Transrapid-Unfall 2006 Transrapid-Unfall 2006: Bewährungsstrafen für zwei Fahrdienstleiter

Osnabrück/dapd. - Die beiden Fahrdienstleiter der Transrapid-Versuchsanlage im emsländischen Lathen sind am Donnerstag wegen des schweren Unglücks mit 23 Toten zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Der erste Fahrdienstleiter erhielt eine Strafe von einem Jahr und sechs Monaten, sein mitangeklagter Kollege aus der Leitstelle von einem Jahr. Richter Dieter Temming sagte, dieAngeklagten seien während des Prozesses «in vollem Umfang geständig» gewesen und hätten ihr Bedauern ausgedrückt.
Es handle sich bei den Angeklagten um verantwortungsbewussteMitarbeiter, die sich «durch ein Augenblicksversagen» schuldiggemacht hätten. Da sie darunter bis heute litten, seien sie durch die Katastrophe Täter und Opfer geworden.
Der Richterspruch entsprach in etwa den Forderungen derStaatsanwaltschaft. Neben der Bewährungsstrafe müssen beiVerurteilten jeweils 4.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Außerdem müssen sie die Kosten des Verfahrens tragen. Alle Beteiligten verzichteten auf weitere Rechtsmittel.
Damit stellte das Gericht fest, dass die beiden 61 und 52 Jahrealten Männer für den Unfall verantwortlich sind, weil sie die Fahrt für den Transrapid freigaben, obwohl sich noch ein Wartungsfahrzeug auf der Strecke befunden hatte. Am 22. September 2006 war der Test-Transrapid, in dem sich eine Besuchergruppe befand, mit mehr als 170 Stundenkilometern in einen auf der Strecke abgestellten 40 Tonnen schweren Werkstattwagen gerast.
Zwtl: «Gleichzeitiges, kollektives Aussetzen»
Oberstaatsanwalt Hubert Feldkamp nannte den Ausgangspunkt derKatastrophe ein «gleichzeitiges, kollektives Aussetzen». Die beiden 61 und 52 Jahre alten Angeklagten trügen zwar die Hauptschuld. Doch der Oberstaatsanwalt wies darauf hin: «Eine unachtsame Sekunde, das kann jedem passieren.»
Beide Fahrdienstleiter galten zumindest zeitweise alsselbstmordgefährdet und lange Zeit als nicht verhandlungsfähig. Sie hatten sich beide während der Verhandlung zu den Vorwürfen geäußert. Der 61 Jahre alte erste Fahrdienstleiter sagte, er sei sich bewusst, dass durch seinen Fehler «unendliches Leid» über die Opfer und ihre Familien gekommen sei. Mit brüchiger Stimme bat er um Vergebung. «Ich würde alles dafür geben, wenn ich diesen schrecklichen Unfall ungeschehen machen könnte», sagte er.
Dies bekräftigte auch der zweite Fahrdienstleiter. «Aber ich kann es nicht», fügte er sichtlich bewegt hinzu. Er könne sich seinen Fehler nur so erklären, dass er in Gedanken noch bei einem Gespräch mit Kollegen gewesen sei. Oberstaatsanwalt Feldkamp sprach von «eindrucksvollen Geständnisse».
Vertreter der fast 40 Nebenkläger zeigten sich erleichtert, dassmit dem Urteil viereinhalb Jahre nach dem Unfall zumindest einjuristischer Schlussstrich gezogen und Verantwortung für den Tod der 23 Opfer übernommen wurde.
