Meeressäugetier Seltener Buckelwal in der Nordsee macht wohl Insel-Hopping
Erst ließ er sich vor Baltrum blicken, dann vor Wangerooge und nun vor Norderney: Ein für die Nordsee seltener Buckelwal erkundet weiter das Wattenmeer. Badegäste sehen ein besonderes Naturschauspiel.
Norderney - Der kürzlich vor mehreren Ostfriesischen Inseln gesichtete junge Buckelwal tummelt sich wohl weiterhin in der Nordsee und erkundet das Wattenmeer. Am frühen Montagabend ließ sich der Meeressäuger rund 200 Meter vom Norderneyer Weststrand entfernt mehrmals an der Wasseroberfläche blicken und bereitete Badegästen und Insulanern ein seltenes Naturschauspiel, wie ein dpa-Fotograf berichtete. Das Tier tauchte rund eine Stunde lang im Wasser zwischen den Inseln Norderney und Juist, kam immer wieder an die Wasseroberfläche und blies Fontänen in die Luft.
Die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer in Wilhelmshaven erhielt mehrere Aufnahmen von dem Schauspiel. „Das ist ein Buckelwal ganz eindeutig“, sagte Thea Hamm, zuständig für Meeressäuger bei der Nationalparkverwaltung, der Deutschen Presse-Agentur. Erkennbar sei dies an der weißen Brustflosse. Da Buckelwale nur selten in die Deutsche Bucht kämen, sei es sehr wahrscheinlich, dass es sich um dasselbe Tier handele, das in den vergangenen Wochen schon vor Baltrum und Wangerooge gesichtet worden war.
Ebbstrom bereitet Buckelwal Herings-Futter
Vor Norderney war das Tier wahrscheinlich auf Nahrungssuche. Auf den Aufnahmen sei zu erkennen, wie der Buckelwal etwa drei Stunden nach Hochwasser im einsetzenden Ebbstrom im Seegatt, also der Strömungsrinne zwischen zwei Inseln, frisst. „Der legt sich quasi ins Seegatt und macht im Ebbstrom das Maul auf“, sagte Hamm. Denn dann gebe es dort die meisten Fische, vor allem Heringe, die mit dem Ebbstrom von den Watten zwischen den Inseln hindurch auf die offene Nordsee schwimmen. „Für den Buckelwal ist das ideal“, sagte die Biologin. Dass das Tier fresse, sei auf den Aufnahmen auch an den Möwen zu erkennen, die über dem Wal kreisten, um etwas vom Fisch abzukommen, erklärte Hamm.
Um den Buckelwal zweifelsfrei identifizieren zu können, hofft die Expertin, dass weitere Aufnahmen die Nationalparkverwaltung erreichen. „Am liebsten hätten wir ein Bild von der Rückenflosse“, sagte Hamm. Diese sei klein im hinteren Drittel des Körpers. Interessant sei auch ein Bild von der Fluke, also der Schwanzflosse. „Dann könnte man das Individuum vielleicht auch zuordnen“, sagte Hamm.
Jungtier wahrscheinlich auf Abwegen
Buckelwale werden 12 bis 15 Meter lang und können bis zu 30 Tonnen wiegen. Sie leben in polaren Meeren und ziehen zum Kalben bis in tropische Gewässer. Dafür wandern sie hin und her. Die genauen Migrationsrouten sind laut Hamm nicht bekannt. Meistens würden die Buckelwale etwa von Island und Norwegen aus westlich der britischen Inseln ziehen.
Dieses Jungtier könnte der Expertin zufolge aus Neugier eine andere Route durch die Nordsee genommen haben. Die Gefahr einer Strandung sei eher gering. Im Gegensatz zu Pottwalen kämen Buckelwale gut in flacherem Wasser wie im Wattenmeer zurecht, sagte Hamm.