Extremismus Verschärfte Sicherheitslage: Demonstrationen verboten
Seit dem Angriff der terroristischen Hamas auf Israel hat die Polizei in Berlin bereits mehr als 30 Straftaten registriert - Tendenz steigend. In der Hauptstadt sind weitere Demonstrationen von Palästinenser-Organisationen geplant. Die Polizei rechnet mit weiteren Konflikten.
Berlin - Die Polizei geht von einer verschärften Sicherheitslage in Berlin aus nach dem Terrorangriff der palästinensischen Organisation Hamas auf Israel. Aus Sorge vor antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichung oder Gewalttätigkeiten hat sie pro-palästinensische Demonstrationen verboten. Ungeachtet dessen versammelten sich am Mittwochvormittag laut Polizei 30 bis 40 Menschen vor einer Schule in Neukölln. Dabei seien israelfeindliche Flugblätter verteilt worden, sagte ein Polizeisprecher. Am geplanten Versammlungsort einer weiteren verbotenen Demonstration verwiesen Polizisten am Nachmittag mögliche Demonstranten des Ortes.
Veranstalter kritisieren Demo-Verbot scharf
Rund 250 Menschen wollten laut Veranstalter unter dem Titel „Demo in Solidarität mit Palästina“ vom Richardplatz in Neukölln zum Kottbusser Tor in Kreuzberg ziehen. Ein Sprecher kritisierte die Entscheidung der Berliner Polizei und kündigte juristische Schritte an. Die Versammlung sei „mit rassistischer Begründung“ untersagt worden, schrieb die Initiative Palästina Kampagne im Internet. Das Verbot der Polizei verstoße gegen das Grundgesetz.
Am Mittwochvormittag hatte die Polizei auch mit Durchsagen darauf aufmerksam gemacht, dass die Kundgebung vor der Schule in Neukölln verboten worden ist. Nach Angaben des Polizeisprechers verließen aber nicht alle Menschen - überwiegend Schülerinnen und Schüler - freiwillig den Platz vor dem Gymnasium in der Sonnenallee, so dass von einigen die Personalien aufgenommen wurden.
Von Polizisten vor Ort seien am Mittwoch Flyer sichergestellt worden, in denen zum „Befreiungskampf“ aufgerufen werde, sagte ein Polizeisprecher. Der Inhalt werde nun vom polizeilichen Staatsschutz genauer geprüft. Die Flugblätter seien von mindestens zwei Menschen verteilt worden. Nach einem Bericht des „Tagesspiegels“ trugen sie den Titel „Palästina sprengt seine Ketten“.
An der Schule war es am Montag zu einem Vorfall im Zusammenhang mit dem Israel-Konflikt gekommen. Ein Schüler war mit einer Palästina-Fahne erschienen, woraufhin es eine gewaltsame Auseinandersetzung mit einem Lehrer gab. Eltern planten daraufhin die Demonstration, die von der Polizei verboten wurde.
Weitere Demonstrationen in Berlin
Für diesen Freitag rief die Hamas Muslime in der ganzen Welt zur Aktionen und Unterstützung auf. Für Donnerstag und Samstag sind weitere Demonstrationen von Palästinenser-Organisationen angekündigt: einmal der Gemeinde der Palästinenser in Berlin mit 200 Teilnehmern und dem Titel „Solidarität mit der Zivilbevölkerung“ am Potsdamer Platz. Und am Samstag vom Zentralrat der Palästinenser in Deutschland am Brandenburger Tor und dem Motto „Frieden in Nahost“.
Laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik wird noch geprüft, ob diese Demonstrationen problematisch sein könnten mit Blick auf möglichen Antisemitismus oder Unterstützung von Gewalttaten.
Direkte Auswirkungen der Lage in Nahost auf Berlin
Seit Samstag, dem Tag des Angriffs aus Israel, zählte die Berliner Polizei bislang mehr als 30 Straftaten wie verbotene Symbole, Plakate und Hetzreden. Dazu mehr als 30 Ordnungswidrigkeiten bei Demonstrationen. Bei allem gelte: „Tendenz steigend“. Auch das Verteilen von Süßigkeiten bei einer Freudenfeier von Palästinensern auf der Straße am Samstagabend in Neukölln erfülle den Anfangsverdacht für die Billigung von Straftaten.
Grundsätzlich gilt aus Sicht der Polizei, je schlimmer die Lage im Nahen Osten eskaliere, desto schwieriger werde es auch in Berlin mit einem nicht ganz kleinen Anteil an arabischstämmiger und besonders palästinensischer Bevölkerung. Bilder und Videos von Gegenschlägen der israelischen Armee und ihren Opfern finden über Internetportale und Chatgruppen in großer Menge und hoher Geschwindigkeit ihren Weg nach Berlin.
Propaganda in Sozialen Medien
Insbesondere die Propaganda in Sozialen Medien bereite ihm große Sorge, sagte der Autor und Psychologe Ahmad Mansour der Deutschen Presse-Agentur. Er sieht große Herausforderungen für die Schulen: Lehrerinnen und Lehrer müssten in der Ausbildung und durch entsprechende Lehrpläne befähigt werden, das Thema zu behandeln. In der aktuellen Situation empfahl er Lehrenden, Dialogplattformen zu schaffen, auf denen das Thema besprochen werden könne. „Außerdem sollten sie empathisch auf die Emotionen der Schülerinnen und Schüler reagieren, aber klare Grenzen ziehen, wenn es in Antisemitismus umkippt“, sagte Mansour.
Sympathien für die Terroristen von Hamas und Hisbollah
Nach Einschätzung der Integrationsbeauftragten von Berlin-Neukölln, Güner Balci, haben weite Teile der arabischsprachigen Bevölkerung dort Sympathien für die Terroristen von Hamas und Hisbollah. Das wisse sie aus zahlreichen Gesprächen, sagte Balci dem „Spiegel“. Nur unter Polizeischutz habe die Flagge Israels als Zeichen der Solidarität vor dem Neuköllner Rathaus gehisst werden können.
Balci forderte ebenso wie Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) ein Verbot der palästinensischen und israelfeindlichen Organisation Samidoun. „Die Gruppe ist in den sozialen Netzwerken sehr aktiv und erreicht so vor allem junge Menschen“, sagte Balci.