Finanzen Wachsendes Erbe: fast 4,1 Millionen Euro gehen ans Land
Thüringen erbt immer mehr Geld und Grundstücke. Doch auch Schulden gehören oftmals zu den Hinterlassenschaften, die das Land übernehmen muss. Dazu kommen steigende Kosten für die Immobilienverwaltung.
Erfurt - Thüringen hat im vergangenen Jahr knapp 4,1 Millionen Euro von Menschen geerbt, die keine Angehörigen haben oder deren Erbe ausgeschlagen wurde. Das ist über eine halbe Million Euro mehr als noch 2022, wie das Finanzministerium am Freitag in Erfurt mitteilte. Vielfach resultierten die Einnahmen 2023 dabei auch aus Erbschaften, die dem Freistaat bereits in vorangegangenen Jahren zugefallen sind. Zugleich stiegen die Fälle, in denen Nachlässe an das Land mangels anderer Erben gingen, auf einen Höchststand.
Überschuldete Nachlässe
Der Freistaat wurde den Angaben nach im vergangenen Jahr in 850 Fällen als Erbe festgestellt. Das sei die höchste Zahl seit 1991. Damals waren es nur 17. Seitdem ist die Zahl deutlich angestiegen und hat sich in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt. Waren es im Jahr 2008 noch 367 Fälle, wurde das Land 2022 in 819 Fällen und 2021 in 784 Fällen Erbe. Immer häufiger würden Erbschaften wegen vorliegender hoher Schulden ausgeschlagen, da diese sonst von den Erben übernommen werden müssten. Entsprechend erbt der Freistaat diese Schulden, denn er kann die Erbschaften nicht ausschlagen.
In zehn Fällen musste das Land im vergangenen Jahr insgesamt rund 77.800 Euro an Erben auszahlen, die erst nachträglich bekannt wurden. „Taucht ein gesetzlicher oder testamentarischer Erbe auf, der bisher nicht berücksichtigt wurde, weil er nicht bekannt war, dann hat dieser einen Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses“, erklärte Finanzministerin Heike Taubert (SPD). Der Herausgabeanspruch des wahren Erben verjährt erst nach 30 Jahren.
Hoher Personal- und Kostenaufwand
Das Land hat im vergangenen Jahr aber nicht nur mehr geerbt - auch die Kosten für die Verwaltung und Verwertung erhöhten sich. Hinzu kämen die Kosten für Personal und den Verwaltungsaufwand. „Deshalb lohnt sich die Feststellung als Erbe für den Freistaat in den allermeisten Fällen nicht“, so Taubert. Überwiegend erbe das Land überschuldete Nachlässe, die mit hohem Personal- und Kostenaufwand abgewickelt werden müssten. Insbesondere da, wo baulich desolate Gebäude gesichert werden müssten, weil sich über Jahre hinweg kein Käufer finde.
2023 erbte der Freistaat 577 Flurstücke oder Anteile an solchen. Das seien deutlich mehr als noch 2022 (337). Hinzu kamen laut Ministerium außerdem 286 Flurstücke aus Erbschaften früherer Jahre, von den das Land erst 2023 erfahren hat. Thüringen habe damit gegenwärtig noch fast 4900 geerbte Flurstücke im Bestand, die verwaltet und veräußert werden müssen. Viele seien jedoch nur schwer verkäuflich. Im vergangenen Jahr konnte der Freistaat 380 Flurstücke oder Anteile an solchen verkaufen oder sie wurden zwangsversteigert.
Neben Grundstücken fallen aber auch Geldvermögen, Fahrzeuge oder Schmuck, Uhren und Wertpapiere an das Land. Mitgeerbt wurden aber auch im vergangenen Jahr ausstehende Rechnungen für Strom, Heizung und Wasser, nicht beglichene Mietschulden, rückständige Grundsteuerforderungen oder Kreditraten nebst Zinsen. Auch Bestattungskosten gehörten zu den Verbindlichkeiten, die der Freistaat übernehmen musste.