Hahnemann Oertel Kusch-Lück & Co. Hahnemann Oertel Kusch-Lück & Co.: Was machten die Lieblinge des DDR-TV nach 1989?

Halle (Saale)/Berlin - Sagt Ihnen der Begriff „DFF-Fernsehliebling“ noch etwas? Wenn ja, dann sind Sie sehr wahrscheinlich schon etwas älter und haben im TV neben den Sendern ARD, ZDF, RTL & Co. auch noch das Programm der beiden DDR-Sender verfolgt.
Der Deutsche Fernsehfunk (DFF), wie sich die staatliche TV-Anstalt zwischen 1956 und 1972 nannte, und das Fernsehen der DDR (1972-1989), brachten so einige Stars und Sternchen hervor und ehrte viele davon als „Fernsehliebling“. Manche sind inzwischen fast vergessen, andere tauchen heute noch regelmäßig auf den Bildschirmen der Nation auf.
Der Publikumspreis „Fernsehliebling“ wurde zwischen 1963 und 1989 vom DDR-Fernsehen in verschiedenen Kategorien (Schauspiel, Moderator, Ansage, Unterhaltung und weitere) verliehen. Die Leser der „FF dabei“, der einzigen TV-Programmzeitschrift der DDR, und der Berliner Zeitung durften zuvor ihre Lieblinge wählen.
Wir stellen hier einige der beliebtesten Gesichter des ehemaligen DDR-Fernsehens vor - und verraten, wie sie die Jahre nach der Wiedervereinigung verbracht haben.
Helga Hahnemann
Helga Hahnemann war wohl die beliebteste Entertainerin der DDR und ist bis heute bei vielen Ostdeutschen unvergessen. Mit ihrer frechen „Berliner Schnauze“ und ihrem großen Herzen eroberte sie die Sympathien des Publikums im Sturm.
Kaum jemand prägte das Unterhaltungsfernsehen der DDR so sehr wie „Henne“ Helga Hahnemann. Spätestens als Moderatorin der großen Samstagabend-Show „Ein Kessel Buntes“ wurde sie Ende der 70er Jahre zum Superstar des DDR-Fernsehens.
Die akribisch arbeitende Hahnemann feierte große Erfolge als Schauspielerin, als Kabarettistin, TV- und Radiomoderatorin und natürlich als Sängerin. Mit Schlagern wie „Wo ist mein Jeld bloß geblieben“ oder „Jetzt kommt dein Süßer“ stürmte sie die Hitparaden der DDR.
Während der Vorbereitungen zur großen Silvester-Show 1991/92 starb Helga Hahnemann am 20. November 1991 mit 54 Jahren an Lungenkrebs. Zu Ehren der jung verstorbenen Entertainerin riefen die Illustrierte Superillu in Kooperation mit den ostdeutschen Landessendern MDR und RBB den Medienpreis „Goldene Henne“ ins Leben. Dieser Publikumspreis wird seit 1995 einmal im Jahr an Personen aus den Bereichen Politik, Kultur, Sport und Massenmedien und zur Erinnerung an die beliebte Entertainerin vergeben.
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Heinz Florian Oertel
Er war das Flaggschiff der ostdeutschen Sportmoderation. Egal ob Friedensfahrt, Leichtathletik-EM, Fußball-WM oder Olympische Spiele: Eigentlich gab es kein großes Sportereignis, das Heinz Florian Oertel nicht mit viel Fachwissen, Witz und seiner markant-sonoren Stimme für das Fernsehen der DDR begleitete.
Am bekanntesten dürfte aber sein emotionaler Gefühlsausbruch bei der Moderation zum zweiten Olympiasieg von Marathonläufer Waldemar Cierpinski sein. Als der Hallenser 1980 als Führender auf die Zielgerade im Moskauer Stadion einbog, appellierte Oertel an alle werdenden Eltern: „Haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar!“
Für solche und ähnliche Moderationen wählte ihn das TV-Publikum in der DDR 17 Mal zum „Fernsehliebling“ des Jahres.
Nach dem Ende der DDR bekam Oertel im Fernsehen keine Aufträge als Sportreporter mehr. Zu groß war die Nähe zum System der ehemaligen DDR und der regierenden SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands). Der inzwischen 90-jährige Oertel widmete sich fortan dem Schreiben. Vor allem in Ostdeutschland verkaufen sich seine Bücher gut.
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Lutz Jahoda
Der 1927 in Brünn (Brno/Tschechien) geborene Lutz Jahoda lernte zunächst Kaufmann, bevor er nach dem zweiten Weltkrieg in Wien Schauspielunterricht nahm und später in Berlin Theater spielte. Über die Stationen Stendal, Halberstadt und Garmisch-Partenkirchen landete Jahoda am Operettenhaus Leipzig - von wo er dann den Weg zum DDR-Fernsehen fand, für das er als Sänger und Textautor arbeitete.
Richtig bekannt wurde Jahoda durch seine eigene Fernsehshow „Mit Lutz und Liebe". Gemeinsam mit Heinz Quermann gestaltete der heute 90-Jährige die TV-Show erfolgreich als Autor, Moderator und Sänger.
Nach dem Mauerfall wurden die Fernsehauftritte seltener, doch die Karriere endete nicht gänzlich. Der Tausendsassa wechselte zum Radio und arbeitete als Autor und Moderator für den Berliner Sender Radio 50plus. Mit einem Jeans-Geschäft versuchte er sich noch einmal als Kaufmann, geriet aber an die falschen Partner und die Firma in finanzielle Schieflage. Jahoda orientierte sich erneut um. Seitdem schreibt er Bücher. Inzwischen lebt der Entertainer mit seiner sechsten Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn in der Nähe von Berlin. Zuletzt veröffentlichte Lutz Jahoda sein Buch „Lustig ist anders“.
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Erika Krause
„Du und dein Garten“ - wohl kaum ein Kleingärtner der DDR, der diese Fernsehsendung und die Moderatorin und Erfinderin Erika Krause nicht kannte. 480 Folgen der im Ratgeber-Format angelegten Sendung liefen zwischen 1968 und 2003 sehr erfolgreich im TV.
Die Sendung wurde schnell zum Publikums-Renner und die TV-Gärtnerin zum DDR-Fernsehliebling. Im Gegensatz zu Shows vieler ihrer Kollegen überlebte Erika Krause mit ihrem Format sogar die Wende. Auch nach 1990 ging es für sie und ihre Garten-Show weiter. Nach 35 Jahren war dann endgültig Schluss. Erika Krause ging in den verdienten Ruhestand und lebte nach ihrer Alzheimer-Diagnose bis 2017 in einem Pflegeheim am Zeuthener See bei Berlin, wo sie am 2. Februar 2017 mit 92 Jahren starb.
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Hans Joachim Wolfram
39 Jahre lang moderierte Hans Joachim Wolfram im DDR-Fernsehen die beliebte Sendung „Außenseiter - Spitzenreiter“, die sich mit besonderen Rekorden, außergewöhnlichen Menschen und deren Hobbys und anderen Kuriositäten aller Art beschäftigte. Gern stichelte Wolfram in seinen Beiträgen beiläufig gegen Mangelwirtschaft, Bürokratie und andere Missstände im Land und zog sich so den Unmut der SED-Oberen zu. Das Publikum liebte ihn dafür umso mehr.
Wolfram, der die Zuschauer am Ende jeder Sendung mit den Worten „Und bleiben Sie schön neugierig!“ verabschiedete, überdauerte mit der Show auch die politische Wende. Er moderierte die Sendung im MDR bis 2011 und wurde nach 39 Jahren dann unfreiwillg abgelöst. Gern hätte er seine 40 TV-Jahre voll gemacht. Heute wird die Sendung von Madeleine Wehle moderiert. Hans Joachim Wolfram starb im Jahr 2016 im Alter von 82 Jahren.
Petra Kusch-Lück
Die gelernte Krankenschwester kam wie viele andere beliebte Fernsehstars Ostdeutschlands über Umwege auf die Bildschirme des DDR-Fernsehens. Ab 1969 arbeitete Petra Kusch-Lück zunächst nebenberuflich als Ansagerin im zweiten Programm des damaligen Deutschen Fernsehfunks (DFF), das am 7. Oktober 1969 erstmals als Farbfernsehprogramm an den Start ging.
Die attraktive und charmante Sprecherin eroberte schnell die Herzen der Zuschauer und schaffte alsbald den Sprung ins renommiertere erste Programm. Dort wurde ihr 1980 die Moderation des populären „Kessel Buntes“ angeboten, den sie immerhin drei Mal präsentieren durfte, unter anderem mit eigenen Tanz- und Gesangsdarbietungen. Es folgten eigene Fernsehshows („Musik für Sie“, „Petra kommt“, „Ein Haus voll Musik“) und mehrere Silvester-Shows. Bis 1989 wurde Petra Kusch-Lück acht Mal in Folge zum Fernsehliebling gewählt.
Nach dem Mauerfall musste die gebürtige Berlinerin, wie viele andere DDR-Künstler, jedoch einen harten Karriereknick verkraften. 1991 endete die Arbeit als Moderatorin beim Deutschen Fernsehfunk mit einer Kündigung. Daraufhin stieg sie Ende 1993 wieder ins Tournee- und Gala-Geschäft ein, bevor 1994 mit „Rosen, Tulpen, Nelken“ die erste Fernsehsendung im MDR folgte.
Zwischen 1995 und 2003 moderierte sie die Volksmusik-Sendung „Musikantenscheune“ in der ARD, die das Potential der beliebten, kleinen Blonden doch noch erkannte.
Im Oktober 2007 wurde sie in der MDR-Sendung „Die Wahl der beliebtesten Fernsehansagerinnen“ aus 100 bekannten Kollegen auf den ersten Platz gewählt. Bis 2011 moderierte sie mehr als 700 Sendungen der Geburtstagsshow „Alles Gute“ im MDR-Fernsehen. Petra Kusch-Lück ist seit 1992 mit Sänger Roland Neudert verheiratet, Die beiden sind als Duett auch heute noch gern gesehene Gäste bei Live- und Fernseh-Shows.
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Viele weitere prominente Namen in der Liste
Neben den genannten TV-Stars finden sich natürlich viele weitere Prominente in den Listen der zwischen 1963 und 1989 geehrten „Fernsehlieblinge“. Darunter sind so bekannte Namen wie Frank Schöbel (Sänger), O.F. Weidling (Kabarettist), Carmen Nebel (Moderatiorin), Klaus Feldmann (Nachrichtensprecher), Dagmar Frederic (Sängerin) und viele mehr.
Zwischen 1965 und 1969 schaffte es selbst der später eher ungeliebte Karl-Eduard von Schnitzler mit seinem „Schwarzen Kanal“ zum Fernsehliebling. (mz)