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Tag des Toilettenpapiers Tag des Toilettenpapiers: Damals mit Arschwurzen, heute mit Duft

Von Julius Lukas 26.08.2019, 08:23
Ein Verkaufsschlager: Einhorn-Klopapier, das nach Zuckerwatte durftet.
Ein Verkaufsschlager: Einhorn-Klopapier, das nach Zuckerwatte durftet. dpa

Halle (Saale) - Es gibt nur wenige Dinge, die im Leben unverzichtbar sind. Eines davon ist - da stimmt sicher jeder zu - Toilettenpapier. Natürlich würde seine Abstinenz nicht die eigene Existenz gefährden. Doch ein Leben ohne die kleinen Blättchen wäre doch ein anderes, ein - sagen wir - unangenehmeres.

Deswegen ist es nur richtig, dem Sauberkeitsspender im unteräquatorialen Bereich des Körpers ein eigenes Datum zu widmen. Am 26. August ist der „Tag des Toilettenpapiers“. Wer den ins Leben gerufen hat, ist leider nicht zu recherchieren. Dass die Papierindustrie dahinter steckt, lässt sich nur vermuten. Immerhin wurden von den hiesigen Papierfabriken allein im ersten Halbjahr 2019 schon 746 000 Tonnen Hygienepapier produziert. Diese Masse aufzurollen, würde locker ein Menschenleben dauern. Das Geschäft mit dem Geschäft ist also durchaus ein einträgliches.

Erfindung des Toilettenpapiers wirft auch wichtige Fragen auf

Der Toilettenpapier-Tag gibt auch die Möglichkeit, den Hygieneartikel mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Als Erfinder des hilfreichen Holzprodukts gelten die Chinesen. Erste Erwähnungen des Papiereinsatzes auf dem stillen Örtchen sind aus dem sechstem Jahrhundert überliefert. Etwas später soll ein Reisender die Ostasiaten als „nicht sehr sorgfältig mit Sauberkeit“ bezeichnet haben. Seine Begründung: „Sie waschen sich nicht mit Wasser, wenn sie ihr Geschäft erledigt haben, sondern wischen sich nur mit Papier ab.“

Die Erfindung des Toilettenpapiers wirft auch wichtige Fragen auf: Was war davor? Wie reinigte sich die Welt in der Prä-Papier-Ära das Hinterteil? An dieser Stellen hilft die Archäologie, die dafür - dieser Ausdruck muss kurz erlaubt sein - zur „Arschäologie“ wird.

Funde im oberösterreichischen Salzberg Hallstatt lassen darauf schließen, dass einst Pestwurz-Blätter zur Heck-Reinigung verwendet wurden. Kein Wunder, sind die doch mit wolligen, der Haut schmeichelnden Härchen überzogen. Zudem hat der Korbblütler eine antiseptische Wirkung - auch das kann ja bei der Pflege empfindlicher Körperstellen nicht schaden. Durch diese Anwendung hat sich der Pestwurz auch einen wenig schmeichelhaften und doch naheliegenden Namen eingehandelt. In Bayern nennt man ihn noch heute „Arschwurzen“.

Im 19. Jahrhundert wurde das Klopapier zur Massenware

Neben der Kraft der Pflanzen wurden auch Schwämme und Lumpen für die „Dekotierung“ verwendet. Aufgrund der Kosten kamen aber wohl nur privilegierte Pos mit diesen Utensilien in Kontakt. Alle anderen Menschen griffen nach der Notdurft wohl zur manuellen Reinigung - voller Handeinsatz also. Allein schon deswegen lautet in Hygienekreisen bereits seit Jahrhunderten der Dauerbrenner-Tipp: „Händewaschen nicht vergessen“. Und in vielen Regionen der Erde gibt man bis heute niemanden die linke Hand - denn die ist zur Reinigung da.

Im 19. Jahrhundert wurde das Klopapier dann zur Massenware. Die erste Fabrik öffnete 1857 in den USA. In jüngster Vergangenheit wurden die Einweg-Blätter mehr und mehr zum Trendprodukt. Marktforscher sind mittlerweile mit der Analyse der Kundenwünsche beschäftigt und entwickeln ständig neue Produkte. Die Viellagigkeit ist ein Muss. Auch samtweich wird zunehmend nachgefragt. Und unlängst gab es auch Toilettenpapier mit Spekulatiusduft. Zum Anbeißen und Abreißen. (mz)