Innere Sicherheit Innenminister: Gefährdungskategorie für psychisch Kranke
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) fordert, psychisch auffällige Zugewanderte stärker in den Blick zu nehmen. Er plädiert für verpflichtende Meldewege und Fallbesprechungen.
Erfurt - Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hat einen anderen Umgang mit psychisch auffälligen Migranten gefordert. Es brauche eine neue Gefährderkategorie, „wo man Fallkonstellationen bespricht, so wie man jetzt auch ideologisch Auffällige oder religiös-radikal Auffällige sich verstärkt vornimmt“, sagte Maier der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Man sollte dies auf psychisch Kranke ausdehnen, plädierte der SPD-Politiker.
Verbindliche Meldewege
„Wir haben es nicht nur mit Gefährdern zu tun, die ideologisch oder religiös radikalisiert sind, sondern auch mit Menschen, die den Halt verloren haben, die psychisch krank sind und dann auch zu Gewalt neigen“, sagte Maier.
Seiner Ansicht nach müssten Behörden mehrerer Bereiche besser zusammenarbeiten. Die Gesundheitsbehörden etwa müssten für das Thema stärker sensibilisiert werden. Maier forderte „verbindliche Meldewege“. „Wenn eine Gesundheitsbehörde so etwas feststellt, dass dann auch das Gesundheitsministerium informiert wird und auch die Sicherheitsbehörden, wenn es besonders auffällige Fälle gibt“, sagte Maier. Bei Besprechungen sollten dann auch die Ausländerbehörden einbezogen werden.
„Und wenn es Auffälligkeiten gibt, ist das meines Erachtens dann auch ein triftiger Grund, eine Entscheidung zu treffen, die dann lautet: Er muss das Land verlassen“, sagte Maier.
Zu wenig Therapieplätze
Am Mittwochmittag soll ein 28 Jahre alter Afghane in einem Aschaffenburger Park ihm offensichtlich unbekannte Menschen mit einem Messer angegriffen haben. Ein zweijähriger Junge marokkanischer Herkunft und ein 41-jähriger Deutscher starben. Zudem wurden ein zweijähriges, syrisches Mädchen und ein 72-jähriger Deutscher schwer verletzt. Eine Erzieherin (59, deutsch) brach sich in dem Tumult einen Arm. Der Verdächtige befindet sich inzwischen in einer psychiatrischen Einrichtung.
Maier sagte, es sei wichtig, dass man psychisch auffällige, bereits gewalttätige Zuwanderer „verstärkt in den Blick nimmt und auch im Auge behält“. „Wir werden es nicht schaffen, allen Therapieplätze anzubieten.“
Maier: Kein Wahlkampf mit Tat von Aschaffenburg
Das sieht auch der Verein „Refugio“, der sich in Thüringen um traumatisierte Geflüchtete und Folteropfer kümmert, so. Plätze für eine Psychotherapie bei niedergelassenen Therapeuten seien ohnehin knapp, die Therapeuten überlastet, sagte Refugio-Geschäftsführerin Christine Müller der dpa. Zudem würden für die Behandlung von Geflüchteten auch Dolmetscher benötigt, Dolmetscherleistungen übernähmen Krankenkassen aber nicht. Refugio hat im Jahr 2023 Standorten Jena, Erfurt, Suhl und Nordhausen knapp 600 Geflüchtete betreut. Rund 300 Patienten wurden neu aufgenommen, mehr als ein Drittel der Anmeldungen habe nicht berücksichtigt werden können, geht aus dem Geschäftsbericht für 2023 hervor. Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor.
Maier warnte davor, die Tat von Aschaffenburg zum Thema im Bundestagswahlkampf zu machen. „Aus meiner Sicht sollten alle Beteiligten jetzt ein Stück weit runterkommen“, sagte er. Man müsse Antworten finden, aber Schulzuweisungen würden nicht helfen. Bund, Länder und auch Kommunen müssten nun daran arbeiten, das Vollzugsdefizit zu beseitigen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Donnerstag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Erfurt den bayerischen Behörden Versäumnisse bei der Umsetzung bestehender Asylregeln vorgeworfen. „Es gibt offensichtlich Vollzugsdefizite, insbesondere in diesem Fall bei den bayerischen Behörden, die ein großes Problem sind“, hatte Scholz gesagt.
Maier sagte, eine Tat wie in Aschaffenburg könne überall passieren. „Es kann auch hier in Thüringen passieren.“ Man müsse über weitere gesetzliche Verschärfungen nachdenken. Den Vorschlag von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, dass auch die Bundespolizei Haftbefehle beantragen können soll, nannte Maier aber „abstrus“. „Ich wundere mich wirklich, weil keine Polizei in Deutschland kann Haftbefehle beantragen. Das ist überhaupt nicht die Zuständigkeit der Polizei“, sagte Maier. Der Vorschlag von Merz sei „daneben“.