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Eurovision Song Contest Schickt Stefan Raab bald wilde Mittelalter-Rocker zum ESC?

Deutschland sucht einen Beitrag für den Eurovision Song Contest. Die ersten Bewerber sangen nun vor dem neuen ESC-Kapitän Stefan Raab. Die Entscheidungen des „Raabinators“ lassen aufhorchen.

Von Jonas-Erik Schmidt, dpa 14.02.2025, 22:35
Die Band Feuerschwanz war die wohl größte Überraschung beim ESC-Vorentscheid.
Die Band Feuerschwanz war die wohl größte Überraschung beim ESC-Vorentscheid. -/RTL/dpa

Köln/Hürth - Ein junge Frau mit „Schmelz“ in der Stimme, der Sohn einer Komiker-Legende und eine Band vom Mittelaltermarkt: Stefan Raab hat mit seiner Mission zur Rettung der deutschen Ehre beim Eurovision Song Contest begonnen. In der Live-Show „Chefsache ESC 2025“ traten am Freitagabend die ersten 12 von insgesamt 24 Kandidaten des deutschen Vorentscheids an. Der „Raabinator“ und seine Jury ließen sieben von ihnen eine Runde weiter kommen.

Den exotischsten Auftritt hatten die Nürnberger Mittelalter-Rocker von der Band Feuerschwanz. Optisch sahen die nach Eisen, Schweiß, Schlacht und Ruß aus - musikalisch boten sie die Cover-Version des leichtgewichtigen Sommerhits „Dragostea din tei“. Es war ein in Teilen bizarres Spektakel.

Partystimmung wie auf einem Mittelaltermarkt

Das Publikum johlte und Raab suchte nach Worten, um die Darbietung in die gängigen Kategorien einzusortieren. „Hier haben mich verschiedenste Gefühle erwischt“, erklärte er. Er attestierte der Band großen Mut, „so einen Kacksong zu nehmen“. Feuerschwanz, deren Band-Name für internationale Kommentatoren wohl eine Herausforderung wäre, kamen aber eine Runde weiter. Die Band hatte ihre Karriere einst auf Mittelaltermärkten begonnen.

Ein zweites Ticket für das Halbfinale ging an den Singer-Songwriter und Pianisten Jonathan Henrich, der bereits familiäre Verbindungen zum ESC hat. Nach Angaben von eurovision.de ist er der Sohn von Comedy-Star Olli Dittrich, der 2006 mit der Band Texas Lightning für Deutschland antrat (14. Platz).

„Wie du da herumklimperst, das hat schon was für sich“, befand Raab, nachdem Henrich an einem Flügel den Song „Golden Hour“ von Jvke präsentiert hatte. Da könne sich der chinesische Star-Pianist Lang Lang „warm anziehen“, so Raab. Eine weitere Analyse des 58-Jährigen: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass gerade junge Frauen das total geil finden, was du machst.“

Eine Sängerin bekommt besonders gute Bewertungen

Sehr gut bewertet und durchgewinkt wurde zudem die Düsseldorfer Sängerin JULIKA, die in großer ESC-Tradition barfuß auf der Bühne stand und der Raab einen zarten „Schmelz“ in der Stimme bescheinigte. Auch bei der Kölner Musikerin Cage war die Sache klar: Noch während ihres Auftritts stand Sänger Max Mutzke, der als Gast in der Jury saß, auf und tanzte. „Mit Abstand das Beste, was ich jetzt gehört habe“, sagte er. Sie kam sicher weiter.

Tickets für die nächste Runde in gut einer Woche bekamen zudem die Münchner Band COSBY, das Geschwister-Duo Abor & Tynna aus Wien und der Sänger Benjamin Braatz aus der „Musikweltmetropole Hagen“ (Braatz über seine Heimat).

Der deutsche Vorentscheid ist in diesem Jahr auf vier Shows aufgeteilt. In den Vorrunden (RTL) entscheidet nur die Jury, wer weiter kommt. Im Kern besteht das Gremium aus Raab, Moderator Elton und Sängerin Yvonne Catterfeld. Im Finale (ARD) am 1. März hat dann das Publikum die Wahl.

Raab soll die Rettung bringen

Das große Ziel des Prozederes ist, jemanden zu finden, der beim ESC in Basel am 17. Mai um den Sieg mitsingen kann. In den vergangenen Jahren verlief der Wettbewerb für Deutschland recht desaströs. Seit 2015 hagelte es in großer Dichte letzte oder vorletzte Plätze. Einziger Ausreißer: 2018 landete Michael Schulte auf Platz 4. 2024 holte Sänger Isaak immerhin einen zwölften Rang. 

Unter dem Eindruck der mauen Bilanz wurde Raab wieder in den Auswahlprozess integriert. Er gilt als ESC-Spezialist. Die ARD kooperiert dabei mit RTL, dem neuen Heimatsender des Moderators, der von 2015 bis September 2024 in einer längeren Bildschirmpause war.

Der „Meister“ will nicht Zweiter werden

Raab muss nun allerdings beweisen, dass ihn die Aura des ESC-Erlösers zu Recht umgibt. Der Vorentscheid ist ganz auf ihn zugeschnitten und setzt ihm noch einmal ein Denkmal. Zu Beginn sahen Fernsehzuschauer Szenen aus der glanzvollen ESC-Historie von „König Lustig“ - von seiner Komposition „Guildo hat euch lieb“ für Guildo Horn (1998) über die eigene ESC-Teilnahme mit „Wadde hadde dudde da?“ (2000) bis zu dem unter seiner Ägide errungenen Sieg von Lena Meyer-Landrut 2010. Die Grobkörnigkeit der TV-Aufnahmen verdeutlichte zugleich: Das ist alles schon eine Weile her.

Raab geht die Sache erkennbar ernsthaft an. Auf dem Jury-Stuhl nahm er in Anzug und Krawatte Platz - ein optisches Zeichen, dass es um die Champions League geht. Moderatorin Barbara Schöneberger nannte ihn „den Meister“ und „Herr Chef“.

Raab selbst machte sich gar keine große Mühe, die Erwartungen zu dämpfen. „Das Ziel kann immer nur der erste Platz sein, sonst brauchen wir nicht mitzumachen“, sagte er.