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Stralsund Stralsund: Kloster zu verpachten

Von Ralph Sommer 01.09.2010, 09:08
Das Kloster Sankt Jürgen gehört zu den Filetstücken im Immobilienbesitz der Hansestadt Stralsund. Geht es nach dem heutigen Eigentümer des 2,4 Hektar grossen Anwesens, der Hansestadt Stralsund, soll bald wieder Leben ins Kloster kommen. (FOTO: DDP)
Das Kloster Sankt Jürgen gehört zu den Filetstücken im Immobilienbesitz der Hansestadt Stralsund. Geht es nach dem heutigen Eigentümer des 2,4 Hektar grossen Anwesens, der Hansestadt Stralsund, soll bald wieder Leben ins Kloster kommen. (FOTO: DDP) ddp

Stralsund/Rambin/ddp. - Inder Abgeschiedenheit des jahrhundertealten Parkanwesens erinnern einekleine Kapelle, das einstige Backsteinhaus des Klosteraufsehers undReste klösterlicher Obstgärten an das Leben in dem 1334 errichtetenSpital für Leprakranke. Geht es nach dem heutigen Eigentümer des 2,4Hektar großen Anwesens, der Hansestadt Stralsund, soll bald wiederLeben ins Kloster kommen. «Wir suchen nach einem Investor, der dasAnwesen für Wohnzwecke pachtet», sagt Stadtkämmerer Hans-GeorgHeinrich.

Der Klosterpark mit fünf Wohnhäusern, zwei Nebengebäuden sowiemehreren Garagen, Lauben und Bungalows könnte, so das Kalkül derStralsunder, spätestens nach dem Bau der geplanten Ortsumgehung zueiner attraktiven Wohnadresse mit beachtlichen Einnahmen werden.Deshalb habe man sich gegen einen Verkauf und stattdessen für einelangjährige Verpachtung entschieden, sagt Heinrich.

Das Kloster in Rambin gehört zu den Filetstücken imImmobilienbesitz der nach Lübeck einst zweitstärksten Stadt dermächtigen Hanse. Der Handel brachte den Stralsundern vor mehr als 600Jahren einen Wohlstand ein, so dass sie sogar Stiftungen gründeten,die sich sozial Schwachen annahmen. Mit den reichlich fließendenMitteln begüterter Einwohner mehrten die städtischen Klöster zumHeiligen Geist, Sankt Annen und Brigitten, Sankt Jürgen vor Rambin,Sankt Jürgen am Strande und Sankt Johannis ihre ländlichenBesitztümer. In ihrer Blütezeit verfügten sie über mehr als 14 200Hektar Grundbesitz. Erst mit der Bodenreform 1945 und der Aufhebungder Klöster 1949 verlor Stralsund seinen Reichtum.

20 Jahre nach der Wende hat die Stadt nahezu alle ihreRechtsansprüche auf rund 12 900 Hektar Ländereien durchgesetzt. ImDienstzimmer von Senator Dieter Hartlieb (CDU) zeugt heute eine Kartevom Stralsunder Vermögen weit über die Stadtgrenzen hinaus. Rotmarkiert leuchtet da halb Hiddensee. Auch fast die gesamte InselUmmanz, die Halbinsel Wittow, der Südwesten von Rügen sowieLändereien in Nordvorpommern sind wieder in Stralsunder Hand.

Nur einen Bruchteil davon veräußerten die Stadtväter seit 1992 fürinsgesamt 36 Millionen Euro. So ging vor zwei Jahren das HiddenseerSommerhaus des deutschen Physik-Nobelpreisträgers Gustav Hertz(1887-1975) bei einer Versteigerung für 700 000 Euro an einenPrivatinvestor. 600 000 Euro brachte ein Gutshaus in Kloster.

Doch fortan will die Stadt nur noch jene Grundstücke undImmobilien veräußern, deren Instandhaltung oder Sanierung zu teuerist. Allein auf Rügen stehen zehn einzelne Bauernhöfe zum Verkauf.Das unbewohnte Gutshaus Klein Mohrdorf nordwestlich von Stralsundsoll im Frühjahr 2011 mit einem voraussichtlichen Mindestgebot von 32000 Euro unter den Hammer kommen.

«Grundsätzlich aber wollen wir Grundeigentümer bleiben, um auchunseren Nachfahren regelmäßige Pacht- und Mieteinnahmen zu sichern»,betont Stadtkämmerer Heinrich. Die alte Schmiede in Kloster aufHiddensee zum Beispiel könnte als Werkstatt von Künstlern gemietetwerden. Auch für den Campingplatz Suhrendorf auf Ummanz werde einneuer Pächter für mindestens 15 Jahre gesucht.

Zum Bestand gehören derzeit allein 5500 Hektar landwirtschaftlicheNutzfläche und 2000 Hektar Grünland - allesamt verpachtet anAgrarbetriebe, die dafür pro Jahr 800 000 Euro Pachtzins in dieStadtkasse zahlen. Weil in vielen Fällen noch Bodenwerte von vor 20Jahren gelten, sollen die Pachtzinsen in den nächsten Jahren um etwa40 Prozent steigen. «Wir wollen die Einnahmen bis 2014 auf 1,5Millionen Euro erhöhen», kündigt Heinrich an.

Schwierige Verhandlungen drohen auch Hauseigentümern aufHiddensee. Im Ortsteil Neuendorf zum Beispiel, wo allein 42 000Quadratmeter noch zu Altkonditionen von 25 Cent je Quadratmeterverpachtet werden, sollen etwa 80 Hauseigentümer künftig einMehrfaches berappen. Fast alle Pächter wehren sich inzwischengerichtlich gegen die in einem Wertgutachten ermittelte Neuforderung.

Manche Landgüter kosten die Hansestadt aber auch richtig Geld. ZuBuche schlagen vor allem 500 Hektar Wald auf der Insel Rügen. Dabeihandle es sich fast ausschließlich um jungen Baumbestand, dergepflegt werden müsse, sagt Heinrich. Jährlich fallen bis zu 20 000Euro an. «Aber wir betrachten das als Investition in die Zukunft.Eines Tages werden unsere Nachfahren mit dem Holzverkauf aus denMischwäldern satte Gewinne erzielen», ist sich der Stadtkämmerersicher.