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Schäferhunde Schäferhunde: Der graue Ossi wird immer seltener

Von Anett Indyka 27.09.2007, 05:56
Einen DDR-Stammbaum hat der Schäferhund mit Namen «Pita», der von Züchterin Gerlinde Schultze in Berlin gehalten wird. Er gilt als robuster als sein «West-Bruder», hat einen geraderen Rücken, ist meist grau und wird immer seltener. (Foto: dpa)
Einen DDR-Stammbaum hat der Schäferhund mit Namen «Pita», der von Züchterin Gerlinde Schultze in Berlin gehalten wird. Er gilt als robuster als sein «West-Bruder», hat einen geraderen Rücken, ist meist grau und wird immer seltener. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Er gilt als robuster als sein «West-Bruder», hateinen geraderen Rücken, ist meist grau und wird immer seltener. 17 Jahre nach der deutschen Einheit ist der reinrassige ostdeutsche Schäferhund eine Minderheit. Wie auf vielen Gebieten hat sich auchbeim Schäferhund die westliche Linie durchgesetzt. Gefragt sind vorallem Schönheiten in schwarz-braunen Farbtönen nach dem Vorbild desbeliebten vierbeinigen Fernseh-Kommissars Rex. Damit verschwindetmehrund mehr eine der kleinen Besonderheiten, die sich während der Zeitder deutschen Teilung östlich der Elbe entwickelt hatte.

Dass der «Ossi» robuster und der «Wessi» schöner ist, sei «zuverkürzt dargestellt», sagt Heiko Grube, Bundessprecher des VereinsDeutscher Schäferhunde. Tatsache ist, dass die durch diekriegsbedingte Teilung hervorgerufenen Unterschiede in derbeliebtesten Hunderasse der Deutschen heute noch erkennbar sind, wennauch nicht mehr so deutlich wie kurz nach der Wende.

Standen im Westen schon immer schwarz-braune Exemplare imMittelpunkt, die als Ausstellungs- und Sporthund punkten konnten,waren im Osten vor allem dunkle Exemplare mit guten Diensthunde-Eigenschaften gefragt. «Das sind Allrounder. Gute Dienst- undFamilienhunde. Das Beste, was es gibt», schwärmt Gerlinde Schultze,die noch heute am Ostberliner Stadtrand Schäferhunde mit einem reinenDDR-Stammbaum züchtet.

Dennoch ist der «reinerbige» Ost-Schäferhund auf dem besten Wege,eine Rarität zu werden. «Es gibt ihn noch, aber nur einige wenige»,sagt der einstige DDR-Hauptzuchtwart und Buchautor Werner Dalm ausStralsund. Und schimpft auch gleich über die nachlassende Qualitätder Tiere und vor allem über Geschäftemacher, die 17 Jahre nach derdeutschen Einheit auf der Ostalgiewelle reiten und mit angeblichechten Schäferhunden «Made in GDR» Geschäfte machen.

Das Klischee, wonach der DDR-Schäferhund im wesentlichen für denDienst an der deutsch-deutschen Grenze gezüchtet wurde, ärgert Dalmnoch heute. Die Armee und Polizei hätten nur Hunde mit Zahnmängelnund anderen Schönheitsfehlern bekommen. «Aber beißen mussten sie»,erinnert sich der 81-Jährige. Es habe auch keine generelleFarbbeschränkung auf graue Töne gegeben, «nur hell durften sie nichtsein».

Heute hält Dalm nichts mehr von der Aufteilung in Ost und West.Ohnehin ist zumindest der typisch graue Ost-Schäferhund fastvollständig verschwunden. «Leider Gottes ist da was dran», sagt Dalm.Auf Zuchtschauen könnten sie nicht mehr konkurrieren. Wie so vielessei auch die Hundezucht der Mode unterworfen und ein «Fehler derZuchtrichter». Seine zwei Hündinnen seien allerdings auch keine«reinen Ossis» mehr, sagt Dalm, der lange Jahre im Vorstand desVereins für Deutsche Schäferhunde in Mecklenburg-Vorpommern tätigwar.

Für die meisten Züchter steht heute im Vordergrund, dass schwarz-braune Welpen auf die Welt kommen, die gesund sind und den Idealender mehr als 100-jährigen Rasse so nahe wie möglich kommen. So sollzum Beispiel der stark abfallende Rücken, den viele Hunde mit West-Stammbaum haben und der als ein Grund für das schmerzhafte HüftleidenHD gilt, ausgeglichen werden. Viele suchen deshalb bewusst einenPartner aus dem jeweils anderen Zuchtstrang, was dazu führt, dasssich im wesentlichen wieder ein «gesamtdeutscher Schäferhund»entwickelt hat. «So groß sind die Unterschiede nicht mehr»,konstatiert Dalm. Dazu kommt, dass sich die allgemeine Landflucht imOsten auch beim Schäferhund niederschlägt. «Die Dichte an Ortsgruppenist in den alten Ländern wesentlich größer», sagt Grube.

Aber auch gesamtdeutsche Misslichkeiten machen dem Schäferhund zuschaffen. Die Grundstücke werden immer kleiner und auch Scheidungenseien ein Problem, erklärt Grube. Seit Jahren geht die Zahl derWelpen zurück. 2006 wurden nach Angaben des Verbandes für dasDeutsche Hundewesen (VDH) knapp 17 000 in das offizielle Zuchtbucheingetragen. Damit bleibt der Schäferhund vor dem Dackel zwar mitAbstand der beliebteste Rassehund in Deutschland. In den vergangenenzehn Jahren ging die Zahl der Welpen jedoch um mehr als 40 Prozentzurück. Immerhin: 250 000 der 5,2 Millionen Hunde in deutschenHaushalten sind nach SV-Angaben Schäferhunde. Übertroffen werden sienur von Mischlingen, wozu nach SV-Lesart auch Schäferhunde gehören,die nicht im offiziellen Zuchtbuch eingetragen sind.