Stahnsdorf in Brandenburg Stahnsdorf in Brandenburg: Im Taxi über den Promi-Friedhof

Stahnsdorf/dpa. - Ein «Friedhofstaxi» chauffiert seit Donnerstag Trauergäste und Touristen über den Südwestkirchhof Stahnsdorf (Kreis Potsdam-Mittelmark), die alte Prominenten-Ruhestätte vorden Toren Berlins. «Vor allem alten Menschen wollen wir mit diesembundesweit einmaligen Service helfen», sagte Kirchhofsverwalter Olaf Ihlefeldt. Dazu wurde eigens ein Elektromobil, das sonst über Golf-Plätze fährt, für bis zu vier Fahrgäste plus Chauffeurumgerüstet. Vom Haupteingang des Friedhofs, auf dem bedeutendePersönlichkeiten wie der Berliner Milieu-Zeichner Heinrich Zille und der Sozialdemokrat Rudolf Breitscheid ihre letzte Ruhe fanden, bis zu dem am weitesten entfernten Grab, sind es immerhin 2,5 Kilometer.
«Das neue Friedhofstaxi ist ein toller Service und eine großeErleichterung gerade für ältere Besucher», sagte Angelika Enke, diedie «Jungfernfahrt» als Passagierin miterlebte. Schließlich gehörtder 1909 eröffnete Südwestkirchhof, auf dem rund 120 000 Menschenbestattet sind, zu den größten Grabanlagen Europas. Neben 4000 Opfernvon Krieg und Gewaltherrschaft sind auf dem Waldfriedhof auchMitglieder der Verleger- und Unternehmerfamilien Ullstein und Siemenssowie der Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau begraben.
Durch die Gräberreihen schnurrt nun das Friedhofstaxi - mit einerMaximalgeschwindigkeit von 15 Stundenkilometern. «Es soll hier keineGolf-Caddy-Autobahn werden», betonte Ihlefeldt. Trifft der kostenloseService auf rege Resonanz, sollen ein bis zwei weitere Mobileangeschafft werden. Die 7000 Euro für das erste Taxi zahlte lautIhlefeldt die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesischeOberlausitz als Eigentümerin des Friedhofs. Ein Sprecher der Kircheerklärte in Berlin: «Für uns ist das ein Modellprojekt.» In Kürzesolle aber auch auf dem Ostkirchhof in Ahrensfelde bei Berlin einsolches Taxi rollen.
Nach Auskunft Ihlefeldts gab es auf anderen Friedhöfen inDeutschland bereits ähnliche Projekte, die aber eingestellt wordenseien. «Mir ist kein Friedhof bekannt, auf dem so ein Elektromobilfür Besucher jetzt unterwegs ist.» Gesteuert wird das lautloseFahrzeug auf dem Südwestkirchhof zunächst von Friedhofsmitarbeitern.Sollten weitere Wagen angeschafft werden, will Ihlefeldt auch übereine Neueinstellung nachdenken. Wer sich zu einem Grab oder zur 600Meter vom Haupteingang entfernten Kapelle kutschieren lässt, kanndort mit dem Fahrer eine Zeit für die Rückfahrt verabreden.
Aus Sicht von Premieren-Passagierin Enke hat das Taxi auch nocheinen weiteren Vorteil: «Der Chauffeur kann während der Fahrt soeiniges über den Friedhof und die Gräber erzählen.»