Streit um Wasserstraße Umweltverbände warnen vor Fahrrinnenvertiefung der Ems
Die Außenems soll einen Meter tiefer werden, damit etwa Frachter den Emder Hafen flexibler erreichen können. Keine gute Idee, sagen Umweltschützer. Denn der Fluss habe ohnehin schon große Probleme.
Emden - Angesichts des schlechten ökologischen Zustandes der Ems kritisieren deutsche und niederländische Umweltschutzverbände die geplante Fahrrinnenvertiefung der Außenems und warnen vor weiteren Schäden für den Fluss. Die von der Bundesregierung geplante Vertiefung wäre eine „Sterbehilfe für die Ems“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Umweltorganisationen, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „In Zeiten von Klima- und Biodiversitätskrise verbietet sich ein solcher Eingriff in einen teilweise sogar geschützten Lebensraum.“ Hinter der gemeinsamen Stellungnahme stehen die Verbände BUND, WWF Deutschland, NABU, Waddenvereniging, Het Groninger Landschap, Natuurmonumenten und Natuur en Milieufederatie Groningen.
In der Außenems, also der trichterförmigen Flussmündung zur Nordsee, soll die Fahrrinne auf einer Strecke von knapp 13 Kilometern bis zum Emder Hafen um einen Meter vertieft werden. Das Land Niedersachsen will so die Erreichbarkeit des Hafens und die damit verbundenen Arbeitsplätze sichern. Über die Außenems werden auch die Häfen in Eemshaven, Delfzijl, Leer und Papenburg erreicht. Umweltschützer fürchten, dass sich durch eine weitere Vertiefung der ökologische Zustand des Flusses noch weiter verschlechtern wird.
„Der Ems geht es sehr schlecht und das seit 20 Jahren“, sagte Beatrice Claus vom Naturschutzverband WWF der dpa. Im Sommer liege in der Unterems auf bis zu 30 Kilometern eine meterdicke Schlickschicht auf der Gewässersohle. „In dieser Schlickschicht ist kein Leben möglich und über der Schicht auch nicht, weil die Sauerstoffgehalte da so niedrig sind.“ Der aktuelle Zustand sei eine Folge vorheriger Flussvertiefungen, denn mit jeder Vertiefung veränderten sich Strömungsverhältnisse und die Sedimenttransporte. „Da gibt es einen Kipppunkt, der ist bei der Ems überschritten worden“, sagte Claus. Einen so schlechten ökologischen Zustand gebe es europaweit an keiner anderen Flussmündung.
Öffentlichkeitsbeteiligung für Flussvertiefung läuft seit April
Eine weitere Vertiefung der Außenems ist seit Jahren in Planung, kam zuletzt aber kaum voran, da immer wieder neu an den rund 6000 Seiten Unterlagen gearbeitet wurde. Seit April läuft in dem Planfeststellungsverfahren der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes eine Öffentlichkeitsbeteiligung. Dabei können Einwände und Stellungnahmen abgegeben werden - wie jetzt von den Umweltschutzverbänden.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies hatte zum Start der Öffentlichkeitsbeteiligung in einer Mitteilung gesagt, neben der Vertiefung solle die Verbesserung des ökologischen Zustandes der Ems nicht außer Acht gelassen werden. Er wolle die Gespräche mit allen Beteiligten vor Ort fortsetzen. „Unser Ziel ist klar: Wir wollen positive Effekte für den Hafen Emden, für die Schifffahrt und für das Ems-Ästuar erreichen“, hatte der SPD-Politiker gesagt.
Verbände: Flussvertiefung steht Masterplan-Zielen entgegen
Aus Sicht der Umweltschutzverbände steht die Fahrinnenvertiefung den Bemühungen um einen besseren ökologischen Zustand der Ems komplett entgegen. Denn um den Lebensraum am Fluss zu verbessern und um gleichzeitig die maritime Wirtschaft in der Region zu sichern, hatten sich Fluss-Anrainer, Bund, Land und Naturschutzverbände 2015 auf den Masterplan Ems 2050 verständigt. Darin ist ein Maßnahmen-Bündel vorgesehen, etwa um flusstypische Lebensräume herzustellen und die Wasserqualität zu steigern. Initiiert wurde der Masterplan, um ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission wegen des schlechten Zustandes der Ems abzuwenden.
„Die Ziele, die darin stehen, werden konterkariert durch eine erneute Vertiefung der Außenems“, sagte Claus vom WWF mit Blick auf den Masterplan. Seit seinem Bestehen sei man bei der Gewässerqualität der Ems nicht vorangekommen. „Und jetzt will man, ohne dass man etwas verbessert hat, eine weitere Maßnahme durchführen, die das Ökosystem verschlechtert. Das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel.“ Alternativen zur Vertiefung, etwa eine bessere Lenkung des Schifffahrtsverkehrs, wurden aus Sicht der Umweltschutzorganisationen nicht ausreichend geprüft. Einen Planfeststellungsbeschluss wollen die Naturschützer genau prüfen - und notfalls auch vor Gericht ziehen.