Reaktor-Katastrophe in Japan Reaktor-Katastrophe in Japan: Ex-Manager von Fukushima stirbt an Krebs

Tokio/MZ - Ohne ihn wäre alles vielleicht noch schlimmer gekommen. Masao Yoshida war erst neun Monate Leiter des Atomkraftwerks in Fukushima als im März 2011 ein Tsunami die Kühlsysteme der Anlage außer Gefecht setzte. Vom erdbebensicheren Bunker auf dem Kraftwerksgelände aus dirigierte er die Rettungsarbeiten.
Mitten in dem anfänglichen Chaos erteilte die Tepco-Konzernzentrale in Tokio auf Weisung der Regierung die Order, die Einleitung von Meerwasser in einen der völlig überhitzten Reaktorblöcke zu stoppen - aus Angst, das Wasser könne eine nukleare Kettenreaktion auslösen. Doch Yoshida widersetzte sich und setzte die verzweifelten Kühlversuche fort. Im Nachhinein meinen Experten, er habe damit wohl eine noch schlimmere Katastrophe verhindert. „Ich verbeuge mich mit tiefem Respekt vor seiner Führungs- und Entscheidungskraft“, schrieb der damalige Premierminister Naoto Kan kurz nach Bekanntwerden von Yoshidas Tod. Yoshida hinterlässt seine Ehefrau und drei Kinder.
Dennoch ist der „Held von Fukushima“ auch mitverantwortlich für die Katastrophe. Er hatte es versäumt, als Manager für die Tsunami-Schutzmaßnahmen bei Tepco höhere Schutzwälle bauen zu lassen. Gutachten, die vor höheren Tsunamis als in der Tepco-Modellrechnung warnten, hatte er ignoriert. Nach dem Unfall entschuldigte sich Yoshida dafür.
Kurz nach den ersten Wasserstoff-Explosionen, als die dreifache Kernschmelze in vollem Gange war, ließ Yoshida einen Großteil seiner Mitarbeiter in Sicherheit bringen, blieb aber selbst auf dem Kraftwerksgelände. Per Videokonferenz bot er an, mit einem „Selbstmordkommando“ aus älteren Mitarbeitern einen letzten Versuch zu unternehmen, einen kurz vor der Explosion stehenden Reaktor zu kühlen. Tepco lehnte ab.
„In der ersten Woche nach dem Unfall dachte ich mehrfach, ich müsste sterben“, sagte Yoshida später. „Als die Blöcke eins und drei explodiert sind und wir es nicht geschafft haben, Wasser in Block zwei zu pumpen, da dachte ich, jetzt sei alles aus“, erinnerte er sich. Ein Video, das im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde, zeigt, wie Yoshida sich bei den Mitarbeitern entschuldigt, die er zu lebensgefährlichen Missionen in die Reaktorgebäude geschickt hatte.
Noch im Jahr 2011 diagnostizierten Ärzte seinen Speiseröhrenkrebs. Im November 2011 ließ er sich operieren, im Dezember gab er den Posten als AKW-Leiter auf. Arbeitgeber Tepco schloss aus, dass der Atomunfall für die Krankheit verantwortlich sein könnte. Es dauere Jahre, bis sich Speiseröhrenkrebs nach einer Strahlenkontaminierung bilde.