer auf der Autobahn 20 in westlicher Richtung unterwegs ist, wird mitten in Schleswig-Holstein ausgebremst. Seit mehr als zehn Jahren endet die Küstenautobahn östlich von Bad Segeberg. Die Trasse soll westlich an Hamburg vorbei und durch einen neuen Elbtunnel nach Niedersachsen führen.
Ganze 39 Kilometer schlängelt sich die A20 durch Schleswig-Holstein. 2013 stoppte das Bundesverwaltungsgericht den Weiterbau. Die Richter sahen den Fledermausschutz nicht ausreichend beachtet. Die Segeberger Kalkberghöhlen gelten als größtes Fledermaus-Überwinterungsquartier Deutschlands. Für keinen einzigen der sechs Abschnitte bis zur Elbe liegt vollziehbares Baurecht vor. Umweltverbände klagen.
Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums steht der vierstreifige Neubau der A20 in Niedersachsen und Schleswig-Holstein einschließlich der westlichen Elbquerung im „Vordringlichen Bedarf“. Der Abschnitt zwischen Weede und der A7 in Schleswig-Holstein ist als fest disponierte Maßnahme eingestuft. Mit diesen prioritären Einstufungen bestehe ein parlamentarischer Planungsauftrag, das Vorhaben zu planen und entsprechend den Finanzierungsmöglichkeiten zu realisieren, teilte das Ministerium mit. Durch den etwa 220 Kilometer langen Neubau werden die deutschen Seehäfen an Nord- und Ostsee miteinander verbunden.
Kritik der Umweltschützer
„Wer solide haushalten will, muss die A20 sofort auf den Prüfstand stellen“, sagte Greenpeace-Verkehrsexpertin Lena Donat. Mit aktualisierten Baukosten und geltenden Kosten für die Schäden durch CO2 rutsche die Küstenautobahn klar aus der Wirtschaftlichkeit. „In dieser Rechnung sind die massiven Umweltschäden einer Asphaltschneise quer durch Moore und Naturschutzgebieten noch nicht einmal voll berücksichtigt.“ Besser sei es, bestehende Straßen zu sanieren und den Bahnverkehr im Norden konsequent auszubauen.