Schwarzbuch Steuerzahlerbund spießt Verschwendung auf
Goldene Bänke in einer verschuldeten Stadt, ein „Phantom-Parkplatz“, wo sich kaum ein Pendler hinverirrt, überdimensionierte Prestige-Projekte - der Bund der Steuerzahler hat wieder herausragende Beispiele öffentlicher Verschwendung aufgespießt.
Düsseldorf - In seinem 51. Schwarzbuch hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) bundesweit 100 exemplarische Fälle aufgelistet, die nach seinen Recherchen Steuergeldverschwendung darstellen. Am Dienstag stellte der Landesvorsitzende Rik Steinheuer in Düsseldorf auch 13 Fälle aus Nordrhein-Westfalen vor. Zu den erstaunlichsten Beispielen zählen unbequeme, dafür aber goldfarbene Bänke in der Wuppertaler Innenstadt, ein Pendler-Parkplatz fast ohne Pendler in Borken und eine sehr teure Veranstaltungshalle für relativ wenige Leute in Monheim. Im Folgenden eine Auswahl.
Goldene Bänke: Unter der Überschrift „Vornehm geht der Haushalt zugrunde“ wirft der Steuerzahlerbund die Frage auf, warum sich eine hoch verschuldete Stadt wie Wuppertal teure goldfarbene Sitzbänke in der Innenstadt leiste. Alle zehn Bänke, die seit Oktober 2022 aufgestellt worden seien, kosteten zusammen 400.000 Euro, rechnet der Verein vor. Mit diesen Sonderanfertigungen habe Wuppertal „jedes Maß verloren“, kritisierte Steinheuer. Zudem seien die Bürger empört über „unbequeme Bänke ohne Rückenlehnen, die marode, alt, verschmutzt und verwahrlost erscheinen“, heißt es im Schwarzbuch.
Wuppertal weist die Kritik zurück. Die Bänke hätten keine Rückenlehnen, um von allen Seiten nutzbar zu sein, erklärte eine Sprecherin auf dpa-Anfrage. Der vom Steuerzahlerbund ins Feld geführte Wuppertaler Schuldenstand von 1,6 Milliarden Euro sei in Wirklichkeit nur etwa halb so hoch und zudem sei der künstlerische Entwurf zu 80 Prozent aus Landesmitteln gefördert worden.
Parkhaus ohne Autos: An Wuppertal hat der Steuerzahlerbund zudem auszusetzen, dass dort ein Parkhaus fast zwei Jahre lang auf Autos gewartet habe. Weil die Stadt sich nicht rechtzeitig um einen Betreiber gekümmert habe, seien nach der 4,1 Millionen Euro teuren Sanierung die Einnahmen ausgefallen, heißt es im Kapitel „teure Fehler“. Die Stadtsprecherin hält dagegen: „Das Parkhaus hat nicht „auf Autos gewartet“, sondern es hat sich im Laufe der Sanierung eine massive Schadstoffproblematik ergeben - mit entsprechenden baulichen Verzögerungen.“
Pendlerparkplatz ohne Pendler: In Borken sei „ein Phantom-Pendlerparkplatz“ entstanden, bemängelt der Steuerzahlerbund. Gekostet habe er inklusive einer erforderlichen Abbiegespur mehr als 1,4 Millionen Euro, genutzt werde er aber kaum. Mit Plätzen für mehr als 200 Pkw und 50 Fahrräder sei er „am Bedarf vorbei geplant worden“, sagte Steinheuer. Nach einem Jahr des Leerstands überlege die Stadtverwaltung jetzt, wie der Parkplatz stärker belebt werden könnte - auf ihrer Website sucht man aber vergeblich nach dem Angebot.
Die Stadt Borken wies darauf hin, dass infolge der Corona-Pandemie viel mehr Unternehmen Möglichkeiten für mobiles Arbeiten geschaffen hätten, was den Parkdruck in der Innenstadt sowie den Bedarf für Fahrgemeinschaften und Shuttleverkehr reduziert habe. Die Stadt sei dennoch überzeugt, dass sich die Auslastung des Parkplatzes erhöhen werde und erwäge, ihn weiter zu bewerben.
Teure Selfies: „Schöner Knipsen mit Steuergeld“ nennt der Steuerzahlerbund übertriebene Stadtmarketing-Ausgaben für sogenannte Selfiepoints. Nach Vorbildern in Amsterdam, Ascona oder Nizza hätten sich auch die klammen Städte Bochum und Duisburg kostspielige Schriftskulpturen zum Posieren gegönnt - für jeweils um die 100.000 Euro. Für „kurzlebige Trends“ und Marketing ohne Alleinstellungsmerkmal sei das unangebracht.
Bochum hält dagegen, der Schriftzug solle „eine wiedererkennbare Landmarke“ werden und positiv auf das Image der Stadt einzahlen. „Auf dem Rathausvorplatz ist täglich zu beobachten, wie häufig er fotografiert wird und in den sozialen Netzwerken ist er ein gerne genutztes Motiv.“ Ähnlich hebt Duisburg seinen „sehr effektiven Werbeträger“ hervor. Dass der Schriftzug „DUISBURG IST ECHT“ vom BdSt „als Steuerverschwendung gebrandmarkt“ werde, zeige bloß, dass er Bund sich nicht wirklich mit dem Thema befasst habe.
Mega-Halle in der Provinz: „In Monheim spielt Geld keine Rolle“ folgert der Steuerzahlerbund aus einer bislang schon 126,5 Millionen Euro umfassenden Investition in eine neue Veranstaltungshalle. Mit ihrer „Kulturraffinerie“, die für 4800 Besucher gebaut werde, setze die 46.000-Einwohner-Stadt Maßstäbe, als wäre sie eine Metropole. „Eine sündhaft teure Marina“ wolle Monheim sich zusätzlich gönnen, ebenso wie die bereits begonnene größte Turnhalle Europas. „Auch einmal auf etwas zu verzichten, erscheint in Monheim offenbar absurd“, heißt es im Schwarzbuch. Steinheuer nennt die Projekte „überdimensioniert“. Schon seit Jahren beobachte der Bund dort „eine Entwicklung zu einem gewissen Größenwahn“.
Dauerbrenner: Einige aus Steuerzahler-Sicht besonders herausragende Objekte der Verschwendung tauchen immer wieder in den Schwarzbüchern auf - vor allem aus Köln. Dazu zählen: die galoppierenden Kosten für die Sanierung der Kölner Oper, die zusammengerechnet mittlerweile schon auf mehr als 714 Millionen Euro beziffert werden müssten, sagte Steinheuer. „Eine einzige Posse“ sei auch die Kostenexplosion für die Sanierung der Zentralbibliothek (jetzt geschätzt bei knapp 140 Millionen Euro) sowie für die Bewachung des schlecht isolierten Heinrich-Böll-Platzes, unter dem die Philharmonie ohne Störgeräusche spielen soll. Dafür beliefen sich die Kosten allein in den vergangenen sieben Jahren auf gut 1,5 Millionen Euro, heißt es im Schwarzbuch 2023/24.
Öffentlichkeitsarbeit oder Regierungsreklame: Bundesweit hat der BdSt in diesem Jahr das Thema Öffentlichkeitsarbeit der Politik besonders unter die Lupe genommen und moniert, dass die Ausgaben zu hoch seien. Auch in NRW seien diese Kosten kräftig gestiegen, sagte Steinheuer. Laut Haushaltsangaben der Staatskanzlei und der Ministerien seien sie von 2013 auf 2023 von gut 2,6 Millionen auf knapp 6,4 Millionen Euro geklettert. Nicht akzeptabel sei es, wenn eine Regierung Blogger und Influencer dafür bezahle, selbst in gutem Licht dazustehen. Solche Fälle seien aus NRW allerdings nicht bekannt.