Unglück bei Lyon 2003 Unglück bei Lyon 2003: Prozess endet mit einem Freispruch

Hannover/dpa. - «Wir konntennicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass derAngeklagte den offensichtlich übermüdeten Fahrer eingeteilt hat»,sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Rosenbusch am LandgerichtHannover.
Der Doppeldeckerbus eines Reiseunternehmens aus Wunstorf beiHannover war am Morgen des 17. Mai 2003 auf dem Weg ins spanischeLloret de Mar in Frankreich ins Schleudern geraten. Er durchbrachein Brückengeländer und überschlug sich mehrmals. Unter den 28Getöteten war auch der Busfahrer. 46 Reisende wurden zum Teil schwerverletzt. «Wir wissen immer noch nicht genau, was an demUnglücksmorgen passiert ist. Es gibt aber Anhaltspunkte, dass derFahrer übermüdet war», erläuterte der Richter.
Die Staatsanwaltschaft hatte den 43-Jährigen zur Verantwortungziehen wollen, weil dieser als «faktischer Geschäftsführer» denüberlasteten Fahrer eingeteilt hatte. Dies ließ sich laut Gerichtaber nicht beweisen. Der 53 Jahre alte Busfahrer und offizielle Chefdes Unternehmens habe eigenmächtig kurzfristig die Dispositionumgeworfen und sich für die Fahrt nach Spanien eingeteilt,begründete die Kammer ihre Entscheidung.
Zudem ließ sich die Aussage eines führenden Mitarbeiters nichtwiderlegen, der angegeben hatte, er selbst und nicht der Angeklagtehabe die Einteilung vorgenommen. «Diesem Entlastungszeugen glaubeich einfach nicht», sagte Staatsanwalt Ralf Eitner. DerUnglücksfahrer sei lediglich auf dem Papier der Chef undausschließlich als Fahrer und Mechaniker tätig gewesen. DieAnklagevertretung wolle das Urteil überprüfen und gegebenenfallsRevision beantragen.
Nach dem Freispruch für ihren Mandanten warf die Verteidigung derStaatsanwaltschaft am Montag eine «einseitige Ermittlung» vor. «Wirhaben Beweise, dass der Bus von einem anderen Fahrzeug abgedrängtworden ist. Diesen Ansätzen ist die Staatsanwaltschaft aber nie mitder nötigen Konsequenz nachgegangen», sagte die Anwältin desAngeklagten, Lilian Teuschler. Die französischen Behörden hatten denFahrer dieses Wagens nicht ermitteln können.
Eine Besonderheit des Prozesses war eine Vorgabe desOberlandesgerichts Celle. Demnach musste das Landgericht Hannoverzunächst über die mögliche Geschäftsführertätigkeit des Angeklagtenentscheiden, bevor das eigentliche Unfallgeschehen Gegenstand derVerhandlung werden konnte.