Jahrhundertregen Unwetter-Videos vom Regen-Drama in Berlin

Berlin - Ausnahmezustand in Berlin: Die Hauptstadt ist nach stundenlangem heftigen Regen am Donnerstag fast weggeschwommen. Weder Meteorologen noch die Wasserbetriebe haben ein solches Unwetter schon einmal erlebt.
Videos im Internet zeigen die plötzliche Berlin-Flut in allen Varianten: Eine Frau versinkt inmitten einer tiefen Regenpfütze bis zur Hüfte im Gulli, weil der Deckel weggeschwommen und das Loch nicht zu sehen ist.
Wasserfälle ergießen sich U-Bahn-Treppen hinunter, Stationen schließen, Strecken bleiben gesperrt. Unter den S-Bahn-Brücken an der Yorkstraße nehmen es Berliner Jungs mit Humor. Ein Mann hat sein Schlauchboot an ein Auto gebunden und lässt sich durch den Regensee ziehen. Ein anderer krault in der Badehose vergnügt über die Kreuzung.
Tief Rasmus - Jahrhundertregen geht über Berlin nieder
Für Berlin ist es ein Jahrhundertregen, sagen Experten. „So viel Regen habe ich noch nie erlebt“, sagt Meteorologe Thomas Dümmel an der Freien Universität. In weniger als einer halben Stunde platschen an der Uni fast 18 Liter Wasser in eine der ältesten Messstationen der Stadt. Das letzte Mal gab es hier am 14. August 1948 einen Rekord: 127,7 Liter Regen pro Quadratmeter.
„Rasmus“ heißt das Tief, das diese Niederschlagsmassen mit sich bringt. „Noah“ wäre passender gewesen, heißt es beim Deutschen Wetterdienst. Am Freitag melden die Berliner Wasserbetriebe für die Bezirke Spandau und Wilmersdorf rund 150 Liter pro Quadratmeter in weniger als 24 Stunden.
„Niemand bei uns hat so etwas schon einmal gesehen“, sagt Sprecher Stephan Natz. Normal für Berlin seien 580 Liter pro Quadratmeter - im Jahr. Solche Regenmassen in so kurzer Zeit auf einen Fleck kämen statistisch gesehen nur alle 100 Jahre vor.
Einsatzkräfte nehmen so manchen beim Unwetter mit Humor. Wer nach dem „Tauchgang mit dem Auto in der Holzhauser Straße“ sein Kennzeichen vermisse - sie hätten rund 20 Stück gesammelt, twittert die Polizei am Freitag.
Die Werbekampagne der Berliner Verkehrsbetriebe „Weil wir dich lieben“ nahm den Regen mit ganz trockenem Humor: „Trotz der aktuellen Wetterlage werden wir unseren Fährverkehr nicht auf die Innenstadt ausweiten“, lautete ihre Botschaft.
Unwetter über Berlin: Stadt im Ausnahmezustand
Weniger lustig sind die Regenmassen für Menschen, die im Stadtteil Charlottenburg zeitweise ihr unterspültes Haus verlassen müssen. Statiker gehen auf Nummer sicher, bevor sie wieder Entwarnung geben. Flüge fallen aus, auf der Stadtautobahn und an überfluteten Kreuzungen stauen sich die Autos. Wer es nach Hause geschafft hat, bleibt auch dort. Viele Straßen bleiben bis Freitagmorgen fast gespenstisch leer.
Die Feuerwehren fahren 24-Stunden-Schichten mit mehr als 1300 Kollegen an den Pumpen. 1750 Einsätze sind es bis Freitagmittag, der Ausnahmezustand wird nicht aufgehoben. Seit dem Sturm „Anita“ im Jahr 2002 habe es das nicht mehr gegeben, sagt ein Feuerwehrsprecher. Und es gibt die dringende Bitte, sich bei weniger als fünf Zentimeter Wasser im Keller doch erst einmal selbst zu helfen. In einem Baumarkt sind die Tauchpumpen Freitagmorgen kurz nach der Öffnung schon ausverkauft.
Bei der Hausverwaltung Proline in Schöneberg gehen bis Freitagmittag Hilferufe aus vielen Häusern im Südwesten der Stadt ein. „Manche Hausbewohner haben einfach nicht die Ausnahmesituation eingesehen“, berichtet Prokurist Thomas Engel. „Ich musste einem Akademiker erklären, daß sein Hofgully nicht ablaufen kann, wenn der Kanal in der Straße voll ist.“
Am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat die Analyse begonnen. „Langsam ziehende Tiefdruckgebiete über Mitteleuropa können in den Sommermonaten Starkniederschläge mit lokalen Überschwemmungen verursachen“, sagt Meteorologe Peter Hoffmann. Bislang seien solche Ereignisse eher selten gewesen, in den vergangenen Jahrzehnten häuften sie sich allerdings. Hoffmann sieht den Klimawandel als Ursache, dass sich Luftströmungen über Europa verändern - und Extreme begünstigen.
Bei den Wasserbetrieben, deren Kanäle und Kläranlagen in der Nacht hoffnungslos übergelaufen sind, sieht Sprecher Stephan Natz für den Moment aber wenigstens etwas Positives. „Die Natur hat den Regen dringend gebraucht. Wir hatten ja Niedrigwasser.“ Jetzt nicht mehr. (dpa)