Schifffahrt Weiniger Umschlag in Niedersachsens Seehäfen
Die schwache Konjunktur und Krisen lassen den Güterumschlag an Niedersachsens Seehäfen schwächeln. Dafür wachsen andere Bereiche, etwa der LNG-Import. Am Ausbau dieser Infrastruktur gibt es Kritik.
Oldenburg/Stade - Niedersachsens neun Seehäfen haben im Vergleich zum Vorjahr beim Güterumschlag deutlich verloren. Insgesamt ging der Umschlag an allen Standorten zusammen um 7 Prozent auf 50,58 Millionen Tonnen zurück. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2019 vor der Corona-Krise hatten die Häfen zwischen Emden und Stade noch 53,5 Millionen Tonnen umgeschlagen. „Wir hatten viele Herausforderungen im letzten Jahr“, sagte André Heim, Geschäftsführer der landeseigenen Marketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen, bei der Präsentation der Hafenbilanz am Montag in Oldenburg. Die hohen Energiekosten, die geopolitischen Spannungen und das nachlassende Wirtschaftswachstum hätten die Bilanz getrübt. Für 2024 sei er „verhalten optimistisch, betonte Heim.
Die Entwicklung seiner Häfen will Niedersachsen zunehmend auf die Anforderungen der Energiewende und der Versorgungssicherheit ausrichten. Die landeseigene Hafeninfrastrukturgesellschaft (NPorts) will in diesem Jahr insgesamt rund 92 Millionen Euro in die Häfen investieren, weitere 53 Millionen sollen in die Instandhaltung fließen. An der Nordseeküste und ihren Zuflüssen betreibt das Land die Häfen Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg, Stade und Wilhelmshaven.
Häfen als Standorte der Energiewende
„Ohne die Küste, ohne die Häfen ist weder der Ausbau der erneuerbaren Windenergie möglich noch ist der Import von Energie möglich“, betonte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Wilhelmshaven soll etwa eine Drehscheibe für die Wasserstoff-Wirtschaft werden und der Hafen von Cuxhaven als Zentrum für den Ausbau der Offshore-Windenergie dienen. Für die Erweiterung der Hafenkapazitäten dort gebe es zwar einen gültigen Planfeststellungsbeschluss, noch fehle aber eine Finanzierungszusage des Bundes, bemängelte kürzlich allerdings die Hafenwirtschaftsgemeinschaft Cuxhaven.
Nach dem ersten schwimmenden Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) in Wilhelmshaven sollen in diesem Jahr zwei weitere solcher Spezialschiffe, Englisch auch FSRU genannt, an Niedersachsens Küste in Betrieb gehen - ein weiteres in Wilhelmshaven und eines in Stade. „Wir sind jetzt so weit, dass wir in der zweiten Märzhälfte die FSRU nach Stade schicken werden“, sagte ein Sprecher der bundeseigenen Betriebsgesellschaft Deutsche Energy Terminal (DET) auf dpa-Anfrage. Den rund 300 Millionen Euro teuren Anleger für das schwimmende LNG-Terminal hatte das Land Niedersachsen bereits Mitte Dezember an die künftigen Nutzer, die DET und das Konsortium Hanseatic Energy Hub, übergeben.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sprach sich unterdessen dafür aus, den Bau neuer LNG-Terminals zu überdenken. Zwei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem Beginn der Energiekrise habe sich die Lage am Gasmarkt entspannt. Eine Gasmangellage, mit der der beschleunigte Ausbau von Flüssigerdgas (LNG)-Infrastruktur seit Sommer 2022 gerechtfertigt werde, sei zu keinem Zeitpunkt eingetreten. „Der überdimensionierte LNG-Infrastrukturausbau ist nicht erforderlich, um eine potenzielle Gasmangellage zu vermeiden und sollte daher nicht weiterverfolgt werden“, hieß es in einer am Montag vorgelegten DIW-Studie. Die drei bestehenden schwimmenden LNG-Terminals in Deutschland sind laut dem Institut nur zur Hälfte ausgelastet gewesen.
Umschlag von Flüssigerdgas steigt, feste Massengüter sinken
Die Marketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen wies in ihrer Bilanz aus, dass flüssige Massengüter 2023 den größten Anteil beim Umschlag an den Seehäfen ausmachten. In diesem Segment wurde ein Zuwachs von 3 Prozent auf 26,59 Tonnen verzeichnet. Dabei spielte den Angaben zufolge der Import von Flüssigerdgas in Wilhelmshaven eine entscheidende Rolle. Dort hätten 45 Schiffe das LNG-Terminal angelaufen, mit deren Ladungen ein Jahr lang rund 3,6 Millionen Haushalte mit Erdgas versorgt werden können.
Zurück ging im vorigen Jahr der Bereich der festen Massengüter. Hier sei der Umschlag um 25 Prozent auf 11,21 Millionen Tonnen gefallen. Die Nachfrage nach Kohle und Düngemittel sei stark gesunken. „Die Kohle wird auch in diesem Jahr weiter rückläufig sein, da Kraftwerke außer Betrieb genommen werden“, sagte Heim. Bei den Agrarprodukten belaste der Ukraine-Krieg weiter die Lieferketten. „Es wird weniger Getreide importiert über den Seeweg“, sagte Heim. Der Containerumschlag in Wilhelmshaven sei um 22,2 Prozent auf rund 530.000 Standardcontainer gesunken. Grund sei der weltweit schwächelnde Containerverkehr.
Zuwächse gab es indes beim Umschlag von Autos. Die Seehäfen in Emden, Cuxhaven und Wilhelmshaven verzeichneten ein Plus von 15,8 Prozent auf 1,67 Millionen Fahrzeuge. Emden sei mit einem Umschlag von fast 1,3 Millionen Fahrzeugen nach Antwerpen und Bremerhaven die drittgrößte Automobilhafen in Europa, sagte Holger Banik, Geschäftsführer von Niedersachsen Ports. Auch die Verladung von Windenenergiekomponenten entwickle sich positiv, sagte Heim. Allein in Emden haben es 2023 hier ein Plus von 65 Prozent gegeben.