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Katastrophenschutz Wofür Niedersachsen Millionen in den Küstenschutz investiert

Viele Deiche müssen an Niedersachsens Küste erhöht und alte Sperrwerke und Siele erneuert werden. Das Land will mit dem Bund kräftig in den Küstenschutz investieren. Doch es gibt ein Personalproblem.

Von dpa 19.03.2025, 03:30
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer sagt, 2025 investiert das Land eine Rekordsumme in den Küstenschutz.
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer sagt, 2025 investiert das Land eine Rekordsumme in den Küstenschutz. Sina Schuldt/dpa

Norden - Angesichts drohender kräftigerer Sturmfluten und einem erwarteten Meeresspiegelanstieg infolge des Klimawandels will Niedersachsen beim Küstenschutz Tempo machen. Um Deiche zu erhöhen, Sperrwerke zu ertüchtigen und Dünen auf den Inseln zu sichern, werde 2025 erneut eine Rekordsumme ausgegeben, sagte Umweltminister Christian Meyer (Grüne) bei der Vorstellung der Küstenschutzpläne im Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) im ostfriesischen Norden. 

Wie viel Geld genau eingeplant wird 

Insgesamt werden für den Küstenschutz in diesem Jahr rund 81 Millionen Euro investiert. Zum Vergleich: 2024 waren es rund 78,9 Millionen Euro, in den Jahren davor noch etwas weniger. Küstenschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Die Investitionskosten verteilen sich zu 70 Prozent auf den Bund und zu 30 Prozent auf das jeweilige Land. 

Hinzu kommen für die Jahre von 2026 bis 2028 noch 45,9 Millionen Euro sogenannter Verpflichtungsermächtigungen. Das sind Gelder, die schon jetzt eingeplant werden, damit etwa Bauunternehmen mehrjährige Baustellen abarbeiten können. Insgesamt stehen so 126,9 Millionen Euro zur Verfügung.

„Finanziell ist das ein großer Wumms“, sagte Meyer zu den Ausgaben. Da der Bundeshaushalt nach dem Bruch der Ampelregierung noch nicht stehe, gehe das Land beim Küstenschutz in Vorleistung. „Wir gehen davon aus, dass beim Küstenschutz nicht gekürzt wird“, zeigte sich der Minister überzeugt.

Wo und wofür das Geld genau eingesetzt wird

Insgesamt planen die Küstenschützer mehr als 150 einzelne Maßnahmen entlang der niedersächsischen Küste, auf den Ostfriesischen Inseln und an den Flussmündungen von Ems, Weser und Elbe. 

Der Großteil der aktuellen Mittel fließt in die Ertüchtigung, den Erhalt und den Neubau von Deichen am Festland. Die 22 Hauptdeichverbände zwischen Dollart und Elbe erhalten insgesamt rund 59,1 Millionen Euro. Viele Deiche der insgesamt mehr als 610 Kilometer langen Deichlinie in Niedersachsen müssen in den kommenden Jahren noch erhöht werden. „Wir schützen allein in Niedersachsen 1,1 Millionen Menschen mit dieser Deichlinie“, sagte Meyer. Deshalb dürfe beim Hochwasser- und Küstenschutz nicht gespart werden. 

Auch auf den Inseln sehen die Küstenschützer in diesem Jahr wieder einen Handlungsbedarf. Nach einer bislang vergleichsweise ruhigen Sturmflutsaison fällt dieser aber voraussichtlich etwas geringer aus. Auf den Inseln sind insgesamt 9 Millionen Euro der Küstenschutzmittel eingeplant - zum Beispiel für neuen Sand. Auf Langeoog und Norderney ist laut NLWKN schon absehbar, dass im Sommer neuer Sand zum Schutz von Dünen aufgespült werden muss. 

Warum der Küstenschutz mehr Geld benötigt

Umweltminister Meyer nahm die aktuellen Ausgaben zum Anlass, um seinen Appell an die Bundesregierung zu erneuern: Für die Daueraufgabe Küstenschutz brauche es mehr Investitionen auch vom Bund. „Es kann nicht sein, dass die Deichverbände und die Menschen, die hier an der Küste leben, allein dafür sorgen.“ Er verwies auf Prognosen des Weltklimarates. „Nach den aktuellen Klimadaten des IPCC rechnen wir bis zum Jahrhundertende mit 1 Meter bis 1,10 Meter Meeresspiegelanstieg. Wenn wir weiter so viel Treibhausgasemissionen ausstoßen, dann könnte es auch mehr werden.“ 

Deichverbände fordern bereits seit Längerem höhere Investitionen in den Küsten- und Hochwasserschutz. Sie bemängeln, dass ohne ausreichende Mittel Deiche nicht schnell genug erhöht werden können und sie kritisieren einen Modernisierungsstau bei alten Schöpfwerken und Sielen. 

Kritik kommt von der Opposition im Landtag: Grundsätzlich sei jede Investition in den Hochwasser- und Küstenschutz sinnvoll, sagte die umweltpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Verena Kämmerling. „Jedoch reichen die Bemühungen der Landesregierung nach wie vor nicht aus. Die vorgesehenen Mittel decken den tatsächlichen finanziellen Bedarf für eine flächendeckende Sanierung der Deiche und den Bau neuer Schutzanlagen bei Weitem nicht.“ 

Woran es neben Geld noch mangelt

Im Küsten- und Hochwasserschutz fehlen Fachkräfte, die zum Beispiel Deicherhöhungen und neue Siele oder Sperrwerke planen und bauen. Das Land steht in Konkurrenz zu Planungsbüros in der Privatwirtschaft. Deshalb hat die Landesregierung vor zwei Jahren damit begonnen, 200 Stellen im NLWKN zu entfristen, um sie so attraktiver zu machen. „Ich bin dem Land Niedersachsen sehr dankbar, dass wir diese Stellen bekommen haben, trotz der Einsparungen“, sagte NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer. 

Auch für Führungsaufgaben sei es schwer, junge Menschen zu gewinnen - trotz intensiver Werbung. Um Bauingenieure zu bekommen, habe ihr Landesbetrieb ein Stipendienprogramm aufgelegt. „Seit wenigen Wochen erlebe ich persönlich eine kleine Trendwende“, sagte Rickmeyer. Es gebe wieder mehr Bewerberinnen und Bewerber für die Stellen. „Das mag vielleicht damit zu tun haben, dass die Wirtschaft und das Baugewerbe gerade nach unten gehen und wir als öffentlicher Dienst wieder attraktiver werden.“ Für den Küstenschutz zu arbeiten, sei in jedem Fall eine „sinnstiftende Aufgabe“.