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Putin, Bush und jetzt Boris Johnson  Wissenschaftler erklärt: Warum sich immer mehr Politiker Tiere zulegen

Von Christoph Driessen 04.09.2019, 18:01
Der schwarze Labrador von Russlands Präsident Wladimir Putin läuft beim Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel 2007 in Sotschi durchs Zimmer.
Der schwarze Labrador von Russlands Präsident Wladimir Putin läuft beim Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel 2007 in Sotschi durchs Zimmer. dpa

London/Berlin - Nie zuvor in seiner politischen Laufbahn stand Boris Johnson dermaßen im Kreuzfeuer der Kritik wie diese Woche. Und ausgerechnet jetzt schafft sich der britische Premierminister einen neuen Mitbewohner für Number 10 Downing Street an: Helfer trugen einen 15 Wochen alten Jack Russell Terrier gut sichtbar zu der berühmten schwarzen Tür. Johnson und seine Freundin Carrie Symonds hätten ihn aus einem Tierheim adoptiert, hieß es dazu.

Ein Hundezüchter habe den armen Dilyn aussortiert, weil er ein schiefes Gebiss habe und deshalb unverkäuflich sei, wussten britische Medien zu berichten. Ein Sprecher aus der Downing Street sagte: „Der Premierminister war immer ein leidenschaftlicher Anhänger des Tierschutzes und war immer überzeugt, dass Tiere einen guten Start ins Leben brauchen.“

Kein Zufall: Boris Johnson ist auf den Hund gekommen

Es sei wohl kein Zufall, dass sich Johnson den Hund gerade jetzt angeschafft habe, vermutet der Kommunikationswissenschaftler Joachim Trebbe von der Freien Universität Berlin. Die unterschwellige Botschaft: Allen Härten im Brexit-Drama zum Trotz - wer sich eines Hundes mit schiefen Zähnen annimmt, kann kein schlechter Mensch sein. „Wobei hier vielleicht gar nicht mal so sehr der Hund im Vordergrund steht als vielmehr das Tierheim. Es geht darum, die menschliche, mitfühlende Seite herauszustellen. Dafür hätte er auch ein Krankenhaus besuchen können.“

Wenn man erst mal davon ausgeht, dass Politiker normale Menschen sind, gibt es natürlich eine gewisse Grundwahrscheinlichkeit, dass der eine oder andere auch einen Hund hat. Dass mitunter mehr dahintersteckt, lässt sich aber schon daraus ableiten, dass Politiker ihre Tierliebe oft sehr bewusst öffentlich machen.

So besaß der Hund des früheren US-Präsidenten George W. Bush, Terrier Barney, eine eigene Seite auf dem Internet-Auftritt des Weißen Hauses. In Deutschland hat Attila, der Hund des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke), einen Twitter-Account, der maßgeblich von Ramelows italienischer Ehefrau gepflegt wird. „Das ist natürlich eine spannende Idee, aus der Sicht eines Hundes die Arbeit des Ministerpräsidenten zu kommentieren“, meint der Hamburger Politikberater Martin Fuchs.

Kommunikationswissenschaftler über Tiere und Politiker: „Damit macht man natürlich Punkte.“

Das Ganze stehe in einem größeren Zusammenhang, erläutert Trebbe: In den sozialen Medien gebe es die Tendenz zur Preisgabe privater Informationen, um neben der politischen Kompetenz auch eine Sozialkompetenz zu vermitteln. „Damit macht man natürlich Punkte.“

Diese Selbstinszenierung mit Haustier reicht Jahrhunderte zurück. Viele Könige und Kaiser ließen sich mit ihren Hunden porträtieren. Der vierbeinige Liebling des niederländischen Nationalhelden Prinz Wilhelm von Oranien (1533-1584) wurde nach dessen Tod sogar in Marmor gehauen.

Das Image des Hundes ist dabei nicht immer gleich. Es gibt den süßen Hund und den großen, gefährlichen. Der russische Präsident Wladimir Putin bereitete Angela Merkel vor einigen Jahren mit seiner Labrador-Hündin Koni eine unangenehme Überraschung. Angeblich wusste er nichts von der Hunde-Angst der Kanzlerin.

Im Fall von Boris Johnson ist sich Trebbe übrigens nicht sicher, ob die Anschaffung von Dilyn wirklich ein guter Schachzug war. „Es könnte auch gefährlich sein, denn es gibt in der Downing Street bereits seit langem den Kater Larry, der sehr populär ist.“ Auf Twitter hat er 323 000 Follower. „Angeblich zeigt sich Larry seit dem Amtsantritt von Boris Johnson seltener. Wenn sich das bestätigen sollte, könnte man am Ende noch sagen: „Jetzt hat er sogar die nette Katze vergrault.“ (mz/dpa)

Ex-US-Präsident George W. Bush trägt seinen Hund Barney.
Ex-US-Präsident George W. Bush trägt seinen Hund Barney.
dpa
Der Jack Russell Mischling des britischen Premierministers Boris Johnson
Der Jack Russell Mischling des britischen Premierministers Boris Johnson
dpa