Saisonstart Spargel-Anbau schrumpft: Angebot zu Ostern noch begrenzt
Spargel gilt als traditioneller Frühlingsbote auf dem Teller, doch die Anbaufläche für das heimische Gemüse in Brandenburg wird kleiner. Landwirte kämpfen mit höheren Kosten und Unwägbarkeiten bei der Kauflust, doch es herrscht zum Saisonstart auch Zuversicht.
Potsdam/Beelitz/Kremmen - Auf den Feldern haben Erntehelfer die ersten Spargel-Stangen gestochen. Doch zum bevorstehenden Osterfest dürfte es das heimische Gemüse, das Wärme und Sonne braucht, erst in kleinen Mengen geben.
Die Spargelbauer in Brandenburg blicken seit Tagen erwartungsvoll auf die Wetterprognose. Sonniges Frühlingswetter mit 15 bis 20 Grad ist optimal für den Spargel, wie Malte Voigts vom Spargelhof Kremmen im Landkreis Oberhavel weiß. Eine Garantie, wie lange die ersten Stangen von seinen Feldern reichen, kann er bislang nicht geben. „Wir werden vor Ostern noch zu wenig Spargel haben“, sagte auch der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Jürgen Jakobs, der in der bis Juni dauernden Saison aber mit einer guten Ernte rechnet.
Der Deutsche Bauernverband äußerte jüngst gar die Sorge, deutscher Spargel könne wegen der billigeren Importware eines Tages von den Feldern verschwinden. Klar scheint bislang: In Brandenburg wird die Anbaufläche kleiner. „Einige Bauern sagten, wir gehen aus der Produktion raus“, schilderte der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Jürgen Jakobs, die Situation.
Das vergangene Jahr fiel ihm zufolge eher schlecht aus: „2022 war von extremer Kaufzurückhaltung geprägt.“ In den Läden blieb nach Verbandsangaben deutscher Spargel liegen. Kunden waren in der Energiekrise verunsichert, griffen vielleicht zum preiswerteren Spargel aus dem Ausland. 2022 hätten die meisten Betriebe nicht mit einem Gewinn abgeschlossen, meinte Jakobs. Spargel aus Beelitz, größtes Anbaugebiet in Brandenburg südwestlich von Berlin und Potsdam mit langer Tradition, ist auch im Einzelhandel breit vertreten.
Der Geschäftsführer des Spargelhofes in der Kleinstadt Kremmen will zwar seine Fläche für den Ertrag von derzeit etwa 180 Hektar auf 150 bis 120 Hektar verkleinern, zeigt sich aber für das am 1. April gestartete Spargel-Geschäft optimistisch. „Wir waren eigentlich auch die großen Corona-Gewinner“, sagte er und erinnerte an die Zeit, in der wegen der Corona-Einschränkungen mehr Menschen zuhause mit frischen Zutaten kochten. Zudem kann sein Betrieb auch noch auf den Heidelbeer-Anbau setzen.
Das heimische Frühlingsgemüse, gewissermaßen deutsches Kulturgut, sieht Voigts nicht in Gefahr. Er blicke gut gelaunt auf den Saisonstart, auch wenn die Verbraucher in diesem Jahr womöglich beim Konsum sparen könnten. Brandenburg steht im bundesweiten Vergleich auch nicht schlecht da: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes war Brandenburg bei der Spargel-Ernte mit 18 700 Tonnen bundesweit auf Platz drei - nach Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Steigen etwa wegen höherer Produktionskosten und aufgrund des gesetzlichen Mindestlohns von 12 Euro, der für die Erntehelfer in dieser Saison zu Buche schlägt, auch die Preise im Verkauf kräftig? „Das schlägt schon ins Kontor“, sagte Jakobs zu Lohnsteigerungen von bis zu 25 Prozent. Griechischer oder spanischer Spargel etwa sei günstiger zu produzieren. „Aber wir versuchen, die alten Preise zu halten.“ Eine gute Sorte koste im Verkauf zwölf bis 15 Euro je Kilo.
Der Brandenburger Linke-Bundestagsabgeordnete Christian Görke hält eine bessere Absicherung der Helfer für notwendig. „Meist arbeiten die Erntehelfer mit einem mangelnden Krankenversicherungsschutz“, sagte er am Sonntag. „Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag Verbesserungen versprochen.“ Passiert sei bisher aber nichts. Die Ampelparteien haben vereinbart, dass sie für Saisonbeschäftigte für
den vollen Krankenversicherungsschutz ab dem ersten Tag sorgen.
Spargel-Experte Voigts aus Kremmen nennt für sein Sortiment mit unterschiedlicher Qualität eine Preisspanne von sechs bis 16 Euro - das sei das Vorjahresniveau. Seinen Spargel gibt es an Verkaufsständen, im eigenen Hofladen und in der Gastronomie, nicht in großen Supermärkten. Die Erhöhung des Mindestlohns für seine rund 250 Erntehelfer aus Polen und Rumänien versucht Voigts etwa mit Effizienzsteigerungen und jüngeren Kulturen für eine bessere Ausbeute auf den Feldern wett zu machen. „Das versuchen wir abzupuffern und sind frohen Mutes, dass wir das auch hinkriegen.“
Von einem kleinen Spargelhof im südbrandenburgischen Kalkwitz, der als sein Markenzeichen Spargel ohne Folie im Nebenerwerb anbaut, ist zu hören, dass er in diesem Jahr die Preise auf den Wochenmärkten schon anheben müsse. Die Leute kämen auch nicht mehr dreimal die Woche, sagte der Juniorchef des Betriebs, Max Scharkowski. „Die Kaufkraft ist zurückgegangen.“
Damit der Spargel früh aus dem sandigen Boden sprießt, wächst er in der rund dreimonatigen Saison fast überall unter Plastik. Mit den Folien, die bei Naturschützern wegen des Artenschutzes umstritten sind, lässt sich die Temperatur im Spargeldamm beeinflussen und so eine schnellere Ernte hervorbringen. „Ohne Folie lässt sich kein marktfähiger Spargel erzeugen“, meinte Jakobs. Der Preis würde weit höher liegen, zudem würden sich die Spargelspitzen ohne Abdeckung grün oder blau färben, was der Verbraucher wiederum verschmähe.
Auch Geschäftsführer Malte Voigts nennt Vorteile der Folie, die etwa acht bis zehn Jahre halte. Er könne zum Beispiel auf Herbizide gegen Unkraut verzichten, zudem lasse sich Wasser sparen. Doch die Meinungen gehen auseinander. In Brandenburg an der Havel tobte ein heftiger Streit zwischen Bauern und Naturschützern wegen der Folien in einem Vogelschutzgebiet. Spargelbauer Scharkowski in Südbrandenburg mit einer vergleichsweise sehr kleinen Fläche von knapp zehn Hektar schwört auf folienfreien Anbau auch als Alleinstellungsmerkmal, wie er sagte. „Viele Kunden kommen gerade deshalb zu uns.“ Den ersten Spargel kann er in einigen Wochen ernten. „Wir hoffen auf Ende April, Anfang Mai.“