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Vor 50 Jahren Vor 50 Jahren: So berichtete der MZ-Vorgänger "Freiheit" über die Mondlandung

Von Hans-Ulrich Köhler 20.07.2019, 13:05
Titelseite der „Freiheit“ vom 21. Juli 1969
Titelseite der „Freiheit“ vom 21. Juli 1969 MZ

Halle (Saale) - Zur Schlagzeile (links) auf Seite 1 der „Freiheit“ hat die erste Mondlandung von Menschen nicht getaugt. Die ging an die LPG Glebitzsch bei Bitterfeld. Dort hatten fleißige Bauern an einem Tag 113 Hektar Getreide geerntet, ein Tagesrekord in der Ernteschlacht. Aber immerhin:

Die amerikanische Mondlandung vom 20. Juli (amerikanischer Zeit) schafft es am Montag, den 21. Juli 1969, zweispaltig auf die Titelseite des SED-Bezirksorgans. Und das Foto der drei Mondfahrer dominierte die Seite. Gemessen an der Zeilenzahl war der Text zu den Astronauten sogar länger als der Bauern-Artikel.

„Armstrong und Aldrin planmäßig gelandet“ lautet die zweispaltige Überschrift. In der Unterzeile sollte offenbar mitgeteilt werden, dass erstmals in der Geschichte Menschen auf dem Mond gelandet waren, aber da hat der Fehlerteufel zugeschlagen, Kauderwelsch und keiner hat es gemerkt - man kennt das ja...

MZ-Vorgänger-Zeitung „Freiheit“ berichtet über Mondlandung faktenreich

Faktenreich und mit vielen technischen Details informiert die „Freiheit“ über die Landung - kein bisschen Ideologie drin, kein Klassenkampf weit und breit, obwohl der Sozialismus gerade eine herbe Niederlage erleidet. Aber die Kurve haben unsere damaligen Kollegen dennoch gekriegt.

In den Mond-Text eingeblockt eine Meldung aus Freundesland: „Luna 15 auf neuer Umlaufbahn“ wird aus Moskau gemeldet. Der Kern: Die sowjetische Sonde umkreist planmäßig den Mond, dafür braucht sie eine Stunde und 54 Minuten, ist zu lesen, alles an Bord arbeite normal.

Die Sonde war Teil eines großen Forschungsprogramms. Luna 17 setzt Ende 1970 das erste Mondauto, Lunachod 1, aus. Auf Seite 3 der Mondlande-Ausgabe gibt es dann in drei Portionen gegliedert zweispaltige Informationen über sowjetische Raumfahrtstrategie.

Sowjetbürger Juri Kondratjuk soll bereits 1929 die Bahn zum Mond berechnet haben

Erstens werde die UdSSR die Monderkundung planmäßig fortsetzen. Zweitens betrachte man Orbitalstationen als Schwerpunkt sowjetischer Forschungen. Beim dritten Text wird es spannend, aufgegeben von ADN (der DDR-Nachrichtenagentur) in New York.

Die Kollegen dort hatten Glück. Denn das US-Magazin „Life“ schreibt gerade, dass die Bahn zum Mond und zurück vom Sowjetbürger Juri Kondratjuk bereits 1929 berechnet worden sei.

Der Sohn einer Lehrerfamilie aus dem Dorf Lusk sei ein begabter Mathematiker gewesen. Seine Mond-Erkenntnisse fasst er 1929 in seinem Buch „Die Eroberung der interplanetaren Räume“ zusammen.

Als die Nasa begann, den Mondflug zu berechnen, soll es zwei Thesen gegeben haben, eine vom deutschen Nasa-Experten Wernher von Braun, eine von seinen Kollegen John Houbolt.

Knackpunkt: Soll die Rakete landen (Braun) oder nur eine Landefähre? Wer sich durchsetzte, ist bekannt. Houbolt sagt später, er habe bei seinen Überlegungen an Juri Kondratjuk gedacht. All das erzählt die „Freiheit“ vom 21. Juli 1969.

Schöngefärbte Schlagzeile: „Luna 15 beendet Arbeit“

Tags darauf wird in der Schlagzeile auf Seite 1 der „25. Jahrestag der Wiedergeburt Polens“ gefeiert und „Braunkohlekumpel erhöhen die Förderleistung“. Aber „Apollo 11“ ist wieder mit im Rennen auf der 1: „Mondlandefähre mit Apollo 11 vereinigt“. Und gleich darunter:

„Luna 15 beendet Arbeit“. Was etwas schöngefärbt ist. Die Sonde ist am 21. Juli hart auf dem Mond aufgeschlagen, zerstört, so war das nicht gedacht.

Während Luna 15 zerschellt, sammeln Armstrong und Aldrin an dem Tag erstmals Mondgestein. Das schafft die UdSSR dann 1970, Luna 16 holt ebenfalls Mondgestein zur Erde.

Am 23. Juli ist „Apollo 11 auf Kurs zur Erde“, einspaltig, ganz unten, alles wird gut, schreibt ADN. Gelobt werden von einem sowjetischen Akademiepräsidenten Tapferkeit und Ausdauer der amerikanischen Astronauten.

Am nächsten Tag landen die Mondfahrer in einem flachen Vierspalter auf der Titelseite der „Freiheit“: „Apollo 11 gestern sicher im Pazifik niedergegangen“. Der Rest der Seite widmet sich Walter Ulbricht. Der eröffnet sechsspaltig in Leipzig das V. Deutsche Turn- und Sportfest. (mz)