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Urteil Urteil: Lebenslange Haft für Ulrikes Mörder

20.11.2001, 10:18
Ein Beamter öffnet Stefan Jahn die Fußfessel.
Ein Beamter öffnet Stefan Jahn die Fußfessel. dpa

Frankfurt(Oder)/dpa. - Die Verteidigung hatte wegen Totschlags im Affekt auf 15 JahreHaft plädiert. Jahns Anwälte wollen nun einen Antrag auf Revisionprüfen. Verteidiger Rolf Hilke sagte aber, «wenn man der Logik desUrteils folgt, kann man es durchaus vertreten».

Jahn hatte Ulrike am 22. Februar unweit ihres Elternhausesangefahren, dann verschleppt, missbraucht und mit ihrem Schalerwürgt. «Er erdrosselte sie kaltblütig, weil er einer Bestrafungentgehen wollte», sagte die Vorsitzende Richterin Jutta Hecht. DasGericht sprach Jahn wegen Mordes, Vergewaltigung, Kindesmissbrauchs,Freiheitsberaubung, Diebstahl und Brandstiftung schuldig. DerSozialhilfeempfänger zeigte bei der Verkündung des Urteils keineRegung. Wie an den vorangegangenen 13 Prozesstagen saß der 25-Jährigemit gesenktem Blick und hängenden Schultern.

Ulrikes Eltern, die den Prozess als Nebenkläger verfolgten,wirkten erleichtert und erschöpft. Ihre Tochter wäre am 1. Dezember13 Jahre alt geworden. «Wenn lebenslänglich wäre, was es heißt, wäreich zufrieden», sagte die Mutter Kerstin Brandt. «Es wäre vielleichteine Art Versöhnung möglich gewesen, wenn er von Anfang an ein vollesGeständnis abgelegt hätte», sagte sie über den Mörder ihres Kindes.Sie bedankte sich für die Anteilnahme, die ihre Familie aus ganzDeutschland erhalten habe. 850 mitfühlende Briefe hätten sieerhalten.

Der Vater, Detlef Brandt, fügte hinzu: «Das rechtlich Mögliche istgetan; was es für mich bringt, muss ich abwarten.» Anwalt Gysikritisierte die Inkonsequenz, die die Justiz gegenüber Jahnangesichts dessen langer krimineller Karriere an den Tag gelegt habe.

Die Opferschutzorganisation Weisser Ring warnte nach dem Urteildavor, die Eltern mit ihrem Schmerz allein zu lassen. «Klar ist, dassdie Anspannung erst einmal weg ist. Das heißt aber nicht, dass sienun in ein normales Leben zurückkönnen», sagte Helmut Rüster vomWeissen Ring (Mainz) der dpa. Bekannte und Freunde müssten den Elterndes ermordeten Mädchens nun mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) nahm dasUrteil erleichtert auf. «Indem das Gericht die besondere Schwere derSchuld des Mörders Stefan Jahn festgestellt hat, hat es die einzigmögliche Konsequenz aus diesem brutalen Verbrechen an einemunschuldigen Kind gezogen. Die Justiz hat damit das ihr Möglichegetan, um diesen entsetzlichen Mord zu sühnen.»

Die Richterin begründete die besondere Schwere der Schuld mit derBrutalität und Erbarmungslosigkeit Jahns. Der Mann habe mit direktemVorsatz und hoher krimineller Energie gehandelt. Bei derVergewaltigung habe er von dem Mädchen nicht abgelassen, obwohl eswegen schwerer Unterleibsverletzungen stark blutete und schrie; vorder Tötung habe er es gefesselt. Es sei ein Ausdruck «erheblicherKaltschnäuzigkeit», dass er den Entführungsort zwei Tage späteraufsuchte und dort die Polizei bei der Fahndung beobachtete. EineSicherungsverwahrung sei aber nicht möglich, weil Jahn kein Hang zuderlei Taten im Sinne eines Verhaltensmusters nachzuweisen sei.