Metallindustrie Rüstungskonzern übernimmt Waggonbau in Görlitz
Görlitz wird ein Standort der Rüstungsindustrie. Die Geschichte der Schienenfahrzeugherstellung endet damit nach 175 Jahren. Künftig werden hier Panzerteile hergestellt.
Görlitz - Der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS übernimmt das Görlitzer Werk des Schienenfahrzeugherstellers Alstom in Görlitz. Im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterzeichneten beide Unternehmen in Görlitz eine entsprechende Vereinbarung. Insgesamt sollen etwa 580 der rund 700 Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung bei KNDS oder Alstom finden. Für den Rest soll es eine faire und sozialverträglich Lösung geben, teilte Alstom mit.
KNDS will in Görlitz Teile für Panzer bauen
Die KDNS Deutschland GmbH & Co. KG plant in Görlitz unter anderem die Produktion verschiedener Baugruppen für den Kampfpanzer Leopard 2 und den Schützenpanzer Puma. Außerdem sollen Module für verschiedene Varianten des Radpanzers Boxer gefertigt werden. Der Übergang des Standortes erfolge schrittweise und werde voraussichtlich 2027 abgeschlossen sein, erste Personalübernahmen und der Produktionsstart in Görlitz seien noch in diesem Jahr geplant, hieß es.
Scholz: Produktion in Görlitz bringt mehr Sicherheit für Deutschland
Nach den Worten von Scholz gilt es die Bundeswehr mit allem auszurüsten, was sie zur Verteidigung braucht. „Viel zu lange wurde das vernachlässigt. Diesen Zustand haben wir beendet“, sagte er mit Blick auf das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen für die Bundeswehr. „Die Produktion in Görlitz bedeutet mehr Sicherheit für Deutschland.“ Zugleich sprach er sich für eine noch engere Abstimmung in Europa aus. „Europa muss aus sich selbst heraus stark sein.“ Dafür brauche man eine eng verzahnte europäische Rüstungsindustrie.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ging auch auf Kritik an der Rüstungsindustrie ein. Er halte den eingeschlagenen Weg für richtig. Frieden und Sicherheit seien die Grundlage für Freiheit und Wohlstand. „Wir werden nur dann im Frieden leben können, wenn wir uns gut aufstellen“, sagte der Regierungschef. Kritik an der Rüstungsproduktion hatte es unter anderem von den Linken gegeben.
Für Tim Dawidowsky, Präsident für Zentral- und Nordeuropa bei Alstom, „kommt zusammen, was wirklich zusammen passt“. Die Übernahme sei eine Zäsur für den Standort. „Durch den neuen Standort Görlitz im KNDS Produktionsverbund erweitern wird unsere Fertigungskapazitäten, um die Verteidigungsfähigkeit von Deutschland zu stärken“, betonte KNDS-Manager Florian Hohenwarter. Sein Unternehmen werde einen zweistelligen Millionenbetrag investieren.
KNDS ging aus dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter hervor und versteht sich als ein führender europäischer Hersteller militärischer Landsysteme mit Sitz in Deutschland und Frankreich. Das Unternehmen hat rund 9.500 Beschäftigte und weist für 2023 einen Umsatz von 3,3 Milliarden Euro und einen Auftragsbestand von etwa 16 Milliarden Euro aus.
Görlitz hat lange Tradition im Schienenfahrzeugbau
In Görlitz werden seit 175 Jahren Schienenfahrzeuge gefertigt. Diese Ära endet nun. Bis Frühjahr 2026 läuft noch die Herstellung von Doppelstockwagen für Israel und Straßenbahnen Städte wie Göteborg und Magdeburg. Alstom stellte klar, dass die Einstellung der Produktion nicht das Ende der Fertigung von Schienenfahrzeugen in Ostdeutschland ist.
Aktuell ist Alstom in Deutschland an 14 Standorten mit insgesamt 9.600 Beschäftigten präsent. In Bautzen und Salzgitter soll sich fortan der Fahrzeugbau konzentrieren, Hennigsdorf für Service und Digitalisierung zuständig sein. Alstom ist in Frankreich börsennotiert und erzielte nach eigenen Angaben im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 17,6 Milliarden Euro.
Dirk Schulze, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, goss etwas Wasser in den Wein und pochte auf die Einhaltung von Verträgen mit Alstom. Es gebe auf beiden Seiten noch Hausaufgaben zu erledigen. Man sei noch dabei, „das eine oder andere Sträußchen“mit Alstom auszutragen. Dass sich das Unternehmen nicht an den mit der IG Metall geschlossenen Zukunftstarifvertrag halte, sei eine „Schande“. Auf Details ging er nicht ein. Insgesamt bewertet die IG Metall die Übernahme positiv.