Parteien Störaktion gegen Göring-Eckardt sorgt für Empörung
Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt von den Grünen wird nach einer Veranstaltung in Brandenburg an der Abreise gehindert. Nicht nur Innenministerin Faeser zeigt sich entrüstet.
Berlin/Lunow - Eine Störaktion gegen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) in Ostbrandenburg hat parteiübergreifend für Entrüstung gesorgt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte den Vorfall und warnte vor weiteren Angriffen auf Politikerinnen und Politiker.
„Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun“, schrieb Faeser am Donnerstag in der Plattform X (früher Twitter). „Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen.“ Aus Union und SPD im Bundestag gab es Solidaritätsbekundungen mit Göring-Eckardt. Die Brandenburger Grünen zeigten sich empört und sehen zugleich Fragen beim Polizeieinsatz vor Ort.
Nach einer Veranstaltung am Samstag in Lunow-Stolzenhagen, an der Göring-Eckardt teilnahm, hatten Demonstranten das Auto der Grünen-Politikerin bedrängt und sie an der Abfahrt gehindert. Hintergrund und Motive der Demonstranten blieben zunächst unklar.
Die Polizei berichtete, dass sich ein 19- und ein 26-jähriger Mann vor und hinter den Dienstwagen gesetzt und die Abfahrt verhindert hätten. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) führt nach Angaben einer Sprecherin ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung gegen zwei Beschuldigte. Beide hätten sich so vor und hinter dem Fahrzeug platziert, dass für geraume Zeit an der Abfahrt gehindert gewesen sei. Zu den näheren Umständen liefen ebenso Ermittlungen wie zur Behauptung eines Beschuldigten, er sei von dem Fahrzeug touchiert worden.
Die Polizei teilte mit, dass eine weitere Anzeige wegen Sachbeschädigung am Fahrzeug der Politikerin erstattet wurde. Das Staatsschutzdezernat der Polizeidirektion Ost ermittelt.
Rund 40 bis 50 Demonstranten hatten sich vor dem Veranstaltungssaal versammelt, teilte das Büro von Göring-Eckardt der „Bild“-Zeitung mit. Nach dem Ende der Veranstaltung sei die Bundestagsvizepräsidentin auf dem Rückweg zu ihrem Fahrzeug bedrängt worden. Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, sei die Abfahrt nach 45 Minuten ermöglicht worden. Die „Märkische Oderzeitung“ hatte ebenfalls über den Vorfall berichtet.
Grüne haben noch Fragen
„Gewalt darf niemals ein Mittel der Auseinandersetzung sein“, warnte Brandenburgs Grünen-Landeschefin Alexandra Pichl. Das Verhalten der örtlichen Polizei wirft aus ihrer Sicht Fragen auf: Es müsse geklärt werden, warum die Veranstaltung während der kritischsten Phase nur von zwei Beamtinnen und Beamten geschützt worden sei und ob die Sicherheitskräfte ausreichend vorbereitet waren, sagte Pichl. „Wir fordern eine umfassende Aufklärung dieses Vorfalls und eine konsequente Verfolgung der Täter. Es muss deutlich gemacht werden, dass Angriffe auf Politikerinnen und Politiker nicht toleriert werden und strafrechtliche Konsequenzen haben.“
Die Bundestagsvizepräsidentin forderte einen besseren Schutz. „Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden“, sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Dieser Vorfall war ja keine Ausnahme.“ Dem „Stern“ sagte sie: „Da braucht es auch ein stärkeres Bewusstsein der Sicherheitsbehörden.“
Nicht der erste Vorfall dieser Art
Im Januar hatten Bauern Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen nach seiner Rückkehr von einer Privatreise an der Nordseeküste daran gehindert, eine Fähre zu verlassen. Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang war beim Politischen Aschermittwoch in Schorndorf bei Stuttgart ausgepfiffen, beschimpft und an der Abreise gehindert worden.
Aus SPD und Union kam Solidarität mit Göring-Eckardt. „Es gehört leider mittlerweile zum Alltag, dass Politikerinnen und Politiker in unserem Land bedrängt, bedroht und beschimpft werden. Auf der Straße und im Netz“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, dem „Spiegel“. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, sagte der „Rheinischen Post“ (Freitag): „Die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel.“