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Wissenschaft für Tiere Wissenschaft für Tiere: Hörgerät für Katzen

Von Sven-Hendrik Hahn 06.06.2003, 11:43
Die Aufnahme vom April 2003 zeigt einen Hals-Nasen-Ohrenarzt während der operativen Anpassung eines Hülsenhörgerätes bei dem schwerhörigen, neun Jahre alten Kater Leo in Wilhelmshaven. Hörgeräteakustiker Hans-Rainer Kurz aus Wiesmoor (Kreis Aurich) nahm zusammen mit Experten der Tierärztlichen Hochschule in Hannovervor dem Eingriff Untersuchungen an mehr als 40 verschiedenen Katzen vor. Dieses Verfahren wird in absehbarer Zeit bei allen schwerhörigen Katzen einsetzbar sein. Pro Eingriff ist mit 300 bis 400 Euro zu rechnen. (Foto: dpa)
Die Aufnahme vom April 2003 zeigt einen Hals-Nasen-Ohrenarzt während der operativen Anpassung eines Hülsenhörgerätes bei dem schwerhörigen, neun Jahre alten Kater Leo in Wilhelmshaven. Hörgeräteakustiker Hans-Rainer Kurz aus Wiesmoor (Kreis Aurich) nahm zusammen mit Experten der Tierärztlichen Hochschule in Hannovervor dem Eingriff Untersuchungen an mehr als 40 verschiedenen Katzen vor. Dieses Verfahren wird in absehbarer Zeit bei allen schwerhörigen Katzen einsetzbar sein. Pro Eingriff ist mit 300 bis 400 Euro zu rechnen. (Foto: dpa) dpa

Wilhelmshaven/Wittmund/dpa. - Leo ist ein ganz normaler Stubenkater, etwa neun Jahre alt, tiefschwarz mit grauen Strähnen. Sein Leben spielt sich zwischen Sofa und Küchentisch ab. Frauchen Susanna Hohmann macht sich allerdings Sorgen um ihren Liebling. Leo ist seit etwa sechs Jahren fast taub. Doch das wird sich in Kürze ändern.

«Schwerhörigkeit äußert sich bei einem Tier wie Leo, wenn es bei einer Berührung von hinten erschrickt und zusammen zuckt. Außerdem reagiert es nicht auf Rufen, Klatschen und ähnlich laute Geräusche», sagt Leos Besitzerin. Eine Annonce mit dem Titel «Schwerhörige Katze gesucht» habe sie auf das Vorhaben des Hörgeräteakustikers Hans- Rainer Kurz aufmerksam gemacht. «Ziel des Projekts war, einer Katze ein Hörgerät einzusetzen. Da habe ich mich gemeldet.»

Akustiker-Meister Kurz aus Wiesmoor in Ostfriesland, der 1995 bereits ein Hörgerät für Hunde entwickelt hat, nahm mit Experten von der Tierärztlichen Hochschule Hannover Untersuchungen an mehr als 40 Katzen vor. Nach gut einem Jahr stand fest: Leo ist nicht taub, sondern nur schwerhörig. Zudem ist er gesund und robust genug, den Eingriff zu überstehen.

Mitte Mai war es so weit: Leo wurde die Hülse für das Hörgerät einoperiert. «Zum Einsatz kommt ein volldigitales Hülsenhörgerät, das den Gehörgang nicht verschließt und gewährleistet, dass die Katze die gewohnten akustischen Signale weiter in unveränderter Form im Gehirn verarbeiten kann. Leise, bislang nicht gehörte Geräusche werden wieder wahrnehmbar», erläutert Kurz.

Das Gerät hat etwa die Größe eines halben 1-Cent-Stücks und wird hinter dem Ohr getragen, befestigt wie ein Piercing oder ein Ohrring beim Menschen. Die Schallabgabe erfolgt direkt in den offenen Gehörgang. Die geringe Größe und die Anbringung hinter dem Ohr sei entscheidend, damit die Katze sich das Gerät nicht abreißt, sagt Kurz: «Ich habe das Gerät im Selbstversuch zwei Jahre lang unter Extrembedingungen getestet, also in eiskaltem Wasser ebenso wie in der Sauna. Erst als gewährleistet war, dass es reizfrei getragen werden kann, begannen die Proben am tierischen Objekt.»

Mittlerweile ist die Operationswunde verheilt. In den kommenden Tagen soll das Hörgerät befestigt werden - zunächst schwach eingestellt, damit Leo nicht erschrickt, wenn er plötzlich wieder Geräusche hört, die er seit Jahren nicht mehr kennt. Ausprobiert wurde das Gerät bereits nach der Operation, erzählt Kurz. Und zwar mit Erfolg: «Wir können anhand der Wellen, die über die Haut des Tieres laufen, sehen: Die Katze hört.»

Ebenso wie beim Hörgerät für Hunde will er keine Rechte an der Idee geltend machen. «Dieses Verfahren wird über kurz oder lang bei allen schwerhörigen Katzen anwendbar sein.» Pro Eingriff rechnet Kurz mit Kosten von 300 bis 400 Euro. Er ist sich sicher, dass sich die hörgeschädigten Tiere nach einer Eingewöhnungsphase wieder artgerecht in freier Natur bewegen können. Allerdings: «Soll sie bei schlechtem Wetter das Haus verlassen, wird sich jede Katze taub stellen - selbst mit Hörgerät.»