Sao Paulo: Airbus-Schubumkehr war defekt
São Paulo/Brasilia/dpa. - Bei dem Airbus A320, der am Dienstag auf dem Flughafen von São Paulo verunglückt ist, gab es nach einem Bericht des brasilianischen Fernsehsenders «Globo» Probleme mit dem Umkehrschub einer Turbine. Bei der Katastrophe waren rund 200 Menschen ums Leben gekommen.
Der Technikchef der betroffenen Fluggesellschaft TAM, Ruy Amparo, räumte in einer Reaktion auf den Bericht ein, dass der Fehler am rechten Triebwerk des Airbus A 320 schon am Freitag vergangener Woche entdeckt worden sei. Die Maschine sei weiter eingesetzt worden, weil das laut Airbus-Handbuch bis zu zehn Tage nach Entdeckung des Defekts möglich sei. Unterdessen will Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva eine deutliche Senkung des Flugaufkommens auf dem überlasteten städtischen Flughafen Congonhas in São Paulo erreichen.
Wie die Zeitung «O Globo» am Freitag unter Berufung auf Regierungskreise in Brasilia berichtete, will der Staatspräsident auch die Bürokratie im Luftverkehr abbauen. Das wollte er dem Bericht zufolge in seiner Rede am Freitagabend mitteilen. Erwogen werde auch die teilweise Öffnung der Luftverkehrsverwaltung für den privaten Sektor, hieß es. Bislang ist das Militär zuständig. Gerüchten zufolge werden personelle Konsequenzen an der Spitze des Militärs und in der Führung der staatlichen Flughafenbehörde nicht ausgeschlossen. Lula hat sich bislang nicht öffentlich zum Unfall geäußert und wird deshalb bereits von Beobachtern scharf kritisiert.
Dass der Fehler in der Schubumkehr Hauptursache für die Katastrophe ist, halten Luftfahrtexperten für wenig wahrscheinlich, da Flugzeuge normalerweise auch ohne die Einrichtung problemlos landen können. Ein Ausfall werde dem Piloten durch das Kontrollsystem angezeigt, so dass er sich darauf einstellen kann. Das bestätigten auch das Unternehmen Airbus sowie Fachleute in Brasilien. «Globo» berichtete allerdings, dass die Unglücksmaschine genau einen Tag vor dem Unfall bereits Probleme bei der Landung in Congonhas gehabt habe. Der Pilot habe sich darüber beklagt, dass die Bahn «sehr rutschig» gewesen sei.
Die TAM-Maschine war mitten in der Millionenmetropole São Paulo bei der Landung über die regennasse Landebahn des Flughafens Congonhas hinausgeschossen. Anschließend rutschte sie über eine Hauptstraße und raste in eine Tankstelle und ein Geschäftsgebäude. Das Flugzeug und mehrere Häuser gingen in Flammen auf. Bis zum Freitag waren am Unfallort 184 Leichen geborgen worden. Vier weitere Opfer erlagen in Krankenhäusern ihren Verletzungen.
Brasilien wird seit Monaten von einer Krise im Luftverkehr erschüttert. Auslöser war ein Flugzeugzusammenstoß über dem Amazonas- Urwald Ende September vergangenen Jahres. Damals starben 154 Menschen. Seitdem sorgen Fluglotsen mit Protesten für bessere Arbeitsbedingungen für Chaos, Verspätungen und lange Wartezeiten auf den Flughäfen. Die Regierung von Lula wird auch von neutralen Beobachtern der «Tatenlosigkeit» beschuldigt.
Die Staatsanwaltschaft forderte die Schließung des Flughafens Cngonhas so lange, «bis einwandfreie Sicherheitsbedingungen bestätigt» seien. Nach Angaben der Behörden werden die Untersuchungen zur Ermittlung der Unfallursache vermutlich zehn Monate in Anspruch nehmen. Lula wies die Bundespolizei an, bei den Ermittlungen besonders die Landebahn unter die Lupe zu nehmen.