Lage der Fischereibetriebe Sachsens Fischwirte sehen sich am Scheideweg
Vielen sächsischen Fischbetrieben steht das Wasser bis zum Hals. Steigende Kosten, Vorgaben der Behörden und eine Zunahme von Fischräubern machen ihnen das Leben schwer. Das Land will mehr Geld geben.
Dresden - Die sächsischen Karpfen-Produzenten sehen angesichts zahlreicher Probleme ihre Existenz gefährdet. „Die Teiche wurden vor mehreren hundert Jahren künstlich angelegt und seither wirtschaftlich betrieben. Jetzt befinden wir uns an einem Scheideweg und kurz vor dem Abgrund“, sagt Richard Kuntzsch, Geschäftsführer des Sächsischen Fischereiverbandes, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Fischzüchter würden durch die Behörden stark reglementiert und mit Problemen alleingelassen.
Vor allem eine Verschärfung der Förderrichtlinie Teichwirtschaft und Naturschutz mache der Branche zu schaffen, sagt Kuntzsch. Danach dürfen die Betriebe maximal noch 400 Kilogramm Fisch pro Hektar produzieren - aus ökologischen Gründen. „Das schlägt allen aufs Gemüt.“ Zu DDR-Zeiten seien 3.000 Kilogramm je Hektar Praxis gewesen, nach der Wende 1.000 Kilogramm. Jetzt stünden die Fischer finanziell mit dem Rücken an der Wand. Um eine schwarze Null einzufahren, brauchten sie 750 Kilogramm pro Hektar.
Verband: Fischern wird das Leben immer schwerer gemacht
„Die Behörden kappen die Produktionsmengen. Ausgleichszahlungen für die entgangenen Produktionsmengen können das nicht kompensieren. Das ist das größte Problem der Branche“, erklärt Kuntzsch. „Fischer sind Unternehmer. Sie müssen mit ihrem Produkt ein auskömmliches Einkommen erzielen. Das scheint manchen in der Politik nicht klar zu sein.“
Kuntzsch zufolge spielt dabei der Naturschutz ohne Zweifel eine Rolle. Denn nur in einem funktionierenden Ökosystem würden Karpfen genug Naturnahrung finden. „Der Teichwirt ist immer bestrebt, dass dieses System intakt bleibt.“ Er greife auch regulierend ein, etwa durch den Schnitt von Schilf. „Wir sehen aber kritisch, dass Naturschutzverbände und die Politik zunehmend auf unsere Branche einwirken und alles besser wissen wollen.“
Karpfen lässt sich nicht am Fließband herstellen
Ohnehin ließe sich das Wachstum von Karpfen nicht genau vorhersagen, argumentiert der Geschäftsführer. Karpfen seien ein Naturprodukt und ließen sich nicht am Fließband wie Schokoriegel herstellen und bemessen. „Ein Karpfen verdreifacht bis vervierfacht sein Gewicht beim Wachstum. Der Fischer darf also nur etwa 100 Kilogramm Karpfen pro Hektar einsetzen, um am Ende die Vorgaben nicht zu überschreiten. Das ist aber widersinnig, weil es sich nicht genau abschätzen lässt.“
Das Agrarministerium macht geltend, dass mehr als 80 Prozent der bewirtschafteten Teiche dem sogenannten Natura2000-Gebietsschutz unterliegen. „Auf der Mehrzahl der Teiche ist trotzdem eine Fischproduktion ohne Ertragsbegrenzung grundsätzlich möglich.“ Nur bei etwa einem Drittel aller Teiche gelte aufgrund besonderer Anforderungen des Arten- und Biotopschutzes eine Begrenzung, wenn Teichwirte eine Förderung erhalten wollen. Die Begrenzung auf 400 Kilogramm pro Hektar komme aber auf den Prüfstand.
Hohe Verluste durch Fischräuber
Ein weiteres Problem stellen Fressfeinde dar - Fischräuber wie Kormorane oder Fischotter. Teilweise würden Betriebe dadurch bis zu 80 Prozent ihres Bestandes verlieren. Den Fischern seien die Hände gebunden. Vor allem einjährige Karpfen seien eine leichte Beute. „Die passen super in den Schnabel und den Schlund“, macht es Kuntzsch plastisch. Diese Bestände würden massiv geplündert. „In Deutschland leben über 100.000 Kormorane, welche jährlich Schäden von über einer Milliarde Euro anrichten.“
Laut Kuntzsch sind auch Fischotter auf dem Vormarsch. Ein Otter brauche etwa 500 Kilogramm Fisch pro Jahr. Bei einem Unternehmen in Ostsachsen, das früher zwei Tonnen Fisch produziert habe, sei die Menge durch Fischotter auf 950 Kilogramm gesunken. Biber würden massive Schäden an den Teichen verursachen und sie wie einen Schweizer Käse durchlöchern. Kuntzsch spricht von einem Mehr-Fronten-Krieg: Vögel als Luftwaffe, Fischotter als Marine und Biber als Landstreitkräfte.
Verband spricht von verzweifeltem Berufsstand
„Biber und Prädatoren nehmen rasant zu und die Produktionsmengen werden gekappt“, beschreibt der Geschäftsführer das Dilemma. Der Berufsstand sei verzweifelt. Vor allem kleinere Unternehmen könnten das nicht kompensieren und stünden vor großen, existenziellen Schwierigkeiten. Das werde auch beim Thema Betriebsnachfolge deutlich. Wenn ein Fischer in Rente gehe, finde er meist keinen Nachfolger und verkaufe die Teiche. „Es gibt eine Zentralisierung, die Großen schlucken die Kleinen.“
„Leider stehen dem Freistaat Sachsen nicht ausreichend finanzielle Mittel aus dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds zur Verfügung, um die Mehraufwendungen und Ertragsverluste in voller Höhe ausgleichen zu können“, teilte das Ministerium mit. Dem Landtag sei die schwierige Lage vieler Betriebe bekannt. Ab 2025 sollen daher zusätzliche Landesmittel für Teichförderung fließen - statt bisher drei Millionen Euro mehr als vier Millionen Euro für naturschutzgerechte Bewirtschaftung.