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Tankerkatastrophe Tankerkatastrophe: Ölpest nach Untergang der «Prestige» immer größer

19.11.2002, 08:33
Tanker «Prestige» sinkt. (Foto: dpa)
Tanker «Prestige» sinkt. (Foto: dpa) EFE POOL

La Coruña/Lissabon/dpa. - Die Umweltkatastrophe nach demUntergang des Öltankers «Prestige» im Atlantik nimmt immerdramatischere Ausmaße an. Die Nordwestküste Spaniens sei bereits aufeiner Länge von fast 300 Kilometern verseucht, teilte UmweltministerJaume Matas am Mittwoch in La Coruña mit. Eine Fläche von 6,5Millionen Quadratmetern sei betroffen, darunter 90 Strände. Ein Sturmtrieb derweil einen riesigen Ölteppich auf die Küste zu. Er ist mitrund 7800 Quadratkilometern fast drei Mal so groß wie das Saarlandund könnte auch die Nordküste Portugals erreichen. Dort und inSpanien wurden die Schutzmaßnahmen weiter verstärkt.

«Die Auswirkungen dieses Desasters sind noch nicht vorüber»,betonte Matas. Es werde mindestens ein halbes Jahr dauern, die Gegendzu säubern. Die Region soll zum Notstandsgebiet erklärt werden. DieSchäden allein in Spanien werden mittlerweile auf fast 150 MillionenEuro geschätzt. Vizepremier Mariano Rajoy verteidigte dieEntscheidung, den Tanker aufs offene Meer zu schleppen, statt ihnleerpumpen zu lassen. Dadurch sei das Unglück glimpflich ausgegangen.«Andernfalls stünden wir vor einer noch größeren Katastrophe.»

Seit dem Untergang des 26 Jahre alten Tankers rund 250 Kilometervor der Küste soll aber kein neues Öl ausgetreten sein. Bis dahingelangten Schätzungen zufolge 10 000 bis 15 000 Tonnen ins Meer. DieTanks mit den restlichen rund 65 000 Tonnen giftigen Schwerölshielten dem großen Druck in fast 4000 Metern stand und seien bislangnicht geplatzt. Es sei zu hoffen, dass sich das Öl verfestige undnicht an die Oberfläche gelange. Sollte dies doch geschehen, wäre dieMenge doppelt so groß wie 1989 bei der Katastrophe der «Exxon Valdez»vor Alaska.

An der «Todesküste» in Galicien kämpften Tausende von der Armeeunterstützte Helfer gegen die Ölpest, zusätzliche Öl-Sperren wurdenausgebreitet. Spezialschiffe aus Frankreich und den Niederlandenhalfen bei den Arbeiten. Dennoch wurde Kritik wegen mangelnderAusrüstung laut. So bildeten die Fischer im Ort Arousa mit DutzendenBooten eine Barriere auf dem Wasser. Hunderte ölverschmierte oderverendete Seevögel wurden bereits eingesammelt, einige davon inPortugal. 40 Prozent der artgeschützten Vögel der Region könntensterben, hieß es.

In Portugal überwachten Marineschiffe und Flugzeuge den großenÖlteppich. «Auf dem Wasser lässt sich wegen schwerer See aber nichtsausrichten, erst an Land wird die schwarze Flut bekämpft werdenkönnen, falls sie kommt», sagte Admiral Vidal Abreu in Lissabon. Dieswerde aber frühestens in zwei Tagen geschehen. Für die artenreichenFischgründe im Norden Portugals wäre dies das Aus, sagtenUmweltschützer.

Experten stritten darüber, ob das noch in der «Prestige»lagernde Öl austreten könne. Einige meinten, dies seiausgeschlossen. Andere erklärten jedoch, es könne sehr wohlentweichen, sollten die Tanks platzen, bevor es sich verfestigt. Dieswerde sich erst in einigen Tagen zeigen. So oder so würden aber wohlUnmengen an teils Krebs erregenden Giftstoffen ausgesetzt.

Spanien hat unterdessen rechtliche Schritte gegen die griechischeReederei der «Prestige» eingeleitet und von der Versicherungsfirmades Schiffes eine Bankbürgschaft von 60 Millionen Euro zur Abdeckungder ersten Schäden gefordert. Madrid will zudem mehrere Länder fürdie Ölpest zur Verantwortung ziehen, darunter Großbritannien, da derTanker auf dem Weg in die britische Kolonie Gibraltar gewesen sei,und Griechenland, wo die Reederei sitzt.

Nach Einschätzung der Naturschützer hätte die Katastropheverhindert werden können, wenn Spanien das Abpumpen des Öls in einemseiner Häfen erlaubt hätte. Zudem sei der Tanker vermutlich deshalbauseinander gebrochen und gesunken, weil er dem tagelangenSchleppmanöver nicht habe stand halten können.

Verteidigungsminister Federico Trillo verriet, dass die Armee denvor einer Woche havarierten Tanker notfalls sprengen wollte. Esstanden F-18-Kampfbomber bereit, um das Schiff und damit das Öl anBord in Brand zu setzen. «Die Entwicklung der Dinge hat dies aberüberflüssig gemacht.»

Das Archivbild vom 14. November 2002 zeigt den unter bahamaischer Flagge laufende sinkenden Tanker «Prestige» 50 Kilometer vor der spanischen Küste. (Foto: dpa)
Das Archivbild vom 14. November 2002 zeigt den unter bahamaischer Flagge laufende sinkenden Tanker «Prestige» 50 Kilometer vor der spanischen Küste. (Foto: dpa)
dpa/dpaweb
Tankerunfälle.(Grafik:dpa)
Tankerunfälle.(Grafik:dpa)
dpa