Geras OB Vornab: Zeitplan für neue Flüchtlingsunterkunft ambitioniert
Lange hatte das Land nach einer Entlastung für die chronisch überfüllte Erstaufnahme in Suhl gesucht. Nun sollen ab Januar Flüchtlinge nach Gera kommen. Doch das dortige Stadtoberhaupt hat Zweifel an dem Zeitplan - und Sorge vor der Stimmung.
Gera - Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos) hat Zweifel am Zeitplan für eine Flüchtlingsunterkunft des Landes ab Januar in seiner Stadt. Für die geplante Unterbringung von Menschen im ehemaligen Wismut-Krankenhaus seien noch etliche Prüfungen etwa durch das Bauamt oder den Denkmalschutz nötig, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Deshalb halte ich die Zeitplanung des Ministeriums für sehr ambitioniert.“
Die Landesregierung hatte Ende November beschlossen, in der einstigen Frauenklinik des Gebäudekomplexes in Landesbesitz 200 Plätze für Flüchtlinge zu schaffen. Dort waren von 2015 bis 2017 schon einmal Geflüchtete untergebracht. Die ersten Menschen sollten den Angaben zufolge voraussichtlich im Januar kommen. Damit soll die chronisch überfüllte Landeserstaufnahme in Suhl entlastet werden.
Probleme mit dem Denkmalschutz?
Unter anderem plant die Landesregierung, Wasch- und Toilettencontainer in den Hof zu stellen. Vonarb sagte, es sei fraglich, inwiefern das in einem Denkmalschutzensemble möglich sei. Da wolle er der Denkmalschutzbehörde nicht vorgreifen. „Es gilt das Prinzip der Gleichbehandlung, da werden die relevanten Behörden keine Ausnahme machen.“
Er verstehe die zeitliche Not von Innenminister Georg Maier (SPD), der seit Dezember auch für Migration zuständig ist. Im vorher zuständigen Ministerium für Justiz sei anderthalb Jahre nichts passiert. Vonarb kritisierte aber die Standortwahl. Bis zum späten Sommer habe ihm Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) signalisiert, dass die Klinik nicht reaktiviert werden solle. Er nehme nun Maier beim Wort, der kürzlich das Gerücht entkräftete, in der früheren Justizvollzugsanstalt solle ein Abschiebegefängnis entstehen.
Sorge vor Demoaufrufen
Gera habe als eine der wenigen Thüringer Kommunen ihren Soll bei der Aufnahme von Geflüchteten erfüllt, sagte Vonarb weiter. „Die, die seit Jahren ihren Beitrag geleistet haben, haben nun das Nachsehen.“ Dieses Jahr seien knapp 200 Menschen aus Drittstaaten nach Gera gekommen. Inzwischen lebten auch rund 3000 Ukrainerinnen und Ukrainer in der Stadt. Die Ausländerquote liege bei 13 Prozent. „Die Kapazitätsgrenze ist erreicht.“
Er verstehe die Sorgen der Stadtgesellschaft etwa vor Ruhestörungen oder einer Beeinträchtigung des nahe gelegenen Waldklinikums, sagte Vonarb. Für den Samstag seien mehrere Demonstrationen angemeldet. Die teils aufgeheizte Stimmung bereite ihm aber Bauchschmerzen. Unter anderem kursierten Aufrufe, erneut vor seine Privatwohnung zu ziehen. Das bereite ihm Sorge. „Jeder darf und soll demonstrieren. Die Frage ist nur: Mit wem und hinter wem formiere ich mich“, sagte er mit Blick auf einen Demoaufruf eines Akteurs aus dem rechten Spektrum.