Brauwesen Regen und Konsumflaute trüben Stimmung bei Brauereien
Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Nach einem Rückblick ins aktuelle Jahr dürften Brauereien aus dem Norden eher zu Letzterem tendieren. Zu viele Faktoren trüben das Bild.
Jever/Einbeck - Gestiegene Produktionskosten und eine Konsumflaute auf Verbraucherseite belasten Niedersachsens größere Brauereien. Mit dem Friesischen Brauhaus zu Jever und dem Einbecker ziehen zwei größere Brauereien aus dem Norden auf Anfrage eine Bilanz der zurückliegenden Monate. Auch ein in großen Teilen verregneter Sommer trübt demnach die Stimmung. „Der beste Bierverkäufer ist und bleibt gutes Wetter, und das ist in diesem Sommer sprichwörtlich ins Wasser gefallen“, sagte Michael Reitze, Sprecher der Geschäftsleitung des Friesischen Brauhauses zu Jever. Über weite Strecken war der Sommer dem Geschmack der Brauer nach zu kühl und zu regnerisch.
„Die Marktentwicklung geht an uns keinesfalls spurlos vorbei“, sagte Reitze, dessen Brauerei zur Radeberger Gruppe gehört. Dennoch habe man den Absatz „über Branchenniveau“ entwickelt und den Absatz von Fassbier nach dem Neustart der Gastronomie und Veranstaltungen stabilisieren können. Genaue Mengen oder Zahlen zu Absatz und Umsatz nennt die Brauerei aber nicht.
Ähnlich fällt die Bilanz beim Einbecker Brauhaus aus. „Wir bewegen uns derzeit auf Branchenniveau. Der Verlauf der Biergartensaison lag leicht unter Vorjahr“, sagte Brauhaus-Sprecher Ulrich Meiser. Dennoch sei das Unternehmen mit der Absatz- und noch mehr mit der Erlösentwicklung nicht unzufrieden. Echte Bilanzzahlen kann die konzernfreie Aktiengesellschaft aus Südniedersachsen aber noch nicht nennen.
Konsumenten sparen beim Getränkekauf
Die Brauer im Land blicken also mit gemischten Gefühlen auf die zurückliegenden Monate. Denn einerseits fielen Einschränkungen der Corona-Pandemie im Gastgewerbe weg und auch viele Feste, Freiluft-Veranstaltungen und Musikfestivals fanden wieder statt. Hinzu kam ein ausgiebiger Frühsommer, der über Wochen Biergarten-taugliches Wetter bescherte.
Andererseits setzte den Brauern die Konsumflaute und die Preissteigerungen zuletzt weiter zu. „Beim Lebensmittel- und Getränkeeinkauf sparen Verbraucher, indem sie beispielsweise verstärkt zu Discountern wechseln, Eigenmarken des Handels wählen oder schlichtweg ihre Ausgaben insgesamt reduzieren“, sagte Michael Reitze vom Friesischen Brauhaus. Auch das Ausgehverhalten sei längst noch nicht wieder auf dem Vor-Corona-Niveau angekommen.
„Der Mix aus Wetter und Konsumzurückhaltung aufgrund der Inflation zeigt Wirkung“, fasste Einbecker-Sprecher Meiser zusammen. Die Probleme der Gastronomie wie Personalmangel und drohender Mehrwertsteuererhöhung sind nach seinen Worten allgemein bekannt. „Der Fassbierabsatz ist deshalb von dem Vor-Corona-Niveau noch ein Stück entfernt“, sagte Meiser.
Betriebskosten belasten Brauereien
Daneben belasten die Brauereien im Land die Betriebsbedingungen. Zwar hätten Preisausschläge nach oben zuletzt nachgelassen, hieß es etwa beim Friesischen Brauhaus. Die Kosten für Produktion, Transport, Vertrieb und Vermarktung von Bier hätten sich unterm Strich aber massiv verteuert. Es sei sogar mit einer weiteren Verteuerung zu rechnen. Die Brauerei führt dafür etwa Tarifabschlüsse und eine absehbar höhere Lkw-Maut an.
Die hohen Kosten etwa für Rohstoffe sowie für Energie belasten die Brauereien über Gebühr, teilte auch Einbecker dazu mit. Und es gebe weiterhin unsichere Lieferketten, die aber nach und nach wieder besser funktionierten. Das Brauhaus senke durch eigene Anstrengungen die Energiekosten derzeit um etwa 20 Prozent.
Trend zum rückläufigen Bierabsatz
Deutschlandweit hatten die Brauereien in der ersten Jahreshälfte wieder weniger Bier abgesetzt als zuvor. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 4,2 Milliarden Liter abgesetzt - das waren 2,9 Prozent oder 128 Millionen Liter weniger als im Vorjahreszeitraum. Damit setzte sich ein Abwärtstrend fort.
Das Friesische Brauhaus zu Jever geht davon aus, dass sich der rückläufige Bierabsatz in Deutschland mittel- und langfristig fortsetzen wird. Und auch beim Einbecker Brauhaus geht man davon aus, dass sich dieses Jahr nicht erholen, sondern im rückläufigen Trend bleiben wird. „Für das nächste Jahr sind wir verhalten optimistisch“, sagte Meiser.