Verhaltensstörung Verhaltensstörung: Wenn der Hund juckt und kratzt
Halle (Saale)/MZ. - Wenn sich der Hund ständig kratzt, kann dies viele Ursachen haben. Besitzer sollten das Tier in jedem Fall von einem Tierarzt untersuchen lassen. FOTO: DPA
Der Labrador kratzt sich schon seit dem frühen Morgen. Sein ganzer Körper scheint zu jucken, die Haut sieht jedoch normal aus. Seine Besitzerin hat schnell einen Verdacht, woher der plötzliche Juckreiz kommen könnte: Sie hat ihm ein anderes Fressen gegeben. Beim Tierarzt bekommt Charlie eine Cortison-Injektion, das Futter wird umgetauscht, dem Hund geht es schnell wieder gut.
"Wenn sich ein Hund leckt und kratzt wie verrückt, sollte man auf jeden Fall zum Doktor fahren", rät der Tierarzt Jörg Zinke aus Bremerhaven. Hautkrankheiten sind bei Hunden keine Seltenheit, die Ursachen sind verschieden. Der Hund kann eine Allergie, sich verletzt oder infiziert haben. Parasiten können sich auf ihm niedergelassen haben, auch Verhaltensstörungen sind möglich.
Um der Ursache auf die Spur zu kommen, befragt der Tierarzt den Besitzer ebenso ausführlich wie er den Hund untersucht. So kann eine Futterumstellung eine Allergie auslösen und Flohkot im Fell auf ungebetene Gäste hinweisen.
"Flohkot verfärbt sich rot, wenn man ihn mit einem feuchten Tuch auftupft. Das ist verdautes Blut", erklärt der Tierarzt Thomas Steidl aus Tübingen. Flöhe und Milben gehören zu den häufigsten Parasiten bei Hunden, sie vermehren sich rasant. "Aus einem Floh werden nach vier Wochen 2 500 Flöhe, nach acht Wochen sind es schon 25 000", rechnet Zinke vor.
Der Vorteil beim Parasitenbefall: Er kann mit Medikamenten meist gut behandelt werden. Gegen Würmer helfen entsprechende Mittel, mit sogenannten "Spot On"-Präparaten werden Zecken, Milben und Flöhe bekämpft. Fast alle Milbenarten leben in der Haut ihres unfreiwilligen Gastgebers und können dem giftigen Präparat nicht entfliehen. Zecken können mit einer Zeckenzange entfernt werden.Bei Flöhen kann es problematischer werden. Zum einen können auch diese Blutsauger Krankheiten übertragen. Außerdem bleiben sie nur so lange auf einem Lebewesen, wie sie Hunger haben. Dann ziehen sie sich zum Beispiel auf den Teppich zurück und sorgen dort für Nachwuchs. "Von dort aus kommen dann immer wieder neue Flöhe", sagt Tierarzt Steidl. Normalerweise bedeutet gründliches Saugen das Aus für Flöhe, der Staubsaugerbeutel sollte sofort in die Mülltonne wandern. Sind die Flöhe danach immer noch in der Wohnung, hat der Tierarzt entsprechende Mittel parat.
Vor allem Hunde mit einer Vorliebe für die Igeljagd bringen oft Flöhe mit nach Hause. Sie sollten vorbeugend etwa einmal im Monat mit dem entsprechenden Präparat behandelt werden.
Schwierig kann die Behandlung bei Allergien werden, die auch bei Hunden zunehmen. "Ursachen sind meist das Futter und Hausstaubmilben", sagt Zinke. Er behandelt die meisten Allergien mit alternativen Methoden. Bewährt hat sich nach seiner Erfahrung eine Eigenbluttherapie, die Erfolgschancen lägen bei 80 Prozent.
Auch der Darm als größtes Abwehrorgan des Körpers kann bei Allergien eine Rolle spielen, die Naturheilkundler nehmen ihn deshalb besonders unter die Lupe. "Bei der klassischen Medizin gibt es gegen Allergien eigentlich nur Cortison.
Damit wird aber nur die Reaktion des Körpers unterdrückt, außerdem hat Cortison Nebenwirkungen", erklärt Zinke. Sein Kollege Steidl ist dagegen kein Anhänger der Naturheilkunde. Er sehe immer mehr Hunde, die mit der "Bienchen- und Blümchenmedizin" falsch behandelt worden seien und leiden würden, sagt er. Bei einer klassischen Behandlung von Allergien wird zunächst geschaut, ob sich die Ursache vermeiden lässt.
Mögliche Behandlungen sind Waschungen mit speziellen Shampoos, auch Antihistaminika können helfen. Bei einer Futtermittel-allergie ist eine Diät sinnvoll. Dabei wird Fleisch gefüttert, das für das Tier fremd ist - etwa vom Wild oder Pferd. Sehr aufwendig ist die Behandlung bei Verhaltensstörungen. "Bevor eine solche Therapie begonnen wird, muss vorher körperlich alles untersucht sein", stellt die Fachtierärztin für Verhaltenstherapie, Barbara Schöning aus Hamburg, klar.
Der Alltag des Hundes wird durchleuchtet. Wann leckt er sich am häufigsten? Wenn er alleine ist oder wenn viele Menschen in der Wohnung sind? Was ist für den Hund Stress? "Wir versuchen dann, den Teufelskreis, in dem der Hund steckt, zu durchbrechen", erklärt sie. Er soll auch mit Hilfe eines Gewöhnungstrainings lernen, mit Stress umzugehen. So kann zum Beispiel der Besitzer den Hund auf sich konzentrieren, wenn der gefürchtete Bus lautstark an dem Tier vorbeibrummt.
Das kann den Stress für den Hund verringern. Nach einer erfolgreichen Therapie hat er das Lecken - vergleichbar mit dem beruhigenden Daumennuckeln bei Menschen - nicht mehr nötig.