Wissenschaft Wissenschaft: Unklare «Vaterschaft» für Klonschaf Dolly

London/dpa. - Als Wilmut das erste aus einer erwachsenen Zelle geklonteSäugetier im Februar 1997 der Öffentlichkeit präsentierte, wurden erund das Schaf weltberühmt. Seine «Vaterrolle» hat Wilmut jedoch voreinem schottischen Gericht inzwischen herabgestuft. Dort hat derWissenschaftler nach einem Bericht des «Daily Telegraph» rund dreiJahre nach Dollys Tod im Jahr 2003 eingeräumt, dass nicht er, sondernsein damaliger Kollege Keith Campbell Dolly maßgeblich geschaffenhat.
Wer nun endgültig als der Schöpfer Dollys und damit als Pionier immodernen Klonverfahren in die Geschichte eingehen soll, ist nurschwer zu klären. Das Roslin-Institut im schottischen Edinburgh, dieGeburtsstätte Dollys, äußert sich dazu nur vage. Ein Sprecherverweist auf «Teamarbeit», alle an dem beteiligten Projekt hättendazu beigetragen, heißt es diplomatisch. Wilmut habe eine«überwachende Rolle» gehabt. Vor Gericht soll er laut Presseberichtenbereits zugegeben haben, dass «66 Prozent» des Verdienstes an DollysSchöpfung an Keith Campbell gingen. Demnach hätte der Zellbiologeauch als Erstautor genannt werden sollen, doch dieses Privileg hatsich Wilmut selbst gesichert.
Ian Wilmut hatte bereits zuvor geschrieben, dass derLabortechniker Bill Ritchie und der Forscher Keith Campbell die 277Embryonen konstruierten, von denen eines zu Dolly führte («Dolly, DerAufbruch ins biotechnische Zeitalter», 2000). Doch nun sagte er lautder britischen Zeitung «Guardian» auch vor dem schottischen Gerichtauf die Frage ob der Satz: «Ich (Wilmut) habe Dolly nichtgeschaffen», richtig sei, «Ja». Dabei war Dolly bei dem Prozess nurein Nebenschauplatz gewesen. Vielmehr ging es nach Medienangaben umeinen Streit mit dem asiatischen Biologen Prim Singh, der sich vonWilmut in einem anderen Fall übergangen fühlte.
Wilmut selbst hat inzwischen eine Lizenz zum Klonen menschlicherEmbryonen erhalten. Er will damit Therapien gegen tödlicheNervenleiden entwickeln. Das Schaffen von Klonbabys, die dasselbeErbgut wie irgendein Erwachsener haben, lehnt er jedoch strikt ab.
In seinem Buch «After Dolly» plädiert er allerdings dafür, dassdie bei Dolly entwickelte Methode in bestimmten Fällen auch beiMenschen angewendet werden soll. Wenn das Risiko bestehe, dass Kindermit schweren Erbkrankheiten wie Zystische Fibrose oder derHuntington-Krankheit geboren werden, dann müsse das Klonen erlaubtsein. Wilmut beschreibt in seinem Buch folgenden Vorgang: EinemEmbryo mit Erbfehler werden Zellen entnommen. Gentechnisch wird dasErbgut korrigiert. Dieses Erbgut werde dann zum Klonen eines gesundenEmbryos genutzt, der dann auch ausgetragen wird, schlägt Wilmut vor.Abgesehen von den ethischen Problemen scheinen derzeit allerdingsauch die technischen Hürden zum Klonen von Menschen kaum überwindbar.
Dolly selbst starb relativ jung. Im Februar 2003 wurde das Tierwegen einer fortschreitenden Lungenerkrankung im Alter von sechsJahren eingeschläfert. Normalerweise werden Schafe zwischen zwölf unddreizehn Jahre alt, und Dollys früher Tod nährte Befürchtungen vonWissenschaftlern, dass Klonen zu vorschneller Alterung führt. DieKlonforscher versprachen, dass der Tod ihrer Kreatur nicht umsonstgewesen sei. Dolly als Märtyrerin für die moderne Medizin oder alseine Vorläuferin für neue Tiere, die der Wissenschaft menschlicheOrgane für Transplantate liefern können. Seit Dolly ist alles anders,alles scheint möglich.
