Schweiz Schweiz: Retter bergen elf Tote nach Inferno im Gotthard-Tunnel

Airolo/dpa. - Anderthalb Tage nach dem verheerenden Unglück im Schweizer Gotthard-Tunnel haben die Rettungskräfte elf Tote, darunter vier aus Deutschland, geborgen. Die Rettungsdienste gingenaber am Donnerstag davon aus, dass sich unter den Trümmern nochweitere Opfer befinden. Fast 30 Stunden nach dem Zusammenprallzweier Lastwagen und dem Ausbruch eines Feuerinfernos war es derFeuerwehr erstmals gelungen, zum eigentlichen Unglücksortdurchzudringen. Den Männern bot sich ein Bild des Grauens. DieSchäden sind so groß, dass der Gotthard-Tunnel, die wichtigste Nord-Süd-Verbindung Europas, bis 2002 geschlossen bleibt. Die Zahl der Vermissten kletterte bis zum Abend wieder auf 128.
Unter den Toten sind nach Angaben der Rettungskräfte auch vierDeutsche. Außerdem kamen bei dem Tunnelbrand ein Luxemburger, ein Italiener, ein Franzose und ein Schweizer ums Leben, teilte ein Polizeisprecher in Airolo mit. Die weiteren Opfer konnten noch nicht identifiziert werden. Unter den geborgenen Toten befindet sich auch der Fahrer des Lastwagens, der den Unfall verursacht hat. Der spanische Fahrer des anderen Wagens hatte sich retten können.
Am Abend war die Zahl der bei der Polizei als vermisst gemeldeten Personen wieder auf 128 angestiegen. Am Morgen war noch von 80 als vermisst Gemeldeten die Rede. Die Verantwortlichen verwiesen aber darauf, dass es sich bei dieser Zahl nicht um Brandopfer handeln müsse.
Der Unfall und der anschließende Brand in dem Tunnel mit einerVerkehrsröhre hat die Sicherheitsdebatte neu entfacht: Expertenforderten strengere Vorschriften und eine Verschärfung derKontrollen. Der Gotthard-Tunnel bleibt Monate geschlossen. DieSperrung des Tunnels und ein schwerer Unfall auf einerAusweichstrecke führten zu einem Verkehrschaos in der Schweiz.
Den Rettern machte besonders die große Hitze im Tunnel zuschaffen. Bevor sich die Helfer zum Unfallort vorkämpften, musste die Feuerwehr in mehreren Anläufen die Gluthitze mit Wasser und Kühlmaschinen senken.
Bei dem Zusammenstoß der Lastwagen waren Reifen und Kunststoffein Brand geraten. Die Ventilationssysteme des Tunnels wurden mit denschwarzen Rauchwolken nicht fertig. Experten erklärten, das Systemselbst sei bereits sehr gut. Es hätte in Kürze durch ein neues undnoch effektiveres ersetzt werden sollen. «Das Unglück kam einfach zufrüh», meinte ein Experte im Fernsehen.
«Der Brand ist unter Kontrolle», sagte am Donnerstagmittag einFeuerwehrsprecher am Südportal des Gotthard-Tunnels. DieSchwelbrände sollten bis zum Abend gelöscht sein. Die Hitze imTunnel sei mittlerweile auf ein erträgliches Maß zurückgegangen.Zeitweise hatten bis zu 1000 Grad geherrscht. Dadurch sei dieStahlkonstruktion der Deckenbefestigung zerstört worden. Sie stürzteauf einer Länge von 250 Meter auf die Fahrbahn.
Unterdessen brach am Donnerstag in der Schweiz der Süd-Nord-Verkehr teilweise zusammen. Nach dem Unglück im Gotthard-Tunnel wares auf der Ausweichstrecke am San Bernadino zu einem weiteren Unfallgekommen. Am italienisch-schweizerischen Grenzübergang in Chiassoherrschte ein Verkehrschaos. Die Einfahrt in die Schweiz wurdezeitweise geschlossen. Die Schweizer Bundesbahnen kündigtenzahlreiche Sonderzüge im Personen- und Güterverkehr an.
Nach dem Tunnel-Unglück forderte der ADAC strengereVerkehrsvorschriften und scharfe Kontrollen. «Das ist der Preis, denman für Sicherheit zahlen muss», sagte Robert Sauter, Leiter Testund Verbraucherschutz des ADAC in München, der dpa. «Man muss daraufachten, dass weniger Verkehr durch die Tunnel fließt», verlangte er.Tunnel, die wie im Gotthard nur eine Verkehrsröhre haben, könntennicht kurzfristig ersetzt oder erweitert werden. In Deutschlandseien verheerende Tunnelunfälle weniger wahrscheinlich.

