Wettermoderator Wettermoderator: Kachelmann-Prozess in neuer Besetzung

KÖLN/MZ. - Vielleicht ist es die größteÜberraschung in dem Strafprozess: Nach 15Verhandlungstagen wechselt Jörg Kachelmann,der sich seit Anfang September wegen schwererVergewaltigung und Körperverletzung vor demLandgericht Mannheim verantworten muss, seinVerteidigerteam. In einer Presseerklärunghatte der Kölner Anwalt Reinhard Birkenstockmitgeteilt: "Ich habe der 5. Großen Strafkammerdes Landgerichts Mannheim heute angezeigt,dass ich nicht mehr der Verteidiger von HerrnKachelmann bin."
Auch Kachelmanns zweiter Anwalt, Klaus Schrothaus Karlsruhe, nimmt sein Mandat nicht längerwahr: Ihm hatte Kachelmann, wie Schroth sagte,in einer E-Mail das Mandat aufgekündigt. Kachelmannhabe die Entscheidung nicht weiter begründet."Natürlich war das überraschend", sagte Schroth.Wahrscheinlich ist der ARD-Wettermoderatorähnlich auch mit Birkenstock verfahren. Dochder will sich nicht äußern. Im Team bleibendie Heidelberger Anwältin Andrea Combé undder Kölner Medienanwalt Ralf Höcker.
Es war gerade Birkenstock, der mit großemEngagement Kachelmann vertreten hatte. Der65-Jährige war es, der die Experten verschiedenerFachrichtungen zusammengetrommelt hatte, dieKachelmanns Unschuldsbeteuerungen untermauernsollten. Doch wenn am Freitag der Prozessin eine entscheidende Phase mit der Anhörungder Sachverständigen tritt, wird Birkenstocknicht mehr auf der Verteidigerbank sitzen,sondern der Hamburger Rechtsanwalt JoachimSchwenn (62). Er soll die Führungsrolle desAnwalt-Teams übernehmen. Wie sich der Wechselzu einem solch kritischen Zeitpunkt auf denProzess auswirkt, ist unklar. Ob eine aggressiveVorwärtsverteidigung bei den Richtern, dieSchwenn schon in der Zeitschrift "Cicero"kräftig zur Brust genommen hat, ankommt, weißniemand.
Schwenn hat mit seinem Kollegen Gerhard Stratelange vor Prozessbeginn keinen Hehl aus seinerKritik an Birkenstock gemacht und die angeblichzu konziliante Haltung gegenüber der Strafkammerin Frage gestellt. Nachvollziehbar mag derAnwaltswechsel durch Vorgänge werden, diesich hinter den Kulissen abspielen. Die HamburgerGerichtsreporterin Sabine Rückert, die sichden Kachelmann-Prozess in der "Zeit" journalistischzu Eigen macht, hatte am 21. Mai in eineröffentlich gewordenen E-Mail Birkenstock ansHerz gelegt, den Hamburger Kollegen Schwennmit ins Boot zu nehmen. Sie schrieb an Birkenstock:"Wir können nur zusammenkommen, wenn IhreVerteidigung in dem angedeuteten Sinne professionalisiertwird, dazu sollten Sie sich überlegen, einenKollegen einzubinden, der Verfahren dieserArt auch gewachsen ist."
In einem Dossier in der "Zeit" vom 24. Junifolgte ihre herbe Kritik an der MannheimerJustiz und am "Schmusekurs" Birkenstocks.Doch dieser Beitrag erschütterte damals offenbarnicht das Vertrauen Kachelmanns in seinenKölner Verteidiger. Birkenstock, der im übrigenden Strafverteidiger Schwenn schätzt, hatteaber auf dessen Mitarbeit verzichtet und sichein eigenes Team gesucht.
Vielleicht hat jetzt jemand Jörg Kachelmanndie Generalabrechnung Schwenns mit der MannheimerJustiz in "Cicero" zugeschickt. Oder das Dossiervon Sabine Rückert aus dem Jahr 2001 mit demTitel "Quälgeister der Justiz". In diesemBeitrag, der die "Meister der Strafverteidigung"beschreibt, fällt vor allem Glanz auf JohannSchwenn: "In feinstes Tuch gewandet, mit schneeweißenKrawatten ausstaffiert, entspringt er seinemMercedes-Zweisitzer. In die Gerichtssäle eilter oft an der Seite von Personen der Zeitgeschichtewie Markus Wolf, Marion Gräfin Dönhoff oderJan Philipp Reemtsma."
