Schweinegrippe-Impfung: Streit um Kosten
Berlin/dpa. - Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Bundesländer aufgefordert, einen Teil der Millionenkosten für die geplante Massenimpfung gegen Schweinegrippe zu zahlen.
«Wir erwarten (...), dass sich die Länder ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung stellen, die auf Basis der Pandemiepläne eindeutig zuzuordnen ist», sagte die Vorsitzende des Vorstands des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, am Dienstag in Berlin. Die Bundesländer hatten 50 Millionen Impfdosen zur Abwehr der Schweinegrippe bestellt.
«Die Krankenkassen werden ihren Teil im Kampf gegen die Schweinegrippe übernehmen und sich an den Kosten für eine Impfung beteiligen», sagte Pfeiffer. Das Bundesgesundheitsministerium warnte, ohne Impfung wären die Kosten für die Kassen am Ende höher.
Wären die Kassen zuständig, müssten die Versicherten nach Kassenansicht einen Großteil der rund 600 Millionen Euro für die Impfung womöglich über Zusatzbeiträge aufbringen. Die Kosten seien nicht im Gesundheitsfonds vorgesehen, erläuterte Pfeiffer. «Entziehen sich die Länder, die private Krankenversicherung und Beihilfeträger ihrer Verpflichtung, würde der Fonds entsprechend höher belastet und damit auch die Beitragszahler», sagte die Verbandschefin. «Dadurch entsteht das Risiko für die Krankenkassen, Zusatzbeiträge erheben zu müssen», sagte eine Sprecherin des Ersatzkassenverbands VDEK der «Leipziger Volkszeitung». «Grundsätzlich ist der Umgang mit einer Pandemie Angelegenheit der öffentlichen Gesundheitsdienste.»
Für Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) stehe der Schutz der Bevölkerung im Vordergrund, hielt eine Sprecherin den Forderungen entgegen. «Die Gesetzeslage ist eindeutig», sagte sie. «Empfohlene Schutzimpfungen sind Pflichtleistungen der Kassen.» Die Kassen trügen die Kosten der Impfung. «Das sieht eine Verordnung vor, die noch im August beschlossen wird», sagte sie. Außerdem wären die Kosten für die Kassen ohne Impfung höher.
Der Verordnungsentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt, sieht die Möglichkeit einer Aufteilung der Kosten vor: «In jedem Land wird ein Fonds errichtet, an dem sich neben den gesetzlichen Krankenkassen auch die privaten Krankenversicherungsunternehmen und die Beihilfeträger beteiligen können.» Auch die Innungskrankenkassen (IKK) wehren sich gegen mögliche Belastungen durch die Impfung. «Bund und Länder legen allein den Fahrplan fest, leiten alles in die Wege - und zahlen sollen dann die Krankenkassen - das lehnen wir ab», sagte Rolf Stuppardt, Geschäftsführer des IKK e.V..
Eine direkte Kostenübernahme durch Bund und Länder sei «nicht vertretbar», sagte hingegen SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der Onlineausgabe der «Frankfurter Rundschau». «Grundsätzlich sind die gesetzlichen Versicherungen für Schutzmaßnahmen verantwortlich.»
Der Impfstoff ist für Ende September, die Impfung dann für Herbst vorgesehen. Laut Verordnungsentwurf bestimmen und benachrichtigen die Kassen zunächst die Versicherten, die in der ersten Impfwelle zum Zuge kommen sollen. Das sollen unter anderem Patienten mit bestimmten chronischen Krankheiten sein. Die erste Impfwelle für 22,5 Millionen Menschen kostet die gesetzlichen Kassen rund 0,6 Milliarden Euro. Werden alle Bundesbürger geimpft, kostet dies laut Bundesgesundheitsministerium um die 2 Milliarden Euro. Es handelt sich um die größte Impfaktion der Bevölkerung seit fast 50 Jahren. Die Impfungen sind freiwillig.