Tigermücke Buschmücke & Co. Tigermücke Buschmücke & Co.: Gefährliche Exoten siedeln sich in Deutschland an

Müncheberg - Angler, Kleingärtner oder Grillfans haben es in diesem Sommer zufrieden bemerkt: 2015 war kein Mückenjahr. „Es war einfach viel zu trocken. Im Frühjahr fehlte nach dem milden Winter die Schneeschmelze und auch später regnete es kaum“, erläutert Doreen Walther, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) im brandenburgischen Müncheberg. „Mücken lieben es nass und brauchen Brutgewässer.“ Die stechenden Insekten sind das Spezialthema der 46-Jährigen, die sich als Mückenexpertin inzwischen deutschlandweit einen Namen gemacht hat.
Bereits seit vier Jahren arbeitet sie gemeinsam mit Helge Kampen vom Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit in Greifswald an einem Mückenatlas. Das Portal soll wertvolle Hinweise für die Verbreitung der heimischen Stechmückenarten in Deutschland und über eventuell zuwandernde exotische Arten liefern. Der Clou dabei ist die breite Bürgerbeteiligung: Jeder kann in seinem Umfeld vorkommende Mücken einfangen und an das ZALF schicken. Biologin Walther bestimmt anschließend die Art, spießt die Blutsauger auf, kartiert sie und speist damit eine Datenbank. „Jede Mücke zählt. [...] Wir brauchen noch viel mehr Einsendungen gerade aus dünn besiedelten Regionen Deutschlands“, sagt die Expertin.
Asiatischen Tigermücke und Asiatische Buschmücke
Dass es in diesem Jahr kaum Mücken gab, lässt sich anhand der aktuellen Einsendungen belegen. Nur etwa 3.000 tote Plagegeister wurden seit Januar in Streichholzschachteln, Pillen- oder Filmdöschen sowie gepolsterten Briefumschlägen nach Müncheberg geschickt. Vor zwei Jahren, bei weitaus mückenfreundlicherer Witterung, erhielt Walther insgesamt 12.000 Exemplare.
Dennoch sei dieses Jahr „sehr spannend“ gewesen, sagt sie. Während einheimische Arten nach Angaben der Biologin tiefe Wasserflächen brauchen, reichen eingewanderten Exoten wie der Asiatischen Tigermücke und der Asiatischen Buschmücke kleine Gefäße mit äußerst geringem Wasserstand. „Sie legen ihre Eier beispielsweise in Untersetzer von Blumentöpfen oder in die kleinste Pfütze“, erklärt die Forscherin.
Nachweise, dass die Asiatische Tigermücke und die besonders aggressive Asiatische Buschmücke vor allem im Süden Deutschlands vorkommen, gibt es bereits seit einigen Jahren. Das belegen die Fänge in speziellen Mückenfallen, die Forscher im ganzen Bundesgebiet aufgestellt haben. Doch auch die Bürger-Einsendungen bestätigen laut Walther eine zunehmende Verbreitung - gerade in diesem Jahr.
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„Weil es so wenige einheimische Mücken gab, haben die Einwanderer möglicherweise einen Entwicklungsvorteil. Uns erreichten mehr Exemplare dieser Exoten als in den Vorjahren“, macht sie deutlich. Welchen Einfluss diese Mücken auf die heimischen Stechmückenarten haben und ob sie diese sogar verdrängen, bleibt noch zu klären.
„Wir gehen davon aus, dass die Asiatische Tigermücke im Raum Freiburg bereits überwintert hat, inzwischen aber auch in Thüringen eine Population zu Hause ist“, sagt die Mückenexpertin. Zudem liegen Hinweise aus Nordrhein-Westfalen und Bayern vor.
Die Asiatische Buschmücke hingegen fühlt sich in ähnlichen Regionen bereits sehr wohl und hat in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen umfangreiche Bereiche erobert. Erste Vorkommen gibt es jetzt auch in Hessen und Bayern.
Gebrauchtreifenhandel hilft beim Mücken-Transfer
„Tigermücken kommen immer wieder in Autos über die Alpen und werden an Raststätten freigesetzt“, sagte der Parasitologe Egbert Tannich vom Hamburger Bernard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) der Deutschen Presse-Agentur schon zu Beginn des Sommers. Schon damals zeichnete sich die schwache Mücken-Saison ab.
Aber auch der Gebrauchtreifenhandel hilft beim Mücken-Transfer: Per Schiff kommen die Reifen aus Asien nach Europa, wo sie zerschreddert und für den Straßenbau genutzt werden. In Wasserpfützen in den Reifen legen Mücken ihre Eier ab, die dann mit auf große Reise gehen.
Was die exotischen Insekten so gefährlich macht, sind nicht die Stiche an sich, sondern Krankheitserreger, die sie potenziell auf den Menschen übertragen können - wie etwa das West-Nil-Fieber, das Chikungunya-Fieber oder Dengue-Fieber. „Der Mückenatlas ist für uns eine wichtige Arbeitsgrundlage. Er zeigt uns, wo sich welche dieser gefährlichen Exoten bereits in Deutschland angesiedelt haben. Wir können das Gefährdungspotenzial für die Verbreitung von Tropenkrankheiten besser abschätzen“, sagt die Direktorin des Institutes für Tropenmedizin an der Berliner Charité, Gundel Harms-Zwingenberger. (dpa)
