Auto Vereinzelt Auseinandersetzungen bei Protest zum Tesla-Werk
Nach chaotischen Szenen am Freitag bei Anti-Tesla-Protesten in Grünheide ging es am Samstag weiter. Dieses Mal sind die Proteste laut Polizei deutlich friedlicher. Doch ganz ruhig bleibt es nicht.
Grünheide - Bei einem Demonstrationszug zur Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin ist es laut Polizeiangaben am Rande vereinzelt zu Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern und Einsatzkräften gekommen. Es sei zudem Pyrotechnik gezündet worden, teilte die Polizei am Samstag mit. Der Aufzug sei aber bis zum Abend weitestgehend ohne größere Störungen verlaufen.
Bis 19.00 Uhr sei eine Person in Gewahrsam genommen worden, hieß es. Vier Anzeigen seien aufgenommen worden, unter anderem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Ein Polizist sei leicht verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Angaben zu möglicherweise verletzten Protestteilnehmern könne er nicht machen. Am Abend sei die Lage zunächst entspannt gewesen. Man beobachte aber das Geschehen an den Camps.
Mehr als 1000 Umweltaktivisten hatten nach Polizeiangaben mit dem Demozug gegen Tesla protestiert. Vom Bahnhof Fangschleuse zogen sie am Samstag ab etwa 14.30 Uhr in Richtung der einzigen europäischen Autofabrik von Firmenchef Elon Musk.
Eine Auseinandersetzung zwischen einzelnen Protestteilnehmern und der Polizei gab es zuvor, als etwa 500 Aktivisten Richtung Startpunkt der Demo zogen, wie die Polizei mitteilte. Einsatzkräfte hätten diesen Zug begleitet. Im Zuge der Auseinandersetzung sei es zur Anwendung von „einfacher körperlicher Gewalt“ durch die Beamten gekommen.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hofft auf einen Ausbau der Produktion von Tesla. Brandenburg habe einen riesigen Boom und großes Wirtschaftswachstum, sagte Scholz am Samstag bei einer Talkrunde des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) auch mit Blick auf die Tesla-Fabrik. „Ist zwar umstritten, wie wir merken, aber ich hoffe, sie wird ihre Produktion noch weiter verdoppeln.“
Mehrere Organisationen hatten zu den Protesten aufgerufen. Mit der Demonstration gegen Tesla wollen sie vor Gefahren für die Umwelt warnen, sie kritisieren aber auch andere Autobauer. Bei dem Protest riefen manche: „Runter mit der Aktie, hoch mit dem Wasserschutz!“ Die Stimmung war angespannt, nachdem es am Freitag zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen war.
„Diesem System ist es egal, ob Tesla, VW oder Mercedes – Autokonzerne und ihre politischen Befürworter sind verantwortlich für den Ausverkauf unserer Lebensgrundlagen“, sagte die Sprecherin der Organisation Disrupt Tesla („Tesla stören“), Lucia Mende, vor der Demonstration. „Das müssen wir verhindern und das werden wir verhindern.“
Die Bürgerinitiative Grünheide warf Tesla und der Brandenburger Landesregierung vor, die Interessen der Menschen in der Region nicht genug zu beachten. „Man zieht das durch, man hört nicht auf die Befindlichkeiten der Menschen vor Ort“, sagte Sprecher Steffen Schorcht. „Es dient ausschließlich den Interessen von Tesla.“ Er zeigte Verständnis für die Proteste. „Wenn man kämpft und immer wieder gegen die Mauer rennt und nicht mehr weiß, was man noch machen kann, dann bleiben mitunter nur Maßnahmen des zivilen Ungehorsams.“
Tesla-Chef Musik zeigt sich irritiert
Das Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“ sieht Gefahren für das Grundwasser. „Teslas Luxusautos verschmutzen und verbrauchen weltweit knappes Trinkwasser“, sagte Sprecherin Karolina Drzewo. Sie kritisierte, dass eine Erweiterung des Werks inklusive Waldrodung weiterhin geplant sei, obwohl die Mehrheit der Bürger bei einer Befragung in Grünheide dagegen gestimmt habe. Das Bündnis fordert eine Abkehr vom „ineffizienten und klimaschädlichen Individualverkehr“.
Tesla-Chef Elon Musk zeigte sich irritiert. „Es passiert etwas sehr Seltsames, da Tesla als einziger Autokonzern angegriffen wurde!“, schrieb er auf dem Portal X. Das Wort „einziger“ umrahmte er mit Sternchen. Tesla produziert seit 2022 in Grünheide Elektroautos. Das Unternehmen hat Vorwürfe zur Verschmutzung von Wasser stets zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass der Wasserverbrauch zurückgegangen sei und außerdem unter dem Branchendurchschnitt liege.
Auf der Autobahn 10 war die Anschlussstelle Freienbrink nach Angaben der Beamten in beide Fahrtrichtungen gesperrt. Eine Demo, die auf der Brücke der Anschlussstelle angemeldet war, wurde laut Polizei verboten, unter anderem weil Fahrerinnen und Fahrer auf der Autobahn davon hätten abgelenkt werden können.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) machte bei einem Besuch der Polizei am Samstag deutlich: „Klar ist aber auch, dass jegliche Form von Gewalt nicht geduldet wird“, wie sein Ministerium bei X schrieb.
Am Freitag hatte es Tumulte am Rande des Tesla-Werksgeländes gegeben. Mehrere Aktivisten hatten versucht, auf das Gelände vorzudringen, die Polizei stoppte dies. Protestteilnehmer und Beamte gerieten aneinander. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Mehrere Teilnehmer sowie 21 Einsatzkräfte wurden laut Polizei verletzt, 16 Menschen kamen zunächst in Gewahrsam. Tesla hatte am Freitag nicht produziert - das hatte nach Angaben einer Sprecherin aber mit dem Brückentag nach dem Feiertag Christi Himmelfahrt zu tun.
Das Autowerk ist das einzige von Firmenchef Elon Musk in Europa. Die Aktionen mehrerer Gruppen, die seit Mittwoch dauern, sollen bis zum Sonntag weitergehen. Sie richten sich auch gegen die geplante Erweiterung von Tesla mit Güterbahnhof, wofür Wald gerodet werden soll, sowie gegen die Produktion von Elektroautos generell. Bei einer Bürgerbefragung in Grünheide stimmte eine Mehrheit gegen die Erweiterung, danach signalisierten die Gemeinde und Tesla, dass weniger Wald gerodet werden soll.
Der US-Autohersteller musste nach einem Brandanschlag auf einen Strommast im März die Produktion in seiner Fabrik in Grünheide für einige Tage stoppen. Zur Tat hatte sich eine linksextremistische Gruppe bekannt. In der Nähe des Autowerks protestieren seit Ende Februar Klimaaktivisten in einem Camp mit Baumhäusern gegen die geplante Erweiterung und die Rodung von Wald. Die Polizei will erreichen, dass die Baumhäuser abgebaut werden. Derzeit läuft deshalb noch ein Rechtsstreit.