Filmfestspiele Prunk und Protest bei Eröffnung der Berlinale
Will „Oppenheimer“-Star Cillian Murphy lieber bei der Berlinale oder den Oscars gewinnen? Bei der Eröffnungsgala der Filmfestspiele gibt er eine Antwort. Ansonsten wird es politisch.
Berlin - Begleitet von politischen Protesten ist die Berlinale eröffnet worden. Bei einer vom Filmfestival organisierten Aktion riefen Schauspielerinnen wie Jella Haase und Katja Riemann am Donnerstagabend auf dem roten Teppich „Defend Democracy“ („Verteidigt die Demokratie“). Der Star des Eröffnungsfilms, „Oppenheimer“-Darsteller Cillian Murphy, geriet daneben fast in den Hintergrund. Am Teppich gab es weitere politische Aktionen und Statements. Die Festivalleitung nutzte die Eröffnungsgala für ein Plädoyer gegen Rechtsextremismus.
„Kein Platz für Hass“: Festivalleitung positioniert sich
„Die Berlinale hat viel: viel Platz für den Dialog der Menschen und der Kunst. Aber sie hat keinen Platz für Hass. Hass steht nicht auf unserer Gästeliste“, sagte die Co-Chefin der Berlinale, Mariette Rissenbeek, während der Gala. „Viele Menschen im Team der Berlinale, aber auch im Freundeskreis, im Bekanntenkreis sind betroffen von den Absichten der AfD, Menschen mit Migrationshintergrund des Landes zu verweisen, sie zu deportieren. Das können und das wollen wir als Festival nicht tolerieren.“
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) betonte: „Die Berlinale, sie steht für Weltoffenheit, für Freiheit, für Demokratie, Vielfalt, Diversität, Solidarität und Zusammenhalt. Für all das steht die AfD nicht.“ Hintergrund war eine Debatte um die Ein- und Ausladung mehrerer AfD-Politiker zur Eröffnungsgala. Nach internationaler Kritik hatte die Berlinale die Parteivertreter ausgeschlossen.
Die Berliner AfD-Landes- und -Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker hatte die Ausladung als „kulturpolitisches Fanal“ kritisiert. Sie wies vor einigen Tagen darauf hin, dass sie in den beiden vergangenen Jahren eingeladen gewesen sei und das Angebot auch wahrgenommen habe.
Roth: Unsere Demokratie wird von Feinden bedroht
Den Blick auf Auseinandersetzungen und Kriege etwa in der Ukraine und im Nahen Osten richtete Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei der Eröffnungsgala. „Auch unsere Demokratie ist nicht immun“, sagte sie. „Sie wird bedroht von ihren Feinden.“ Mit Verweis auf Rechtspopulisten und Rechtsextreme sprach Roth von Feinden der offenen Gesellschaft. „Sie wollen diese Republik, unsere freiheitliche Demokratie zersetzen und zerstören.“ Sie ergänzte: „Gegen ihren Rassismus und ihren Hass setzen wir die Schönheit der Verschiedenheit, setzen wir Respekt und Mut, setzen wir Freude und Verständigung, setzen wir Empathie und Humanität.“
Politische Statements machten auch einige Schauspielerinnen und Schauspieler auf dem roten Teppich. Mehrere Menschen trugen Buttons mit der Aufschrift „Berlinale gegen Rechtsextremismus“. Auf die Frage, wieso es ihr so wichtig sei, ein Zeichen für Demokratie zu setzen, sagte Jella Haase: „Weil es mich erschreckt, mit welcher Gleichgültigkeit, mit welcher Normalität fast der Gang zur Urne gemacht wird und sein Kreuzchen bei Parteien gesetzt wird, die einfach ganz klar und offensichtlich mit rechtsradikalem Gedankengut sich profilieren.“
Mehrere Menschen hatten auch Schilder zur Erinnerung an die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau 2020 dabei, der sich am 19. Februar jährt.
Vor ihrer Rede hatte Festivalleiterin Rissenbeek auf der Bühne aber auch die glamourösen Seiten der Berlinale betont - und erwähnt, dass sie sich besonders auf Cillian Murphy freue.
„Oppenheimer“-Star im Eröffnungsfilm
Murphy ist Protagonist des Eröffnungsfilms „Small Things Like These“. In dem Drama geht es um einen historischen Skandal um kirchliche Einrichtungen in Irland. Regisseur Tim Mielants erzählt in eine Geschichte vor dem Hintergrund der sogenannten Magdalenen-„Wäschereien“ in Irland. In diesen kirchlichen Einrichtungen wurden zwischen den 1820er-Jahren bis 1996 Tausende schwangere junge Frauen ausgebeutet. In der Regel wurden sie auch gezwungen, den Heimen und Klöstern ihre neu geborenen Kinder zur Adoption abzugeben.
Die Romanverfilmung folgt dem inneren Kampf eines von Murphy dargestellten Kohlenhändlers in einer irischen Kleinstadt der 1980er: Soll er sich anpassen und schweigen - oder sich gegen das Unrecht auflehnen? Neben dem irischen Schauspieler sind Eileen Walsh, Michelle Fairley und Emily Watson zu sehen.
Mielants, bekannt durch die Regie von mehreren Folgen der ebenfalls mit Murphy in der Hauptrolle besetzten Serie „Peaky Blinders“, verlässt sich ganz auf das Charisma seines Stars. Die politische Dimension gerät dabei fast in den Hintergrund. Der Eröffnungsfilm verrät schon einiges über einen der Schwerpunkte im diesjährigen Wettbewerb: Psychogramme gebrochener Charaktere.
Der Auftritt von Murphy, der unter anderem mit Produzent und „Oppenheimer“-Kollege Matt Damon den Film vorstellte, wurde in der Hauptstadt heiß ersehnt. Viele Fans standen an Absperrgittern, um sich ein Autogramm zu sichern. Er finde seinen Auftritt in „Small Things Like These“ besser als in „Oppenheimer“, lobte ein Journalist den Oscar-nominierten Murphy. Auf die Frage, ob er lieber den Berlinale-Hauptpreis Goldener Bär oder den Oscar gewinnen würde, entgegnete Murphy bei der Abendgala später: „Kann ich beide haben?“