Marode Infrastruktur Verkehrssenatorin räumt Defizite bei Brücken ein
Am Berliner Funkturm droht wegen eines Brückenrisses eine Vollsperrung der Autobahn. Nun äußert sich die Verkehrssenatorin zum Gesamtzustand der Brücken – immerhin hat Berlin mehr davon als Venedig.

Berlin - Verkehrssenatorin Ute Bonde hat Mängel bei vielen Brücken in Berlin eingeräumt. „Der Zustand der Brücken ist nicht so, wie er sein sollte“, sagte die CDU-Politikerin bei einer Sitzung des Verkehrsausschusses im Abgeordnetenhaus. Deshalb plane der Senat einen Masterplan für Brückensanierung und -neubau für 2025 bis 2030. Dass wegen des Zustands mancher Brücken ein Verkehrskollaps drohe, sehe sie allerdings nicht.
„Uns liegt am Herzen, dass wir finanziell weiter so ausgestattet sind, dass wir die erforderlichen Maßnahmen treffen können“, sagte Bonde. Sie appellierte an den Bund, aus dem aktuell in Rede stehenden Sondervermögen für Infrastruktur in erheblichem Maße Geld auch für Ersatzneubauten für Brücken zur Verfügung zu stellen.
Bonde will Geld vom Bund
Nötig sei zudem eine längerfristige finanzielle Absicherung von Projekten, die über den zweijährigen Horizont von Doppelhaushalten hinausgehe. Grund seien lange Planungsphasen und Vergabeverfahren. In dem Zusammenhang forderte Bonde: „Wir brauchen eine Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung auf Bundes- und Landesebene.“
Berlin hat mehr Brücken als Venedig
Das Land Berlin bewirtschaftet nach letzten Angaben mehr als 850 Brücken, darunter viele Straßenbrücken. Hinzu kommen zahlreiche weitere solcher Bauwerke, die unter der Verantwortung etwa des Bundes oder der Bahn stehen. Unterm Strich sind es laut Verkehrsverwaltung mehr als 1.100 und damit mehr als doppelt so viele wie in Venedig. Schätzungen zufolge beträgt der Sanierungsstau etwa eine Milliarde Euro.
Im Ausschuss äußerten sich Abgeordnete mehrerer Fraktionen besorgt über den Zustand der Brücken. „Der Handlungsbedarf ist riesig“, sagte die Grünen-Politikerin Antje Kapek. Sie verwies auf eine Antwort der Verkehrsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage im Vorjahr, wonach etwa 65 Brückenbauwerke in Berlin in einem besonders schlechten Zustand sind. Hinzu kämen um die 70 Brücken, in denen potenziell problematischer Spannstahl verbaut sei, ähnlich wie bei der 2024 eingestürzten Carolabrücke in Dresden.
Drohende Vollsperrung an A100
Am Montag hatte die Autobahn GmbH Nordost des Bundes die Hauptstadt mit der Nachricht aufgeschreckt, dass wegen eines Risses an der 1963 gebauten Ringbahnbrücke am Autobahn-Dreieck Funkturm im schlimmsten Fall eine Vollsperrung droht. Bereits seit vergangener Woche kann am Übergang der A115 zur A100 in Richtung Norden nur noch eine Fahrspur genutzt werden. Folge sind Staus und stockender Verkehr.
Ob der vielbefahrene Abschnitt komplett gesperrt werden muss oder zumindest eine Spur offenbleiben kann, soll ein Gutachten zeigen. Dieses soll laut Autobahn GmbH in etwa zwei Wochen vorliegen. Bei einer Vollsperrung müsste der Verkehr weiträumig umgeleitet werden.
„Knall auf Fall“
Senatorin Bonde sagte im Ausschuss, dass sowohl die Nachricht zur Teilsperrung in der Vorwoche als auch die Nachricht zu einer möglichen Vollsperrung „Knall auf Fall“ gekommen, also nicht absehbar gewesen sei. Deshalb liege auch kein Konzept für eine andere Verkehrsführung in dem Bereich in der Schublade. „Wir können nicht für jede Straße und jede Brücke ein Verkehrskonzept mit Blick auf mögliche Vollsperrungen parat haben, das geht einfach nicht“, sagte Bonde. Nun werde aber mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet, zunächst, um die Staus an der Stelle schnellstmöglich abzubauen.