Vogtland Vogtland: Ein Maschendrahtzaun machte Auerbach berühmt
Auerbach/ddp. - Eine Doppelhaushälfte steht zum Verkauf. AufRegina Zindler angesprochen, winkt eine Frau ab. «Das istGeschichte», sagt sie und geht weiter. Vor zehn Jahren schaute fastganz Deutschland auf die vogtländische Kleinstadt. Ein skurrilerNachbarschaftsstreit um einen Knallerbsenstrauch, der in einenMaschendrahtzaun hineinwuchs, machte Auerbach berühmt.
Am 12. Oktober 1999 zerrte Regina Zindler ihren Nachbarn GerdTrommer vor die TV-Richterin Barbara Salesch beim Sender Sat.1.Dieser Auftritt wäre wahrscheinlich schnell wieder in Vergessenheitgeraten, hätte nicht Fernseh-Spaßvogel Stefan Raab aus Zindlers«Maschendrahtzaun» im Spätherbst 1999 ein Lied gemacht - animiertinsbesondere durch die vogtländisch-melodische Aussprache des Wortes«Maschendroahtzaun».
Tausende «Fans» aus ganz Deutschland strömten wochenlang in denHinterhainer Weg nach Auerbach, belagerten Zindlers Haus und feiertenin der Kälte Grillpartys auf der Straße. Anfangs hatte sich Zindlernoch zu Auftritten samt Schimpftiraden auf Nachbar Trommer hinreißenlassen, später verhallten die Rufe «Regina, Regina» ungehört.
Der Chemnitzer Marko Michel erinnert sich, dass aus sämtlichenTelefonbüchern in Auerbach die Seiten mit Trommer und Zindlerherausgerissen waren. Der heutige Wirtschaftsinformatiker wollte sichdamals als Student den Trubel selbst anschauen, allerdings bekam erdie Protagonistin nicht mehr zu sehen. Die Partystimmung imHinterhainer Weg drohte längst zu kippen. Hausfrau Zindlerkapitulierte vor dem Medienrummel, wurde von einem Privatsender ausihrem Haus geholt, woraufhin ein konkurrierender Sender seinevertraglichen Ansprüche an der Kultfigur Zindler anmeldete.
Die Vogtländerin schließlich verkaufte wenige Monate nach demMedienrummel ihr Anwesen samt Maschendrahtzaun und zog nach Berlin.Regina Zindler spiele in Auerbach keine Rolle mehr, sagtRathaussprecher Hagen Hartwig. Der Stadt habe die Geschichte damalsnicht geschadet, aber auch nicht genutzt. Sie bleibe nur ein Kapitelin der Stadthistorie.
Geschäftsleute und Hoteliers hätten nur kurzzeitig vonSouvenirverkauf und den vielen auswärtigen Übernachtungsgästenprofitiert. Nur noch ganz selten kämen jetzt Ausflügler in denHinterhainer Weg, um nach dem Maschendrahtzaun zu suchen. Den Zaunund auch den inzwischen umgepflanzten Knallerbsenstrauch gebe es abernoch immer, sagt Hartwig.
Auch Trommer lebe noch in seinem Haus in Auerbach, wolle aber mitdem Streit nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Regina Zindlerhabe vor allem die vogtländischen Frauen in ein völlig falsches Lichtgerückt, bedauert Hartwig. Bundesweit sei vorübergehend der Eindruckentstanden, alle Vogtländerinnen seien so zänkisch. In Auerbach sollZindler schon vor ihrem Fernsehauftritt wegen diverser Streitereienbekannt gewesen sein.
Vor zwei Jahren, zur 725-Jahr-Feier, habe das Rathaus trotzkritischer Stimmen Regina Zindler zum Festumzug eingeladen. Doch sielehnte ab, wollte nicht mit einer Rolle Maschendrahtzaun auf einemUmzugswagen stehen, sagt Hartwig. Sie wolle sowieso nichts mehr mitAuerbach zu tun haben und komme nicht mehr ins Vogtland zurück, hatsie ausrichten lassen.
Thomas Fischer, Reporter der «Dresdner Morgenpost», hat ReginaZindler noch einmal vor sechs Jahren in einem Plattenbaugebiet inBerlin-Lichtenberg ausfindig gemacht. Nach anfänglicher Abwehrplauderte die Vogtländerin dann mit dem Journalisten über ihrweitgehend anonymes Leben in der Bundeshauptstadt. «Regina Zindlerwar freundlich, entspannt. Ganz anders, als bei ihrenFernsehauftritten vor zehn Jahren», sagt Fischer.
Ihm fiel besonders auf, dass sich Zindler attraktiver kleidet:«Keine Spur mehr vom pinkfarbenen Jogginganzug oder dem Anorak ausden legendären Fernsehauftritten am Maschendrahtzaun.» Mit dem «ihreigenen spröden Charme» habe sie erzählt, dass sie von ihren Anteilenaus Stefan Raabs CD gemeinsam mit ihrem Mann einen Kleinwagen gekaufthat.
Auf die Stadt Auerbach, ihren ehemaligen Nachbarn Trommer, Raabund Richterin Salesch sei die Hausfrau aber nach wie vor nicht gut zusprechen gewesen, sagt Fischer. Sie fühle sich betrogen, vorgeführtund glaube sich noch immer im Recht: Der Knallerbsenstrauch gehörteweg, weil er in den Maschendrahtzaun wuchs und dieGrundstücksbegrenzung damit hätte beschädigen können. Dass sowohl dasAmtsgericht Auerbach als auch TV-Richterin Salesch die Sache andersbeurteilten, versteht die streitbare Vogtländerin auch im Nachhineinnicht. «Trotzdem scheint sie in Berlin ihren Frieden gefunden zuhaben», meint Reporter Fischer.