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Bundestagswahl Spannende Entscheidung: Wer bekommt die Erststimme?

Bei der Bundestagswahl zählt nicht nur das Kreuzchen für die Partei. Auch die Erststimme hat großen Einfluss. In vielen Berliner Wahlkreisen ist völlig offen, wer die meisten davon bekommt.

Von dpa 12.02.2025, 05:00
Der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller muss für die SPD sein Direktmandat verteidigen, sonst ist er nicht mehr im Bundestag. (Archivbild)
Der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller muss für die SPD sein Direktmandat verteidigen, sonst ist er nicht mehr im Bundestag. (Archivbild) Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin - In etlichen der zwölf Berliner Wahlkreise könnte es am 23. Februar bei den Direktmandaten spannend werden. Bei der vorgezogenen Bundestagswahl entscheiden die Wählerinnen und Wähler mit ihrer Erststimme über die Direktkandidaten, mit der Zweitstimme über die Partei. War das Erststimmenergebnis schon beim vergangenen Mal knapp, ist angesichts der Umfragewerte gut denkbar, dass es diesmal anders ausgeht. 

In Charlottenburg-Wilmersdorf beispielsweise holte zuletzt die SPD das Direktmandat: Dort lag der frühere Landesvorsitzende und langjährige Regierende Bürgermeister Michael Müller mit 25,6 Prozent knapp vor der Konkurrenz von Grünen und CDU. Aber ob ihm das noch einmal gelingt, ist fraglich.

Müller kann sich über Wiederwahl nicht sicher sein

Die CDU schickt mit Lukas Krieger einen neuen Kandidaten ins Rennen. Der Rechtsanwalt ist Mitglied im Kreisvorstand der CDU Charlottenburg-Wilmersdorf und könnte an Müller vorbeiziehen. Außerdem tritt wie beim vergangenen Mal für die Grünen Bundesfamilienministerin Lisa Paus an.

Landet Müller in seinem Wahlkreis nicht wieder auf Platz eins, ist das das Ende seiner Bundestagskarriere: Beim parteiinternen Gerangel um einen sicheren Platz auf der Landesliste ging er leer aus.

Pankow als besonderer Wahlkreis für die Grünen

In Pankow haben die Grünen die stellvertretende Fraktionschefin im Landesparlament, Julia Schneider, aufgestellt. Das Direktmandat ging zuletzt an den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar, der zunächst auch wieder nominiert wurde. 

Nach Vorwürfen gegen ihn, die sich inzwischen zum Teil als falsch herausgestellt haben, entschied sich der Kreisverband bei einer erneuten Abstimmung für Schneider. Ob es ihr gelingt, den Wahlkreis zu gewinnen, ist offen. 

Für die CDU stellt sich erstmals die studierte Volkswirtin Franziska Dezember zur Wahl, die Kreisvorsitzende der Frauen Union Pankow. Für die Linke geht der Landesvorsitzende Maximilian Schirmer ins Rennen, dürfte aber nur Außenseiterchancen haben.

Kühnert tritt nicht wieder an - geht das Direktmandat an die CDU?

In Tempelhof-Schöneberg lag bei der vergangenen Bundestagswahl der SPD-Kandidat Kevin Kühnert vorn. Der SPD-Abgeordnete hatte sich im Oktober vergangenen Jahres überraschend aus dem Politikbetrieb zurückgezogen und sein Amt als Generalsekretär niedergelegt. Für ihn tritt Sinem Taşan-Funke an, die ehemalige Berliner Juso-Vorsitzende. 

Gute Chancen auf das Direktmandat in dem Wahlkreis rechnet sich Jan-Marco Luczak aus, den die CDU außerdem auf den ersten Platz der Landesliste gewählt hat. Die Grünen, die im Bezirk den Bürgermeister stellen, dürften es dagegen nicht leicht haben: Die frühere Parteivorsitzende und grüne Bundesministerin Renate Künast kandidiert nicht mehr. Der neue Direktkandidat Moritz Heuberger ist im Vergleich zu ihr kaum bekannt. 

Wer gewinnt in Neukölln?

In Neukölln ging das Direktmandat bei der vergangenen Bundestagswahl an den SPD-Abgeordneten Hakan Demir. Diesmal bekommt er prominente Konkurrenz: Berlins CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein will den Wahlkreis gewinnen. Für die Grünen geht Andreas Audretsch ins Rennen, der Wahlkampfmanager von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck, für die Linke Ferat Koçak. Der Abgeordnete im Landesparlament ist in Neukölln nicht zuletzt durch sein Engagement gegen rechts bekannt. 

Wer gewinnt in Lichtenberg? 

In Lichtenberg hatte die Linke-Abgeordnete Gesine Lötzsch seit 2002 immer wieder das Direktmandat geholt. Diesmal kandidiert sie nicht erneut. Stattdessen tritt die neue Linke-Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner an, die es aus dem Stand allerdings schwer haben dürfte, an die bisherigen Wahlergebnisse anzuknüpfen.

Ein Grund dafür ist auch die Kandidatur von Norman Wolf, der für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) um Erststimmen wirbt. Wolf war lange Linke-Bezirkspolitiker und Mitarbeiter von Lötzsch.

Für die AfD geht die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch ins Rennen, die überregional bekannteste Berliner AfD-Kandidatin. Die CDU hat Danny Freymark nominiert, langjähriges Mitglied des Abgeordnetenhauses und stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, der als im Bezirk gut vernetzt gilt. 

Nicht jeder Wahlkreisgewinner kommt automatisch ins Parlament

Und noch etwas macht die Erststimmenwahl diesmal komplizierter: Wegen der Wahlrechtsreform ziehen nicht mehr alle siegreichen Wahlkreis-Direktkandidaten automatisch in den Bundestag ein.

Sie bekommen nur ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt, anderenfalls geht der Wahlkreis leer aus. Dafür entfallen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate. Künftig hat der Bundestag nur noch 630 Abgeordnete, statt aktuell 733.

Wahl 2021 musste in Berlin teilweise wiederholt werden 

Bundestagswahl war in Berlin zuletzt erst im Februar 2024, zumindest in Teilen der Stadt. Bei der Bundestagswahl 2021 gab es in Berlin zahlreiche schwerwiegende Pannen. Sie musste deshalb in einem Fünftel der Berliner Wahlbezirke wiederholt werden.

Bei der Bundestagswahl 2021 inklusive Teilwiederholung 2024 lag in Berlin die SPD mit 22,2 Prozent der Zweitstimmen vorn. Es folgten die Grünen (22,0), CDU (17,2), Linke (11,5), AfD (9,4) und FDP (8,1). Von den zwölf Direktmandaten gewann die SPD vier. Grüne und CDU holten je drei und die Linke zwei.