Urlaub am Meer Urlaub am Meer: Feuerquallen sind gefährlich, Ohrenquallen harmlos

Stralsund/Rostock/dpa. - Sie sind glibbrig, durchscheinend und schweben majestätisch wie kleine Raumschiffe durch ihr Universum. An den Quallen scheiden sich die Geister: Für die einen sind sie geheimnisvolle Urwesen von faszinierender Schönheit. Für die anderen - darunter wohl die meisten der Ostseestrandbesucher - sind die Tiere nur eklig, zuweilen giftig und unberechenbar. Dabei fürchten sie sichvor dem Nesselgift der Schlabberwesen.
«Diese Angst ist an der Ostsee in den meisten Fällen unbegründet», gibt der Meeresbiologe vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund, Götz-Bodo Reinicke, Entwarnung. Die bis zu Teller großen, in der Ostsee heimischen Ohrenquallen sind für den Menschen ungefährlich. Die «Durchschlagskraft» der Nesselpfeile ist für die menschliche Haut viel zu gering. «Ihr Giftcocktail ist nur für kleine Planktonkrebse tödlich», erklärt Reinicke.
Lediglich die orange-bräunliche Feuerqualle mit ihren zum Teilmeterlangen Tentakeln kann zu wirklich unangenehmen Rötungen undbrennnesselartigen Schmerzen führen. Nur ist die in der Nordseebeheimatete Feuerqualle ein Zaungast in der Ostsee und gelangt miteinströmendem Tiefenwasser aus der Nordsee auch manchmal bis an dieOstseestrände. «Eine eigene Population der Feuerqualle gibt es aufGrund des vergleichsweise geringen Salzgehaltes in der Ostsee nicht.»
Während im Mittelmeer fast jährlich vor einer Masseninvasion derNesseltiere gewarnt wird, ist die Ostsee nur in größerenZeitabständen von Quallenplagen betroffen. Der Grund: In der Ostseesind die Bedingungen für die überwinternde Polypengeneration - ausdenen die Quallen entstehen - nicht gleich bleibend günstig. Nur inwarmen Wintern wie im vergangenen Jahr können sie gut überleben.
Deshalb könnte nach Ansicht des Forschers Reinicke auch der Sommer 2007 ein Quallenjahr an der Ostsee werden: «Angesichts des milden Winters würde mich eine starke Zunahme der Quallenpopulation in diesem Sommer nicht überraschen», berichtet er. Durch die hohen Wintertemperaturen und das frühe milde Frühjahr konnte sich das Plankton - Nahrungsgrundlage der Quallen - in den vergangenen Monaten prächtig entwickeln. Das letzte explosionsartige Auftreten der Ohrenquallen verzeichneten die Forscher im Jahr 2003.
Neben den beiden Nesseltierarten der Ohren- und Feuerquallegleiten noch fünf weitere Rippenquallenarten durch die Ostsee. Die Rippenquallen - ein eigener Tierstamm - verfügen im Gegensatz zu denNesseltieren teilweise über meterlange, filigrane Fangarme, sogenannte Leimruten, ohne Nesselkapseln.
Der jüngste Eindringling, die Mnemiopsis leidyi, die erst imHerbst 2006 erstmals in der Ostsee gesichtet wurde, hat es sichmittlerweile in dem salzarmen Gewässer gemütlich gemacht: Aufjüngsten Tauchgängen entdeckten Forscher des Instituts fürOstseeforschung in Warnemünde den Zuwanderer in größerenPopulationsdichten vor der deutschen Ostseeküste.
Noch sind sich die Forscher nicht sicher, welcheVerbreitungsdichten der Neumieter in der Ostsee erreichen kann. «DieMnemiopsis östlich des Darß hat keine natürlichen Feinde», berichtetder Meeresbiologe Lutz Postel vom Institut.
Den Ruf als «Ekelpaket» verdient die Qualle nach Postels Meinungnicht. «Die Tiere sind hocheffizient, ungemein wandlungsfähig undübernehmen eine wichtige Funktion im Ökosystem der Ostsee.» Die Wesen reinigen quasi als «Meerespolizei» durch das Vertilgen von Planktondas Wasser. «Weil sie den Großteil der gewonnenen Energie in Bewegungund nicht körpereigene Substanz umsetzen, hinterlassen sie nach demAbsterben wenig organische Substanz», erklärt Postel.