Umwelt Umwelt: Die Kornrade ist die Blume des Jahres 2003

Ahrensburg/Hamburg/dpa. - Die Blume des Jahres 2003 ist die Kornrade (Agrostemma githago). Das gab die Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen am Donnerstag im schleswig-holsteinischen Ahrensburg bekannt. Die Kornrade ist ein Ackerwildkraut, das aufgrund des modernen Ackerbaus in Mitteleuropa kaum noch zu finden ist, sagte Stiftungsgründerin Loki Schmidt (83), Ehefrau von Altkanzler Helmut Schmidt, zu der Entscheidung. Die Blume «ist ein Stück unserer Kultur- und Ackerbaugeschichte».
Sie gehört zu den Nelkengewächsen (Caryophyllaceae) und hat viele Volksnamen wie Rade, Raad, Ratt, Radenbleamer. Im Niederdeutschen wird die Pflanze auch Klockenblome genannt, im Rheinischen Pißpöttken, erklärte Schmidt, die als Deutschlands bekannteste Naturschützerin gilt.
Die spindelförmige Hauptwurzel der Kornrade kann bis zu 90 Zentimeter lang werden. Der aufrechte, bis zu einen Meter hohe Stängel hat meist keine Zweige oder nur wenige Seitentriebe. Die einzelnen purpur-violetten Kronblätter sind etwa 2 Zentimeter groß. Mit einer handvoll der bis zu 3,5 mm großen Samen könne ein Mensch getötet werden, erläuterte Loki Schmidt. Das Ursprungsgebiet der Kornrade sei wahrscheinlich die östliche Ägäis und Vorderasien. Heute sei sie nirgends mehr wild anzutreffen.
Für Loki Schmidt gehört die Blume zu ihrer Kindheit: «Ein Feldblumenstrauß - vorsichtig aus dem Kornfeld gepflückt - bestand immer aus Kornblumen, Mohnblumen und Kornrade. Aber schon damals erzählten mir Bauern am Rande der Fischbeker Heide, dass sie manchmal mit der ganzen Familie die dicken schwarzen Kornradesamen aus dem Getreide sammelten, weil sie sonst weniger Geld für ihr Getreide bekamen.» Bald nach dem Zweiten Weltkrieg habe sie die rosa-violette Blüte in den Feldern vermisst. «Aber die Bauern waren jetzt froh über das besser gereinigte Saatgetreide.»
Inzwischen hätten Pflanzenzuchtbetriebe entdeckt, dass das Gift der Blume gegen Ackerschädlinge hilft. Außerdem könne sie keine anderen Pflanzenkrankheiten übertragen, weil sie mit keiner Kulturpflanze verwandt sei. «Vielleicht kann man also in Zukunft die Kornrade als Zwischenfrucht auf den Feldern sehen. Ich wünsche mir aber, dass die ganze Ackerbegleitflora - und nicht nur die Kornrade - erhalten bleibt.»