Verkehr Verkehr: Vor 175 Jahren fuhr erste Tram der Welt in New York

New York/dpa. - 1881, fast 50 Jahre später, ging im heutigenBerliner Stadtteil Groß-Lichterfelde die erste elektrischeStraßenbahn der Welt auf Jungfernfahrt.
Die «New York and Harlem Railroad» verband das südliche Manhattanmit Harlem, dem heutigen Zentrum des schwarzen Lebens im Big Apple.Damals galt der Stadtteil noch als ländlicher Vorort von Manhattan.Die Sommerwohnungen und wohlhabenden Bauernhöfe dort waren nur mitdem Dampfboot oder über holprige Straßen zu erreichen. Um die Fahrtzu erleichtern, gab die Stadt am 25. April 1831 dreizehnGeschäftsleuten grünes Licht für den Bau einer Bahnlinie, die - sodie Vorgabe - «Gegenstände und Personen mit der Kraft von Dampf,Tieren oder einem mechanischen Antrieb» transportieren und befördernsollte.
1863 übernahm US-Eisenbahnkönig Cornelius Vanderbilt mit einemgeschickten Börsencoup die Führung der Unternehmens. Gemeinsam mitseinem Sohn William trieb er den Ausbau des Gleisnetzes voran underrichtete ein für damalige Verhältnisse hochmodernesBetriebsgebäude. Es gab Garagen für 120 Trambahnen, Stellplätze für906 Pferde, ein eigenes Hospital für lahme und kranke Tiere sowieeine Reinigungs- und Belüftungsanlage. «Es lässt sich feststellen,dass damit die Luft immer rein und frei von unangenehmen Gerüchen zuhalten ist», lobte eine Lokalzeitung. Die letzte Pferdebahn wurdeerst 1919 ausrangiert.
Inzwischen hatten freilich schon längst modernere Zeiten Einzuggehalten. Ein Teil der Gleise wurde unterirdisch verlegt und bildeteden Grundstock für das heute riesige New Yorker U-Bahn-Netz. VieleBahnen wurden auf Dampfbetrieb umgestellt, eine lief nach dem Vorbildvon San Francisco als Kabelbahn. Mit dem Wechsel auf denElektroantrieb freilich hatten die New Yorker ihre Schwierigkeiten.
Noch im Mai 1888 lehnte der Ältestenrat mit 14 zu 10 Stimmen eineUmrüstung auf die neue Technik ab. Er habe umfangreichenaturwissenschaftliche Kenntnisse und wisse, dass Elektromotorengefährlich seien, sagte der demokratische Senator Dowling laut einemZeitungsbericht. Erst ein halbes Jahr später konnte die erste Linieprobeweise auf Elektrobetrieb umstellen - sie kehrte vorübergehendallerdings nochmals zur «Horse-Power» zurück.
Heute gibt es in New York längst keine Straßenbahnen mehr. In denengen Häuserschluchten hat der zunehmende Autoverkehr die gemütlicheZockelbahn verdrängt. Und die täglich rund vier Millionen U-Bahn-Nutzer sind auf leistungsfähigere Verkehrsmittel angewiesen. Weltweitbeobachtet der internationale Verband für öffentliches VerkehrswesenUITP allerdings eine Renaissance der Straßenbahn. Außerhalb derMillionenstädte ist sie oft eine umweltfreundliche Alternative zurteuren U-Bahn.
In New York hatte die Tram spätestens da keine Chance mehr, alsder frühere Bürgermeister Fiorello LaGuardia einmal in einer engenStraße Brooklyns hinter einer Straßenbahn feststeckte. Der alszupackend bekannte Republikaner schwor, die Stadt «trolley»-frei zumachen. Am 6. April 1957 fuhr die letzte Tram über die QueensboroBridge. «Die einzige Konstante in dieser langen Geschichte ist, dasses in den Stoßzeiten nie genug Sitzplätze für die Fahrgäste gab undauf den Straßen nie genug Platz für die Bahnen», befand die «New YorkTimes» rückblickend.