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US-Justiz US-Justiz: Mörder überlebt Todesspritze

Von DIETMAR OSTERMANN 07.10.2009, 17:42

WASHINGTON/MZ. - Zwei Stunden lang hatte damals das Hinrichtungsteam vergeblich versucht, im Körper des 53-jährigen Afroamerikaners, der wegen Vergewaltigung und Ermordung einer 14-Jährigen zum Tode verurteilt worden war, eine geeignete Vene zu finden. Dann wurde die Exekution abgebrochen.

Mit 18 Stichen, geschwollenen Armen und schmerzenden Beinen war Broom der erste Todeshäftling in den USA, der die Hinrichtungszelle nach einer verpatzten Giftinjektion lebend verließ. Inzwischen schlägt der Fall Wellen.

Zumindest in Ohio gilt faktisch ein Moratorium, seit ein Bundesgericht am Montag die für heute geplante Hinrichtung von Lawrence Reynolds ausgesetzt hat. Ausdrücklich beriefen sich die Richter dabei auf "beunruhigende Fragen", welche die zweistündigen Qualen des Romell Broom aufgeworfen hätten. Eine dieser Fragen lautet nach Ansicht des Gerichts, ob die in Ohio wiederholt von schweren Pannen begleiteten Giftexekutionen einen Verstoß gegen das Verfassungsverbot grausamer und ungewöhnlicher Strafen darstellen. Der Oberste Gerichtshof der USA hatte dies im April 2008 in einem Grundsatzurteil eigentlich verneint.

Allerdings hieß es in der Urteilsbegründung, eine "hypothetische Situation", bei der es zu einer "Serie" fehlgeschlagener Hinrichtungsversuche komme, würde "einen anderen Fall darstellen". Man werde Hinrichtungen nur stoppen, wenn ein Todeskandidat ein "demonstriertes Risiko schwerer Schmerzen" nachgewiesen habe.

Das halten Kritiker im Fall Broom für gegeben. In einer eidesstattlichen Erklärung hat der Häftling Nummer 187 343 inzwischen geschildert, wie er am 15. September die quälenden Stunden erlebt hat: Zunächst habe eine Krankenschwester drei Mal versucht, für die Giftinjektion eine Vene in der linken Armbeuge zu finden. Dann versuchte es ein Pfleger rechts. "Beim ersten Mal traf er eine Vene, doch der Katheder fiel herunter", gab Broom zu Protokoll.

Beim siebenten Versuch stach die Schwester an anderer Stelle zu. "Sie muss einen Muskel getroffen haben, denn ich habe vor Schmerzen geschrien", erinnert sich der Todeshäftling: Der Chef des Todesteams empfahl eine weitere Pause." Die Krankenschwester habe warme Handtücher auf seine schmerzenden Arme gelegt. Auch Stiche in die Hand blieben erfolglos: "Da bin ich wütend geworden. Ich habe geweint." Schließlich habe man an Waden und Füßen nach Venen gesucht, offenbar aber einen Knochen getroffen. "Ich schrie", schrieb Broom, "mir ging es elend." Als die Tortur nach zwei Stunden und 18 Stichen abgebrochen wurde, bot ein Wärter dem Häftling , der längst tot sein sollte, einen Kaffee und eine Zigarette an.

Brooms Anwälte argumentieren, es sei grausam, ihren Mandanten einer zweiten Giftinjektion zu unterziehen. Ende November will sich ein Bundesgericht erneut mit dem Fall befassen. Für Richard Dieter, Direktor des kritischen Death Penalty Information Center, bieten die makabren Vorgänge in der Todeszelle von Lucasville hinreichend Anlass für eine neue Verfassungsklage.