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Umwelt Umwelt: Einsturz des Helgoland-Felsens Lange Anna befürchtet

Von Georg Ismar 05.02.2008, 06:47
Die so genannte «Lange Anna» auf Helgoland im Abendlicht (Foto: dpa)
Die so genannte «Lange Anna» auf Helgoland im Abendlicht (Foto: dpa) dpa

Helgoland/dpa. - Die 47 Meter hohe Felsnadelaus porösem roten Buntsandstein ist nach Meinung von Wissenschaftlernakut vom Einsturz bedroht, falls nicht millionenteure Schutzmaßnahmeneingeleitet werden. Jüngste Erkenntnisse deuten daraufhin, dass nundas Ende bevorstehen könnte. «Die Situation ist dramatisch», sagt derProfessor für Wasserbau an der TU Hamburg-Harburg, Erik Pasche.«Schon eine Sturmflut kann reichen, damit sie zusammenbricht.»

Große Steinabrüche an Deutschlands Küsten haben sich in diesemWinter durch die Witterung gehäuft: An der Steilküste Rügens brachenzuletzt rund 25 000 Kubikmeter Kreide und Gestein ab. Einregenreicher Sommer und Frost hatten den Stein brüchig gemacht.Ähnliches gilt für die Lange Anna. Bis 1865 war der Stein durch eineFelsbrücke mit dem rund 130 Fußballfelder großen Hauptfelsenverbunden. Durch eine Sturmflut wurde die Felsbrücke abgerissen,seitdem ragt der 25 000 Tonnen schwere Fels wie ein Monolith imNordwesten der Insel aus der See.

Der Legende nach gab es an dem Aussichtspunkt auf dem Oberland zurKaiserzeit ein Café mit einer sehr großen weiblichen Bedienung namensAnna. Touristen nannten sie die «lange Anna» - schon hatte auch dieFelsnadel ihren Namen weg. Ihr offizieller Name ist eigentlichNathuurn Stak. Schon 1903 wurde die Lange Anna erstmals vor derNordsee geschützt. Bis 1927 wurde eine 1300 Meter lange Mauer, dersogenannte Preußenwall gebaut, der weit in das Meer hineinreicht undden Sockel der gesamten Westseite der Insel schützt.

«Das ist ein Naturprodukt und an dem arbeitet die Natur», sagtHelgolands Bürgermeister Frank Botter über das beste Stück der Insel.«Der untere Teil der Langen Anna, ihre Gründung, ist freigelegt wieein Zahnhals, durch die starken Wellen kommt es zu punktuellenAushöhlungen», sagt Professor Pasche. Er glaubt im Gegensatz zuanderen Experten und vielen Helgoländern, dass der Felsen durch eineVerbesserung der Standsicherheit noch zu retten ist.

Doch dafür wären mehrere Millionen Euro nötig. «Für eine Millionkriegt man das sicher nicht», sagt Botter. Mit einer Verfüllung amFundament oder einem Schutz durch große Steine ließe sich dasMonument sichern. «Aber die Zeit drängt», meint Professor Pasche.Eine Stiftung zur Rettung der Langen Anna hatte bis 2001 umfangreicheExpertisen anfertigen lassen - doch eine Rettung scheiterte anunterschiedlichen Auffassungen der Stiftung und der Inselbewohner.Während die einen an die Rettung glauben, sind die Helgoländer dasehr skeptisch. Sie sind zudem von anderen Problemen gebeutelt - derTourismus als wichtigste Einnahmequelle schwächelt.

2007 kamen nur noch rund 400 000 Touristen, die Zukunft derFährverbindungen ist unklar und die Energiekosten sind um 40 Prozentgestiegen. Bürgermeister Botter betont, die Lange Anna könne für die1600 Bewohner keine Priorität genießen. «Durch sie sind außerdemkeine Menschen gefährdet», sagt Botter. Nach einem Gesteinsabsturz2002 im bewohnten Teil des Oberlandes, bei dem sechs Häuserbeschädigt wurden, musste für 7,7 Millionen Euro der Fels gesichertwerden, um Gefahr für die Einwohner abzuwenden. Bis 2004 wurde einStahlnetz am Fels angebracht.

Die Helgoländer wollen ihre Tourismusattraktion natürlich nichtkampflos aufgeben - sie sehen aber keine Möglichkeit, Geld für dieRettung aufzubringen. «Eine Postkarte von Helgoland ohne Lange Annaist keine Postkarte von Helgoland», sagt Botter. «Das ist wie einMercedes ohne Stern.» Der Bürgermeister hofft, dass die Felsnadel dendüsteren Prognosen auch ohne Hilfe weiter trotzen wird. «Schließlichhat sie auch schon die größte nichtnukleare Sprengung derWeltgeschichte überlebt.» Am 18. April 1947 hatten die Briten mit6700 Tonnen TNT Munitionsbestände und die militärischen AnlagenHelgolands bombardiert, damit die Deutschen die Insel nie wieder alsMilitärbasis nutzen könnten. Doch im Buntsandstein verpuffte eingroßer Teil der Explosion wirkungslos.