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Unfall im Hamburger Hafen Unfall im Hamburger Hafen: Havarierter Tanker hat die halbe Ladung verloren

01.07.2004, 06:11
Das gekenterte Tankschiff «ENA 2» hängt am Donnerstag (01.07.2004) am Haken des Schwimmkrans Enak im Hamburger Hafen. Taucher haben am Donnerstag die Untersuchung des gekenterten Schwefelsäure-Tankers fortgesetzt. (Foto: dpa)
Das gekenterte Tankschiff «ENA 2» hängt am Donnerstag (01.07.2004) am Haken des Schwimmkrans Enak im Hamburger Hafen. Taucher haben am Donnerstag die Untersuchung des gekenterten Schwefelsäure-Tankers fortgesetzt. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Aus dem im Hamburger Hafen havarierten Chemie-Tanker «ENA 2» ist weit mehr Schwefelsäure ausgeströmt als bisher angenommen. Nach Schätzungen des Eigners sei bereits die Hälfte der500 000 Liter Säure an Bord ausgelaufen, sagte FeuerwehrsprecherPeter Braun am Donnerstag. Eine Umweltkatastrophe droht nach Angaben von Experten wegen der starken Verdünnung in der Elbe nicht. Es seien keine beängstigenden Werte gemessen worden, betonte Braun. Das Wrack werde voraussichtlich am Sonntag oder Montag gehoben, ergab eine Lagebesprechung der Bergungsexperten.

Der Vorstandsvorsitzende des Kupferherstellers NorddeutscheAffinerie (NA), Werner Marnette, sagte, in den Tanks befänden sichjetzt noch etwa 430 Tonnen Flüssigkeit - eine nicht genau bekannteMischung von Schwefelsäure und Wasser mit 10 bis 50 ProzentSäuregehalt (Dünnsäure).

Nach Marnettes Angaben gab es bisher keinen Angriff der Säure aufden Stahlkörper des Schiffs. «Die Temperaturmessungen haben keineAuffälligkeiten ergeben.» In Wasser verdünnte Schwefelsäure mit einerKonzentration von weniger als 75 Prozent greift unedle Metalle an,hoch konzentrierte Säure dagegen nicht.

Nach Brauns Angaben verschlossen Taucher am Nachmittag dieÖffnungen des gut 62 Meter langen Schiffes - darunter dieEntlüftungsstutzen der Tanks, aus denen die Säure ausgetreten war.Ein Abpumpen der Ladung in der gekenterten Position sei nichtmöglich. Am Freitag sollte ein weiterer Schwimmkran eintreffen, umdas Wrack mit Trossen zu stabilisieren. «Dann müssen wir das Schiffheben, drehen und auf die Füße stellen», sagte Braun. Erst danachkann die Säure aus den Tanks abgepumpt werden. Wegen derAggressivität des Stoffs wurden gummierte Kesselwagen angefordert.

Am Morgen hatte ein Kran das Schiff etwas angehoben, um denTauchern die Arbeit zu erleichtern. Da das Manöver als gefährlicheingestuft wurde, sperrte die Polizei den Bereich für 90 Minuten imUmkreis von 1000 Metern. Beschäftigte nahe gelegener Betriebe musstenihre Arbeitsplätze vorübergehend verlassen.

Umwelt- und Fischereiexperten hatten bereits am MittwochEntwarnung auch für den Fall eines Austretens von großen Mengen derSchwefelsäure gegeben. Der Wasserdurchfluss der Elbe beträgt inHamburg einschließlich der Gezeitenströmung mehrere tausendKubikmeter pro Sekunde. Kurz nach dem Unglück waren im Petroleumhafenetwa 1000 Fische verendet.

Dort dürfte es jetzt «absolut keine Fische mehr geben», meinteGreenpeace-Experte Jörg Feddern. Hamburg sei «knapp an einerKatastrophe vorbegeschrammt». Man habe Glück gehabt, dass es keineweiteren chemischen Reaktionen gegeben habe. Das liege wohl daran,dass die Flüssigkeit langsam aus dem Schiff entwichen sei.

Zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes der «ENA 2» mit einem großenContainerschiff im Fahrwasser der Elbe hatte der Kapitän des Tankerslaut Staatsanwaltschaft einen Blutalkoholwert von 2,1 Promille.Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger sagte: «Wir ermitteln wegenGefährdung des Schiffsverkehrs und Gewässerverunreinigung.» Bei einerVerurteilung drohe eine Geld- oder Haftstrafe. Marnette räumte ein,dass seinem Unternehmen, dem Eigner des Schiffes, das Alkoholproblemdes Kapitäns bekannt war.

Der Schwimmkran "Enak" liegt am Mittwoch (30.06.2004) im Petroleumhafen in Hamburg am gekenterten Tankschiff "ENA 2" (durch das Feuerwehrboot verdeckt). (Foto: dpa)
Der Schwimmkran "Enak" liegt am Mittwoch (30.06.2004) im Petroleumhafen in Hamburg am gekenterten Tankschiff "ENA 2" (durch das Feuerwehrboot verdeckt). (Foto: dpa)
dpa
Geplante Bergung des Säuretankers in Hamburg (Grafik: dpa)
Geplante Bergung des Säuretankers in Hamburg (Grafik: dpa)
dpa