Todesstrafe in den USA Todesstrafe in den USA: Arkansas plant "Hinrichtungen wie am Fließband"

Washington - Das Mittel Midazolam wirkt entspannend, verhindert Krampfanfälle und nimmt Ängste. Es wird bei Schlafstörungen und als Betäubungsmittel bei Operationen eingesetzt - und in den USA auch bei Hinrichtungen, als Teil eines Giftcocktails.
Im Bundesstaat Arkansas im Süden der USA läuft Ende April das Haltbarkeitsdatum für noch vorhandene Dosen des Medikaments aus. Deswegen sollen dort binnen elf Tagen sieben Menschen hingerichtet werden - ausgerechnet ab Ostermontag.
„Hinrichtungen wie am Fließband“
Das hat international einen Aufschrei ausgelöst. Nicht nur Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty reagieren mit Entsetzen. Eine Aktionsgruppe gegen die Todesstrafe in Arkansas spricht von grausamen „Hinrichtungen wie am Fließband“.
Bis zuletzt werden juristische Auseinandersetzungen vor Gericht erwartet. Dabei geht es im wesentlichen um Begnadigungsgesuche, die angehört werden müssen. Dafür gibt es Fristen. Das Ziel ist es, dadurch die Hinrichtungstermine zeitlich zu strecken und damit faktisch vorerst zu stoppen.
Proteste gegen Hinrichtungen
Eigentlich war geplant, acht Todesurteile zu vollstrecken - in einem Fall aber wurde die Hinrichtung vor Gericht ausgesetzt. Der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft von Arkansas wies am Donnerstag (Ortszeit) darauf hin, dass es bisher keine einstweilige Verfügung gebe, welche die anderen geplanten sieben Hinrichtungen bis Monatsende verhindere.
Kurz vor Ostern wachsen zwar in sozialen Netzwerken die Proteste gegen die Hinrichtungen. Kirchenvertreter wenden sich dagegen, in Petitionen wird Gouverneur Asa Hutchinson aufgefordert, die Exekutionen zu stoppen. Arkansas aber hält daran fest. „Die Familien der Opfer haben lange darauf gewartet, Gerechtigkeit für ihre Lieben zu sehen“, sagt der Sprecher der Generalstaatsanwältin. Gouverneur Hutchinson hatte im Februar in einer Proklamation die Termine für die Hinrichtungen unterzeichnet.
„Stoppt den Hinrichtungs-Wahnsinn in Arkansas“
Einer der ersten Todeskandidaten ist Bruce Earl Ward, der seit mehr als 26 Jahren in einer Todeszelle sitzt. Ende 1990 erhielt er für den Mord an einer 18-jährigen Verkäuferin in einem Gemischtwarenladen in Little Rock die Höchststrafe. Noch am selben Tag soll Don William Davis hingerichtet werden, der im Jahr 1990 eine Frau bei einem Wohnungseinbruch erschossen haben soll.
Der Bestsellerautor John Grisham, gebürtig aus Arkansas, äußerte in einem Beitrag für die Zeitung „USA Today“ scharfe Kritik, unter der Überschrift „Stop the execution madness in Arkansas“ - „Stoppt den Hinrichtungs-Wahnsinn in Arkansas“. Sarkastisch meinte Grisham, kein Todesstrafen-freundlicher Staat habe jemals von so vielen Hinrichtungen in so kurzer Zeit „geträumt“. Die Gründe seien „absurd“, meinte Grisham mit Blick auf den Ablauf des Midazolam-Haltbarkeitsdatums.
Einsatz des Mittels Midazolam umstritten
Einzig Texas habe in den vergangenen 40 Jahren so viele Menschen in einem Monat hinrichten lassen - genau genommen acht, geht aus einer Übersicht des „Todesstrafen-Informationszentrums“ DPIC hervor. In Arkansas wären es die ersten seit dem Jahr 2005. Die geplante Hinrichtungsserie widerspricht dem allgemeinen Trend in den USA. Laut Amnesty gab es 2016 in den USA 20 Hinrichtungen - so wenige wie seit 1991 nicht mehr.
Arkansas aber könnte ab Ostermontag traurige Geschichte schreiben. Vor allem auch, weil der Einsatz des Mittels Midazolam umstritten ist. Es soll die Häftlingen betäuben, bevor zwei weitere Medikamente den Herztod herbeiführen sollen. In der Vergangenheit aber gab es mehrfach „Pannen“: 2014 wurde Midazolam bei zwei Hinrichtungen in Oklahoma und Arizona verwendet, bei denen die Todeskandidaten Anzeichen qualvollen Erstickens zeigten. Daraufhin reichten drei Todeszellen-Insassen eine Klage ein, das Mittel nicht mehr zu verwenden. Im Juni 2015 aber entschied das höchste US-Gericht, der Gebrauch von Midazolam verstoße nicht gegen die Verfassung.
Pharmakonzerne weigern sich Wirstoffe für Giftspritzen zu liefern
Allerdings haben die Bundesstaaten zunehmend Nachschubprobleme. Denn viele Pharmakonzerne wollen nicht mehr, dass mit ihren Substanzen getötet wird und weigern sich, Wirkstoffe für die Giftspritzen zu liefern. In der EU gilt ein Exportverbot für Produkte, die für Hinrichtungen oder zur Folter verwendet werden können.
Mit Blick auf die aktuellen Fälle in Arkansas sagte ein Sprecher des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie in Berlin, die Mitgliedsfirmen des Verbandes lehnten den Einsatz von Medikamenten zur Vollstreckung von Hinrichtungen „kategorisch“ ab. „Medikamente dienen ausschließlich therapeutischen Zwecken, sie sollen Krankheiten heilen, Schmerzen lindern oder Symptome bekämpfen.“
Deutliche Mehrheit befürwortet Todesstrafe
Einzelne US-Bundesstaaten haben aber bereits auf die Probleme bei der Medikamentenbeschaffung reagiert - und lassen inzwischen auch den elektrischen Stuhl oder Erschießungskommandos als „alternative Hinrichtungsmittel“ zu.
In den USA hat zwar die Unterstützung für die Todesstrafe in den vergangenen Jahren abgenommen - aber noch immer ist eine deutliche Mehrheit Umfragen zufolge dafür. Am Tag der Präsidentschaftswahl im vergangenen November stimmte eine Mehrheit der Wähler in Kalifornien bei einem Volksentscheid dafür, dass auch künftig Hinrichtungen stattfinden sollen - und in Nebraska gab es eine Mehrheit für die Wiedereinführung der Höchststrafe. (dpa)